Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
heilige Gebäude, was ein Gebrauch der Ehrerbietung ist aus den Tagen der religiösen Reinheit, mit derselben Inbrunst berührte er jedes Mal; mit dem Stabe den schwarzen Stein, ihn als eine heilige Reliquie betrachtend. Er würde in die Kaaba hineingegangen sein, wenn nicht Othman Ibn Talha, der alte Aufseher, das Thor geschlossen hätte. Ali entriß ihm die Schlüssel, aber Mohammed ließ sie dem ehrwürdigen Beamten zurückgeben und nahm ihn durch seine Freundlichkeit dergestalt für sich ein, daß er nicht blos die Thore öffnete, sondern auch nachher den Islam annahm, worauf er fortdauernd in dem Amte verblieb.
Mohammed verschritt nun zur Erreichung des höchsten Gegenstandes seiner religiösen Bestrebungen, zur Reinigung des heiligen Gebäudes von den Symbolen der Abgötterei, mit welchen es angefüllt war. Alle Götzenbilder in und um dasselbe, an Zahl drei hundert und sechzig, wurden niedergeworfen und zerstört. Unter diesen war das berühmteste Hobal, ein aus Balka in Syrien herübergebrachter Abgott, welcher die Kraft besitzen sollte, Regen zu verleihen. Er war, wie sich von selbst versteht, ein wichtiger Gegenstand der Verehrung unter den Bewohnern der versengten Wüste. Es waren auch Standbilder von Abraham und Ismael da, welche sie mit den weissagenden Pfeilen in den Händen darstellten; »eine Beschimpfung ihres Andenkens«, sagte Mohammed, »da sie Symbole einer teuflischen Kunst sind, welche sie nie geübt haben«. Aus Ehrerbietung vor dem Andenken an dieselben wurden daher diese Standbilder zerschlagen. Es waren auch Gemälde da, welche Engel in der Gestalt schöner Frauen zeigten. »Die Engel«, sagte Mohammed mit Unwillen, »sind keine solchen Wesen. Das sind himmlische Houris, welche im Paradiese zur Erquickung für alle wahren Gläubigen bereit gehalten werden; aber die Engel sind dienstbare Geister des Allerhöchsten und von einer zu reinen Beschaffenheit, als daß sie etwas Geschlechtliches annehmen sollten.« Die Gemälde wurden demgemäß vertilgt. Sogar eine aus Holz zierlich geschnitzte Taube zerbrach er mit seinen eigenen Händen und warf sie auf den Boden, weil sie nach Abgötterei schmecke.
Aus der Kaaba ging er an den Brunnen Zem Zem. Er war in seinen Augen heilig wegen des Glaubens, daß er ganz derselbe wäre, welcher Hagar und Ismael in ihrer äußersten Bedrängniß von dem Engel gezeigt wurde; er betrachtete den an dieselbe geknüpften Gebrauch als unverfälscht und heilig und behielt ihn in seiner Religion bei. Als er sich dem Brunnen näherte, so reichte ihm sein Oheim Al Abbas einen Krug Wasser, damit er trinken und die Waschung vollziehen möchte. Zum Andenken an diese fromme Handlung bestimmte er seinen Oheim zum Hüter des Brunnenbechers; ein Amt von heiliger Würde, welches seine Nachkommen bis auf diesen Tag verwalten.
Auf seinen Befehl berief zu Mittage von der Zinne der Kaaba einer der Gläubigen die Leute zum Gebete, – ein Gebrauch, welcher seitdem stets in mohammedanischen Ländern von den auf jeder Moschee angebrachten Minarets oder Thürmen fortgesetzt wird. Auch bestimmte er das Kebla, nach welchem der Gläubige in jedem Welttheile das Gesicht beim Gebete richten sollte.
Hierauf wendete er sich in einer Art Predigt an das Volk, in welcher er seine Hauptlehren darlegte und den Sieg des Glaubens als eine Erfüllung der prophetischen Verheißung verkündigte. Freudengeschrei brach zur Entgegnung aus der Menge hervor: »Allah Achbar! Gott ist groß!« riefen sie. »Es ist kein Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet.«
Nach Beendigung der religiösen Feierlichkeiten nahm Mohammed seinen Standort auf dem Hügel Al Safa, und die Bevölkerung Mekkas, männliche und weibliche, ging bei ihm vorüber, indem sie ihm als dem Apostel Gottes den Eid der Treue leistete und dem Götzendienste entsagte. Dies geschah in Folge einer Offenbarung in dem Koran: »Gott hat seinen Apostel mit der Religion der Wahrheit und mit der Vorschrift gesendet, daß er dieselbe über jede Religion erhebe. Wahrlich, diejenigen, welche ihm Treue schwören, schwören Gott Treue; die Hand Gottes ist über ihren Händen.« Mitten in seinem Triumphe wies er jedoch alle Huldigungen, welche ihm ausschließlich gezollt wurden, und alle königliche Machtvollkommenheit zurück. »Warum zitterst Du?« sagte er zu einem Manne, welcher sich mit schüchternen und schwankenden Schritten näherte. »Weshalb stehest du in Furcht? Ich bin kein König, sondern der Sohn eines koreischitischen Weibes,
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