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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auma Obama
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Landsleute. Wir sind wie blockiert. Viele von uns entfliehen dem ländlichen Leben, um dann in der Stadt in Slums zu landen. Wir selbst fördern noch die stereotypen Bilder von den armen, verhungernden Afrikanern. Das erinnert mich an meine Erfahrungen in Deutschland. Die Leute haben mich dort oft nicht so wahrgenommen, wie ich wirklich war, sondern gemäß den eigenen Vorstellungen. Selbst wenn ich stundenlang mit ihnen diskutierte und ihnen erklärte, ich sei anders als ihr im Kopf vorgeformtes Bild, wollten sie das meistens nicht wahrhaben. Auch dass ich fast fließend Deutsch sprach, änderte in der Regel nichts. Manche redeten weiterhin in diesem sonderbaren Tarzan-Deutsch mit mir. Und wenn ich traditionelle westafrikanische Kleidung trug – in Ostafrika, in Kenia, gibt es ja nur zum Teil eine einheitliche traditionelle Kleidung – sagten sie, jetzt sähe ich aus wie eine ›richtige Afrikanerin‹.«
    Als wir den Bahnhof von Kisumu verließen, suchten wir uns ein Taxi, das uns zur zentralen Busstation brachte. Dort stiegen wir in einen Sammelbus, der in Alego Nyangoma Halt machen würde. Endlich, um die Mittagszeit, verließen wir den Bus und standen, erschöpft von der holprigen Fahrt über schlechte Straßen, vor dem »Einkaufszentrum« von Nyangoma, das eigentlich gar keines war. Es bestand einzig aus ein paar winzigen Läden, einem kleinen Marktplatz und einer Freiluft-Fahrradwerkstatt, in der ein Mann unter einem gewaltigen Baum Räder reparierte.
    Meine Großmutter kam uns schon von Weitem entgegengelaufen, als wir den Hügel erreichten, der den Anfang des oberen Teils unseres Grundstücks bildet. Auch ich rannte ihr entgegen. Barack folgte etwas langsamer.
    »Nyar Baba!« , sagte Großmutter Sarah, wobei sie laut lachte. Diese Worte bedeuten auf Luo »Daddys Mädchen«. Nyar Baba hatte mich meine Großmutter schon immer genannt, wenn sie sich besonders über mein Kommen freute. Sie bedachte mich noch mit anderen Kosenamen, aber mit »Daddys Mädchen« brachte sie ihre ganze Liebe zum Ausdruck.
    Ich umarmte sie und begrüßte sie herzlich. »Nadi, Mama?« , fragte ich. »Wie geht es dir, Mama?« Schon von klein auf hatte ich sie nicht »Oma«, sondern »Mama« genannt.
    »Sehr gut. Und wen hast du da mitgebracht?«
    Absichtlich hatte ich sie nicht »vorgewarnt«. Der Besuch sollte eine Überraschung sein.
    Barack, der geduldig hinter mir gestanden hatte, streckte nun unserer Großmutter die Hand entgegen.
    »Nadi, wie gehts? « , sagte er mit amerikanischem Akzent.
    Unsere Oma lachte laut auf.
    »Und er spricht sogar Luo!«
    Mittlerweile waren, von unseren Stimmen angelockt, auch andere Familienmitglieder vom Hof dazugekommen.
    »Ich bin Barack«, stellte sich mein Bruder vor. »Barack Obama.«
    Meine Großmutter warf die Hände in die Luft und stieß einen Schrei aus, der mir durch Mark und Bein ging. Es klang, als hätte sie sich furchtbar wehgetan. Ich schaute sie besorgt an, und ihrem Gesichtsausdruck entnahm ich, dass sie nicht wusste, ob sie weinen oder lachen sollte. Die Überraschung war gelungen.
    »Barry? Bist du es wirklich? Dass ich so lange leben durfte, um dich noch kennenzulernen! Auma, hast du wirklich Barry heimgebracht?« Sie war außer sich vor Freude. »Wenn dein Vater nur noch am Leben wäre!« Mit dem Rand ihres Lesos, eines Wickeltuchs, das kenianische Frauen um die Hüfte tragen, wischte sie sich die Tränen aus den Augen. Danach drückte sie Barack fest an ihren üppigen Busen und zog ihn am Arm zum Hauptgebäude des Hofs, dem Haus meines Großvaters. Die herbeigelaufenen Verwandten hatten uns in der Zwischenzeit das Gepäck abgenommen und gingen voraus in Richtung Haus.
    »Wir müssen sofort einen Hahn schlachten«, rief meine Großmutter im Gehen aufgeregt. »Der Anlass muss gefeiert werden. Mein Enkel ist aus Amerika gekommen. Osumba, Guala! Bi uru , kommt her!« Osumba und Guala waren die jüngeren Kinder meiner Großmutter, die noch bei ihr wohnten.
    Sie sprach schnell und laut, ihre Worte überschlugen sich förmlich, so glücklich war sie über Baracks Erscheinen. Ich folgte den beiden, dabei lächelte ich, denn diese Reaktion hatte ich angesichts des »Heimgekehrten« erwartet.
    Die meiste Zeit verbrachten wir mit Erzählen. Dabei erfuhr Barack noch einiges mehr über unseren Vater. Zum Beispiel, wie dieser sich als kleiner Junger geweigert hatte, zur örtlichen Grundschule zu gehen, weil dort eine Frau und kein Mann unterrichtete. Damals durften die Lehrer die Kinder

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