Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
er, »wie ich der letzte unter den Propheten bin.« Al Abbas schickte seine Familie weiter nach Medina, er selbst wendete um und begleitete den Zug. Ohne bemerkt zu werden, erreichte die Armee das Thal Azzahran, nahe bei der heiligen Stadt. Die Nacht brach an, als sie schweigend die Zelte aufrichteten, und jetzt erlaubte ihnen Omar zum ersten Male, die Wachtfeuer anzuzünden.
Indessen war Al Abbas, obschon er sich mit Aufrichtigkeit der Fahne des Glaubens zugesellt hatte, doch höchst beunruhigt, als er sah, daß sein Neffe mit einer so gewaltigen Heeresmacht und mit so feindlicher Absicht gegen Mekka vorrückte; er befürchtete die gänzliche Vernichtung der Koreischiten, wofern sie nicht zu rechtzeitiger Uebergabe beredet werden könnten. In der tiefen Stille der Nacht bestieg er Mohammeds weißes Maulthier Fadda und ritt hinaus, um zu recognosciren. Als er um das Lager ging, hörte er Tritte von Leuten und den Schall von Stimmen. Eine Patrouille brachte zwei Gefangene ein, welche bei der Stadt aufgegriffen worden waren. Al Abbas näherte sich und fand, daß die Gefangenen Abu Sofian und dessen Hauptmann waren. Man führte sie zu dem Wachtfeuer Omars, welcher Abu Sofian beim Lichte erkannte. »Gott sei gepriesen,« rief er, »daß ich einen solchen Feind und dazu ohne Bedingungen in meinen Händen habe.« Sein bereit liegender Säbel möchte diesen Worten eine verhängnißvolle Bedeutsamkeit gegeben haben, wäre Al Abbas nicht vorgetreten und hätte Abu Sofian nicht unter seinen Schutz genommen, bis der Wille des Propheten bekannt sein würde. Omar eilte hinweg, um über diesen Willen Gewißheit zu erhalten, oder vielmehr um das Leben des Gefangenen zu fordern; aber Al Abbas nahm den Letzteren hinter sich, gab dem Maulthiere die Sporen und erreichte zuerst das Zelt des Propheten; Omar folgte ihm auf der Ferse und verlangte schreiend den Kopf Abu Sofians.
Auf diese Weise sah Mohammed den hartnäckigsten Feind, welcher ihn aus Heimath und Vaterland vertrieben und seine Familie und Freunde verfolgt hatte, in seiner Gewalt; aber er sahe in ihm den Vater seiner Gattin Omm Habiba und fühlte sich zur Milde gestimmt. Jegliche Entscheidung in der Sache verschob er bis auf den Morgen, und übergab Abu Sofian der Aufsicht von Al Abbas.
Als der Häuptling am folgenden Morgen vor ihn gebracht wurde, rief er: »Wohl, Abu Sofian, ist es nicht die höchste Zeit zu bekennen, daß es keinen andern Gott giebt außer Gott?« »Dies wußte ich bereits«, entgegnete Abu Sofian. »Gut! und ist es nicht Zeit für dich, mich als den Apostel Gottes anzuerkennen?« »Theurer bist du mir als mein Vater und meine Mutter«, erwiderte Abu Sofian, eine orientalische Höflichkeitsphrase gebrauchend, »aber ich bin noch nicht vorbereitet, dich als einen Propheten anzuerkennen.« »Hole dich der Henker!« schrie Omar; »gieb sogleich der Wahrheit die Ehre, oder dein Kopf soll dir vom Rumpfe getrennt werden.« Zu diesen Drohungen fügte Al Abbas, welcher sich als wirklicher Freund in der Noth bewies, Rathschläge und Bitten. Schon durch die unerwartete Milde Mohammeds war Abu Sofians Groll theilweise gedämpft worden; so erkannte er, aus der Noth eine Tugend machend, die Göttlichkeit seiner Sendung an, und lieferte damit eine Erläuterung der moslemischen Regel: »Um hartnäckige Ungläubige zu überzeugen, giebt es keinen Beweisgrund als das Schwert.«
Nachdem Abu Sofian den Glauben angenommen hatte, erhielt er auch für die Bevölkerung Mekkas, im Falle ihrer Unterwerfung, günstige Bedingungen. Keinem sollte ein Leid zugefügt werden, welcher ruhig in seinem Hause bleiben, oder in den Häusern Abu Sofians und Hakims, oder unter der Fahne Abu Rawaihas seine Zuflucht suchen würde.
Damit Abu Sofian eine richtige Vorstellung von der Armee, welche wider die Stadt aufgestellt war, in sie zurückbringen möchte: so stellte man ihn mit Al Abbas an einen schmalen Engpaß, wo das ganze Heer die Musterung passirte. Als die mannichfaltigen arabischen Stämme mit ihren verschiedenen Waffen und Feldzeichen vorbei zogen, gab Al Abbas den Namen und das Land eines jeden an. Abu Sofian war über die Zahl, Zucht und Ausstattung der Truppen erstaunt; denn die Moslemen hatten sich in den Geräthen und in der Kunst des Krieges schnell vervollkommnet; aber da Mohammed in der Mitte einer auserlesenen Leibwache, welche über und über gerüstet war und von Stahl glänzte, sich näherte: so überstieg sein Erstaunen alle Gränzen. »Hier gilt kein Widerstand!«
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