Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
auszuführen: so wäre er einer der ersten militärischen Planmacher gewesen; die Idee von einer ausgedehnten Eroberung scheint ein späterer, durch den Erfolg erzeugter Gedanke gewesen zu sein. In dem Augenblicke, in welchem er die Religion des Schwertes verkündigte und den räuberischen Arabern Geschmack an auswärtiger Plünderung beibrachte, in diesem Augenblicke wurde er auf die Eroberungsbahn geschleudert, auf welcher er mit unwiderstehlicher Gewalt vorwärts gedrängt wurde. Der fanatische Eifer, welchen er seinen Anhängern eingeflößt hatte, that für den Erfolg mehr als seine militärische Wissenschaft; ihr Glaube an seine Lehre von der Vorherbestimmung errang Siege, welche keine militärische Berechnung hätte ahnen können. Bei dem Auftreten als Prophet wurde er von den gewandten Rathschlägen des bibelkundigen Waraka ermuthigt; auf der Eroberungsbahn hatte er Omar, Khaled und andere feurige Geister zur Seite, welche ihn vorwärts drängten und ihn bei Verwendung der fürchterlichen Macht unterstützten, welche er zur Thätigkeit aufgerufen hatte. Sogar bei aller ihrer Unterstützung mußte er gelegentlich seine übernatürliche Maschinerie als Prophet benutzen, und indem er dies that, mag er sich in Erwägung des zu erreichenden frommen Zweckes mit dem Betruge befreundet haben.
Die militärischen Triumphe erweckten in ihm weder Uebermuth noch Ruhmredigkeit, was doch der Fall gewesen sein würde, wären sie zu selbstischen Zwecken erkämpft worden. Zur Zeit seiner höchsten Macht bewahrte er dieselbe Einfachheit in Lebensweise und äußerlicher Erscheinung, wie in den Tagen des Unglücks. So weit war er vom Streben nach königlichem Gepränge entfernt, daß es ihm mißfiel, wenn ihm beim Eintreten in eine Stube etwa ungewöhnliche Beweise der Hochachtung erwiesen wurden. Wenn er seine Absicht auf allgemeine Herrschaft richtete, so war es auf die Herrschaft des Glaubens. Was die zeitliche Gewalt, die in seinen Händen emporwuchs, anbetrifft, so gebrauchte er dieselbe ohne Prahlerei und that keine Schritte, um sie bei seiner Familie zu erhalten.
Der Reichthum, welcher ihm von dem Tribute und der Kriegsbeute zufloß, wurde zur Beförderung der Glaubenssiege und zur Unterstützung der Armen unter den Gläubigen verausgabt, so daß sein Schatz oft bis auf den letzten Heller erschöpft wurde. Omar Ibn Al Hareth erklärt, daß Mohammed bei seinem Tode weder ein Goldstück noch eine Silbermünze, weder einen Sclaven noch eine Sclavin, noch sonst Etwas zurückließ außer seinem grauen Maulthiere Daldal, seinen Waffen und dem Grundstücke, welches er seinen Frauen, seinen Kindern und den Armen vermachte. »Allah«, sagt ein arabischer Schriftsteller, »bot ihm die Schlüssel zu allen Schätzen der Erde an, aber er weigerte sich, dieselben anzunehmen.«
Diese vollkommene Selbstverleugnung nebst dieser offenbar innigen Frömmigkeit, welche die mannichfaltigen Wechsel seines Geschickes durchströmt, ist es, was einen verwirrt, wenn man sich ein gerechtes Urtheil über Mohammeds Charakter bilden will. Doch wiewohl er den Erdenzusatz verrieth, nachdem ihm weltliche Macht zur Verfügung stand, so lehrten die früheren Bestrebungen seines Geistes beständig wieder und erhoben ihn über alle irdischen Dinge. Das Gebet, diese Lebenspflicht des Islams und dieses untrügliche Läuterungsmittel der Seele, war sein beständiges Geschäft. Vertrauen auf Gott war in den Zeiten der Prüfung und der Verzagtheit sein Trost und seine Stütze. Auf die Gnade Gottes setzte er alle seine Hoffnungen überirdischer Glückseligkeit. Ayescha erzählt, daß sie ihn bei einer Gelegenheit fragte: »O Prophet, geht Niemand anders in das Paradies ein als durch Gottes Barmherzigkeit?« »Niemand – Niemand – Niemand!« erwiderte er ernst und mit Nachdruck. »Aber du, o Prophet, wirst auch du nur durch seine Erbarmung eingehen?« Hierauf legte der Prophet die Hand auf den Kopf und antwortete drei Mal mit großer Feierlichkeit: »Auch ich werde nicht eingehen, wenn mich Gott nicht mit seiner Gnade bedeckt!«
Als er sich über das Todtenbett seines unmündigen Sohnes Ibrahim beugte, bewies er durch sein Benehmen bei der heftigsten Betrübniß Unterwerfung unter Gottes Willen, und die baldige Wiedervereinigung mit seinem Kinde im Paradiese war sein Trost. Als er ihm zum Grabe folgte, beschwor er den Geist desselben, an den Grundlagen des Glaubens, nämlich an der Einheit Gottes und an seiner eigenen Sendung als Propheten, unerschütterlich
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