Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
Vom Netzwerk:
Bundesanwaltschaft Ende der Woche Anklage gegen Zach erheben würde. Sie hätten so lange gebraucht, weil sie für ein Verbrechen mit rassistischem Hintergrund den Vorsatz nachweisen mussten, aber jetzt hielten sie ihre Anklage für gerichtsfest. Er habe diese Information aus einer internen Quelle. Seine Stimme klang müde. »Wir gehen natürlich dagegen vor«, sagte er. »Aber gut ist es nicht.«
    Susan setzte die Sonnenbrille auf und fuhr so langsam vom Parkplatz herunter, dass hinter ihr ein Auto zu hupen begann. Sie fuhr an dem Kiefernwäldchen entlang und über die Kreuzung, dann weiter am Krankenhaus und der Kirche und den alten Holzhäusern vorbei und bog in ihre Einfahrt.
    Zach war in der Küche. »Kochen kann ich nicht«, sagte er, »aber mit der Mikrowelle geht’s. Für dich hab ich Tiefkühllasagne gekauft und für mich überbackene Makkaroni. Und zum Nachtisch essen wir Apfelmus. Das ist fast wie Kochen.« Er hatte den Tisch gedeckt und schien sehr zufrieden mit sich und seiner Leistung.
    »Zachary.« Sie ging ihre Jacke aufhängen, und als sie vor der Schranktür stand, liefen ihr Tränen über die Wangen. Sie wischte sie mit dem Handschuh ab. Sie wartete, bis er mit dem Essen fertig war, ehe sie ihm von Charlies Anruf erzählte. Er starrte sie an. Er starrte Susan an, die Wände, die Spüle, dann wieder Susan. Der Hund fing an zu jaulen.
    »Mommy«, sagte Zach.
    »Jetzt mach dir mal keine Sorgen«, sagte Susan.
    Er hatte die Lippen halb geöffnet, schüttelte langsam den Kopf.
    »Schatz, ich bin sicher, deine Onkels kommen wieder rauf. Du hast alle Unterstützung. Sieh mal, das letzte Mal hast du’s auch geschafft.«
    Zachary schüttelte immer noch den Kopf. Er sagte: »Mom, ich hab im Internet recherchiert. Du hast keine Ahnung.« Sie konnte regelrecht hören, wie trocken und klebrig sein Mund war. »Das ist viel schlimmer.« Er stand auf.
    »Was, Schatz?« Sie sagte es ruhig. »Was ist viel schlimmer?«
    »Die Bundesanklagen wegen Hassverbrechen. Mom.«
    »Erzähl’s mir.« Unter dem Tisch versetzte sie dem armen Hund einen kräftigen Tritt, um das wimmernde Tier, das ihr die Nase in den Schoß drücken wollte, nicht anzuschreien. »Setz dich hin, Schatz, und erzähl’s mir.«
    Zach blieb, wo er war. »Na, dieser eine Typ vor zehn Jahren – wo, weiß ich jetzt nicht – , der hat vor dem Haus von diesem Schwarzen ein Kreuz abgebrannt und musste dafür acht Jahre ins Gefängnis.« Zachs Augen waren feucht geworden, rot geädert.
    »Zachary. Du hast kein Kreuz vor dem Haus eines Schwarzen abgebrannt.« Sie sprach leise, akzentuiert.
    »Und ein anderer, der eine schwarze Frau angeschrien und ihr mit was weiß ich gedroht hat, der ist für sechs Monate eingesperrt worden. Mom. Ich – ich kann das nicht.« Seine schmalen Schultern hoben sich. Ungelenk setzte er sich wieder auf seinen Stuhl.
    »Dazu wird es nicht kommen, Zachary.«
    »Aber woher willst du das wissen?«
    »Weil du keine solche Sachen gemacht hast.«
    »Mommy, du hast den Richter gesehen. Bring nächstes Mal deine Zahnbürste mit, hat er gesagt.«
    »Die reden alle so. So etwas sagen die auch, wenn jemand zu schnell gefahren ist, sie sagen es, um junge Leute einzuschüchtern. Es ist dumm. Dumm. Dumm.«
    Zachary verschränkte die langen Arme auf dem Tisch und legte den Kopf darauf.
    »Jim hilft Charlie, dich da rauszuhauen«, sagte Susan. »Was sagst du, Schatz?« Ihr Sohn hatte irgendetwas in die gekreuzten Arme gemurmelt.
    Zachary hob den Kopf und sah sie traurig an. »Mom. Hast du das noch nicht kapiert? Jim kann gar nichts machen. Und ich glaube, er hat Bob umgeschubst oder so, an dem letzten Abend im Hotel.«
    »Er hat Bob geschubst?«
    »Ach, egal.« Zach setzte sich aufrechter hin. »Völlig egal, Mom, mach dir um mich keine Sorgen.«
    »Schatz … «
    »Nein, ganz ehrlich.« Zach zuckte leicht mit den Schultern, als wäre alle Angst einfach von ihm abgefallen. »Es ist egal. Wirklich.«
    Susan stand auf, um den Hund ins Freie zu lassen. In der offenen Tür, die Hand am Türknopf, spürte sie in der Luft die zarte Feuchtigkeit des nicht mehr ganz so fernen Frühlings, und für einen Augenblick hatte sie die fixe Idee, einfach nur die Tür offenlassen zu müssen, damit sie frei blieben. Ließ sie sie zuklappen, wären sie auf alle Zeit eingesperrt. Sie schloss die Tür mit Nachdruck und ging zurück in die Küche. »Ich mach den Abwasch. Such dir was Schönes im Fernsehen.«
    »Was?«
    Sie wiederholte, was sie gesagt hatte, und ihr

Weitere Kostenlose Bücher