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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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zu haben, und dass wir in dieser Richtung weitermachen müssen.
    Tatsache ist doch, Bob, sie brauchen diese Immigranten. Maine hat seinen Nachwuchs verloren – du und ich, wir sind die besten Beispiele. Und Tatsache ist auch: Das ist traurig. Ich hab schon, bevor Zach sich in diesen Schlamassel reingeritten hat, jeden Tag online das Shirley Falls Journal gelesen, und Maine geht vor die Hunde. Es hängt am Tropf. Schrecklich ist das. Die Kids verlassen den Staat, um zu studieren, und kommen nicht zurück. Warum auch? Hier gibt es nichts für sie. So wenig wie für die, die bleiben. Und wer soll sich um all die alten weißen Menschen kümmern? Woher sollen neue Unternehmen kommen?«
    Bob lehnte sich auf der schmalen Couch zurück. Er hörte die Sirene eines Feuerwehrwagens und das leise Hupen der Autos tief unten auf der Straße. »Ich wusste nicht, dass du noch so an Maine hängst.«
    »Ich hasse Maine.«
    Die Sirene des Feuerwehrautos wurde lauter, dann langsam leiser. Bob sah sich in dem Büro um: eine Pflanze mit dürren Wedeln, die aufstrebten wie ein kleiner Springbrunnen, ein Ölgemälde, auf dem sich blaue und grüne Farbwürste ineinanderschlängelten. Er sah wieder Jim an. »Du liest täglich das Shirley Falls Journal ? Seit wann?«
    »Seit Ewigkeiten. Ich steh auf die Todesanzeigen.«
    »O Mann, das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch. Und um deine Frage zu beantworten, ich wohne in dem neuen Hotel am Fluss. Wenn du nicht bei Susan wohnst, nimm dir dein eigenes Zimmer. Ich teile mein Zimmer nicht mit jemandem, der nachts nicht schläft.«
    Bob schaute hinüber zur Terrasse eines Nachbargebäudes, auf der Bäume wuchsen, die Blätter noch golden, einige Äste schon kahl. »Wir sollten Zach mal hierherholen«, sagte Bob. »Ob er schon mal Bäume gesehen hat, die auf Hochhäusern wachsen?«
    »Mach mit dem Jungen, was du willst. Ich dachte, er redet nicht mal mit dir.«
    »Warte, bis du ihn siehst«, sagte Bob. »Er ist, ich weiß nicht – er ist gar nicht richtig da.«
    »Ich kann’s kaum erwarten«, sagte Jim. »Und das war jetzt Sarkasmus.«
    Bob nickte, verschränkte geduldig die Hände im Schoß.
    Jim lehnte sich zurück und sagte: »Die größte somalische Einwohnerschaft in diesem Land hat Minneapolis. Da sind in der Volkshochschule offenbar immer die Waschräume versaut, wenn sich die Muslime vor dem Gebet alle die Füße waschen. Also installieren sie jetzt Fußwaschbecken. Ein paar von den Weißen laufen natürlich Sturm dagegen, aber insgesamt machen die in Minnesota das hervorragend. Weshalb wahrscheinlich auch so viele Somali dorthin gehen. Ich finde das hochinteressant.«
    »Ist es, ja«, stimmte Bob ihm zu. »Ich habe ein paarmal mit Margaret Estaver telefoniert. Sie ist sehr engagiert.«
    »Du telefonierst mit ihr?« Jim schien sich zu wundern.
    »Ich mag sie. Sie hat irgendwie so was Tröstliches. Keine Ahnung. Wurscht, es hört sich … «
    »Kannst du bitte aufhören, ›wurscht‹ zu sagen? Es hat« – Jim beugte sich vor und wedelte mit der Hand – , »ja, es hat so was Ungebildetes. Da klingst du wie ein Dorftrottel.«
    Bob spürte, wie seine Backen warm wurden. Er ließ einige Zeit vergehen, ehe er weitersprach. »Jedenfalls«, sagte er leise und senkte den Blick auf seine Hände, »scheint das größte Problem da oben zu sein, dass die meisten Somali in der Stadt so gut wie kein Englisch können. Das heißt, die wenigen, die es können, werden als Vermittler zwischen der Stadt und den eigenen Leuten gebraucht, aber das sind nicht unbedingt die Ältesten, und die treffen in ihrer Kultur die Entscheidungen. Außerdem gibt es einen großen Unterschied zwischen den ethnischen Somali – die wahnsinnigen Wert darauf legen, aus welchem Clan jemand kommt – und den Bantu, von denen gerade die ersten in Shirley Falls eintrudeln und auf die schon drüben in Somalia alle herabgesehen haben. Die sind also nicht alle die dicksten Freunde da oben.«
    »Was du nicht sagst«, sagte Jim.
    »Und du hast vollkommen recht«, fuhr Bob fort, »Maine braucht diese Leute. Aber diese Immigranten – Migranten zweiten Grades übrigens, die von ihrem ursprünglichen Ankunftsort hierhergekommen sind und deshalb nicht mehr aus Bundesmitteln unterstützt werden – wollen keine Jobs, die mit Essen zu tun haben, weil sie weder mit Alkohol noch mit Schweinefleisch in Berührung kommen dürfen, auch nicht mit Lebensmitteln, die Gelatine enthalten. Wahrscheinlich nicht mal mit Tabak. Die Frau bei Susan ums Eck, die

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