Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
welche in der Sonne getrocknetes Fleisch aß.«
Seine Lindigkeit war gleichmäßig sichtbar. Die ehemals so hochmüthigen Häuptlinge der Koreischiten erschienen vor dem Manne, welchen sie verfolgt hatten, mit niedergeschlagenem Gesichte, denn ihr Leben stand in seiner Hand. »Was könnt ihr von mir erwarten?« fragte er finster. »Barmherzigkeit, o edler Bruder! Barmherzigkeit, Sohn einer edeln Familie!« »Es sei so!« rief er mit einer Mischung von Verachtung und Mitleid. »Hinweg! Fort! Ihr seid frei!«
Einige der Gläubigen, welche die Verfolgungen mit ihm getheilt hatten, wurden in ihrer Erwartung blutiger Rache getäuscht und murrten über seine Milde; aber er beharrte bei derselben und bestimmte Mekka zum unverletzlichen Heiligthume oder zur Zufluchtsstätte, als welche es bis zur endlichen Auferstehung fortbestehen sollte. Er behielt sich jedoch das Recht vor, in dem gegenwärtigen Falle und während dieses besonderen Tages Einige von der Bevölkerung Mekkas zu bestrafen, welche arg gesündigt hatten und ausdrücklich geächtet worden waren; jedoch selbst diese erhielten größtentheils zuletzt Verzeihung.
Unter den koreischitischen Frauen, welche zur Ablegung des Eides herbeikamen, entdeckte er Henda, Abu Sofians Gattin, jenes grausame Weib, das die Ungläubigen in der Schlacht von Ohod entflammt und zur Rache für den Tod ihres Vaters das Herz Hamzas benagt hatte. In dem vorliegenden Falle hatte sie sich, um der Entdeckung zu entgehen, verkleidet; als sie aber die Augen des Propheten auf sich gerichtet sah, so warf sie sich ihm zu Füßen und rief aus: »Ich bin Henda! Verzeihung! Verzeihung!« Mohammed verzieh ihr und seine Menschlichkeit wurde dadurch vergolten, daß sie seine Lehren zum Gegenstande geringschätzender Stichelreden machte.
Unter den zur Bestrafung Bestimmten befand sich auch der Aethiopier Wacksa, welcher Hamza getödtet hatte; aber er war bei dem Einzuge der Armee aus Mekka entflohen. In der Folgezeit stellte er sich vor dem Propheten und legte das Glaubensbekenntniß ab, bevor er erkannt wurde. Er erhielt Vergebung und wurde veranlaßt, die Einzelheiten von Hamzas Tode zu erzählen, worauf ihn Mohammed mit dem ausdrücklichen Befehle entließ, ihm niemals wieder vors Gesicht zu kommen. Er lebte bis in die Zeit von Omars Kalifat, während dessen Regierung er wiederholt wegen Trunkenheit gepeitscht wurde.
Zu den Geächteten gehörte auch Abdallah Ibn Saad, ein junger Koreischite, der ebenso sehr durch Witz und Laune wie durch kriegerische Eigenschaften sich auszeichnete. Da er die Feder eines gewandten Schriftstellers führte, so verwendete ihn Mohammed zur Niederschreibung der Offenbarungen des Korans. Dabei hatte er oft den Text geändert und verbessert; ja es wurde ferner entdeckt, daß er ihn gelegentlich, aus Fahrlässigkeit oder mit Absicht, sogar verfälscht und widersinnig gemacht hatte. Er war noch weiter gegangen und hatte seine Veränderungen und Verbesserungen als Stoff zu Spott und Scherze unter seinen Genossen gebraucht, indem er bemerkte, daß wenn der Koran Mohammed als Propheten erwiese, so müßte er selbst ein halber Prophet sein. Als seine Einschiebsel entdeckt wurden, floh er vor dem Zorne Mohammeds, kehrte nach Mekka zurück und verfiel wieder in Abgötterei. Nach der Einnahme der Stadt hatte ihn sein Milchbruder in seinem Hause verborgen, bis sich der Tumult gelegt hatte, wo er ihn vor den Propheten führte und um seine Begnadigung bat. Das war die härteste Prüfung der Sanftmuth Mohammeds. Der Verbrecher hatte sein Vertrauen getäuscht, ihn ins Lächerliche gezogen, seine apostolische Sendung bezweifelt und selbst die Grundlage des Glaubens angegriffen. Einige Zeit beobachtete er ein düsteres Schweigen in der Hoffnung, daß, wie er später erklärte, irgend ein eifriger Jünger dem Missethäter den Kopf abschlagen möchte. Es rührte sich jedoch Niemand; daher gewährte er ihm, den Bitten Othmans nachgebend, Verzeihung. Abdallah erneuerte augenblicklich das Glaubensbekenntniß und blieb ein guter Muselman. Der Name desselben wird in den Kriegen der Kalifen vorkommen. Er war einer der gewandtesten Reiter seines Stammes und bewies seine herrschende Leidenschaft bis ans Ende, denn er verschied unter der Wiederholung der hundertsten Sure des Korans, welche »die Streitrosse« betitelt ist. Vielleicht war es diejenige, welche seine Verfälschung erfahren hatte.
Einer der Geächteten war auch Akrema Ibn Abu Zahl, welcher bei vielen Gelegenheiten eine tödtliche,
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