Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
festzuhalten. Sogar in der eigenen Sterbestunde, wo es keinen irdischen Beweggrund zum Betruge mehr geben konnte, zeigte er noch dieselbe religiöse Ergebung und den Glauben an seinen apostolischen Beruf. Die letzten Worte, welche auf seinen Lippen zitterten, sprachen das Vertrauen aus, daß er mit den Propheten, welche vor ihm hingegangen waren, bald in selige Gemeinschaft treten werde.
Es ist schwierig, solch inbrünstige, ausdauernde Frömmigkeit mit einem undurchbrochenen Gewebe gotteslästerlichen Betruges, solche lautere, erhabene und menschenfreundliche Lehren, wie sie theilweise im Koran enthalten sind, mit einem Gemüthe in Einklang zu bringen, welches von unedlen Leidenschaften beherrscht und den niedrigen Interessen der Erde ergeben ist. Wir finden keinen andern befriedigenden Weg, das Räthsel seines Charakters und Lebens zu lösen, als in der Annahme, daß die geistige Täuschung, welche während seiner religiösen Entzückungen zur Mitternacht in der Höhle des Berges Harat in sein aufgeregtes Gemüth sich senkte, ihn bis an sein Lebensende beherrschte, und daß er in dem Wahne starb, er wäre zum Propheten berufen worden.
Anhang.
Von dem mohammedanischen Glauben.
In einem früheren Capitel dieses Buches haben wir über den von Mohammed verkündigten Glauben solche Einzelheiten mitgetheilt, welche wir zum Verständnisse der nachfolgenden Erzählung für wichtig hielten; jetzt fügen wir, wenn auch auf Unkosten einiger Wiederholungen, eine vollständigere Uebersicht desselben nebst einigen Bemerkungen hinzu.
Die mohammedanische Religion, wie wir bei der eben erwähnten Gelegenheit bemerkten, zerfällt in zwei Theile, nämlich in die Glaubenslehre und in die religiösen Handlungen . Erstere umfaßt sechs verschiedene Capitel oder Artikel, und zwar den Glauben 1) an Gott, 2) an die Engel, 3) an die Schriften oder den Koran, 4) an die Propheten, 5) an die Auferstehung und das letzte Gericht; 6) an die Vorherbestimmung. Von diesen wollen wir in der aufgestellten Ordnung kürzlich handeln.
A. Die Glaubenslehre.
Der Glaube an Gott.
Mohammed schärfte den Glauben ein, daß Ein einziger Gott, der Schöpfer aller Dinge, ist, war und immer sein wird. Derselbe ist einfach, unveränderlich, allwissend, allmächtig, allbarmherzig und ewig. Die Einheit Gottes wurde im Widerspruche gegen die Dreieinigkeit der Christen besonders und stark hervorgehoben. Beim Bekenntnisse des Glaubens wurde sie durch Aufhebung eines Fingers und durch den Ausruf bezeichnet: »La illaha il Allah« d. h. es ist kein Gott außer Gott; es wurde noch hinzugefügt: »Mohammed Resoul Allah!« d. h. Mohammed ist der Prophet Gottes.
Der Glaube an die Engel.
Die schöne Lehre von Engeln oder dienenden Geistern, welche eine der ältesten und allgemeinsten aller morgenländischen Religionen ist, ist mit dem moslemischen Glauben eng verwebt. Nach demselben sind sie ätherische, aus Feuer, dem reinsten Elemente, geschaffene Wesen, vollkommen an Gestalt, strahlend von Schönheit, aber ohne Geschlechtsunterschied; sie sind von allen groben und sinnlichen Leidenschaften wie von allen Begierden und Schwachheiten der gebrechlichen Menschen frei und erfreuen sich einer fortdauernden, unverwelklichen Jugend. Sie sind nach ihrem Range und ihren Dienstleistungen wie nach ihrem Ansehen bei der Gottheit verschieden. Einige beten rings um den himmlischen Thron an, andere singen den Preis Allahs; einige sind beflügelte Boten, um die Befehle desselben auszurichten, andere sind Schutzgeister der Menschenkinder.
Am ausgezeichnetsten sind in diesem himmlischen Heere vier Erzengel. Diese sind: Gabriel, der Engel der Offenbarungen, welcher die göttlichen Beschlüsse niederschreibt; Michael, der Kämpe, der die Schlachten des Glaubens ficht; Azrail, der Engel des Todes, und Israfil, welcher die Schrecken erweckende Aufgabe hat, die Trompete am Tage der Auferstehung erschallen zu lassen. Es gab noch einen andern Engel, Namens Azazil, derselbe wie Lucifer; er war einst der herrlichste in der himmlischen Schaar, aber er wurde hochmüthig und empörte sich. Als Gott nämlich den Engeln gebot, Adam anzubeten, so verweigerte es Azazil mit den Worten: »Warum soll ich mich, den du aus Feuer schufst, vor dem beugen, welchen du aus Thon bildetest?« Wegen dieses Verbrechens wurde er verflucht und aus dem Paradiese geworfen und sein Name in Eblis, d. i. Verzweiflung, abgeändert. Aus Rache wegen seiner Erniedrigung bereitet er den Menschenkindern alle Arten von Unheil und
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