Das Leben und das Schreiben
arbeitete. Andere Autoren erlernten die Grundlagen beim Dienst in der Navy, bei der Arbeit im Stahlwerk oder beim Urlaub auf Staatskosten hinter schwedischen Gardinen. Die wertvollsten Erfahrungen meines Arbeitslebens (besonders in kaufmännischer Hinsicht) machte ich beim Waschen von Bettbezügen aus Motels und Tischdecken aus Restaurants in der Wäscherei New Franklin in Bangor. Man lernt am meisten, wenn man viel liest und schreibt, und die wertvollsten Lektionen sind die, die man sich selbst erteilt. Sie finden fast immer statt, wenn die Tür zum Arbeitszimmer geschlossen ist. Diskussionen in Schreibseminaren können oft intellektuell anregend sein und großen Spaß machen, aber genauso oft schweifen sie viel zu weit vom handfesten Alltagsgeschäft des Schreibens ab.
Dennoch glaube ich, dass auch Sie in so einer Art waldigen Kolonie wie in Der Samurai von Savannah enden könnten: in Ihrem von Kiefern umsäumten kleinen Landhaus, mit Textverarbeitungsprogramm, leeren CD-ROMs (was kann anregender sein für die Fantasie als eine Spindel neuer CD-ROMs) oder große Mengen unbeschriebenen Papiers?), die Liege im Nebenzimmer für das Nickerchen am Nachmittag und die Frau, die auf Zehenspitzen zur Veranda hochsteigt, das Essen dort abstellt und dann auf Zehenspitzen wieder geht. Das wäre schon in Ordnung, denke ich. Wenn sich Ihnen die Möglichkeit bietet, bei so etwas mitzumachen, dann los! Vielleicht erlernen Sie dabei nicht die magischen Geheimnisse des Schreibens (es gibt keine – so ein Mist, was?), aber Sie werden mit Sicherheit eine Menge Spaß haben – und für Spaß bin ich immer zu haben.
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Von Menschen, die selber veröffentlichen wollen, hört der bekannte Schriftsteller außer Woher bekommen Sie Ihre Ideen? am häufigsten folgende Fragen: Wie bekomme ich einen Agenten? und Wie lerne ich Leute aus der Verlagswelt kennen?
Diese Fragen werden oft in einem perplexen, manchmal verdrossenen, oft sogar zornigen Ton gestellt. Allgemein herrscht offenbar die Ansicht, dass die meisten Neulinge, die es mit ihren Büchern zur Veröffentlichung bringen, nur deshalb den Durchbruch schaffen, weil sie irgendwo einen Stein im Brett oder Beziehungen oder einen Mentor haben. Unausgesprochen bleibt der Verdacht, dass die Verlagswelt eine große, glückliche, inzestuöse Familie ist, eine geschlossene Gesellschaft.
Das stimmt nicht. Genauso wenig sind Agenten eine eingebildete, hochnäsige Clique, die lieber stirbt, als mit bloßen Händen ein unverlangt eingesandtes Manuskript zu berühren. (Ja, gut, ein paar von denen gibt es schon.) Tatsache ist, dass alle Agenten, Lektoren und Verleger den kommenden Star suchen, dessen Bücher sich massenweise verkaufen und der massenweise Geld bringt … und das muss nicht unbedingt ein junger Autor sein; Helen Santmyer lebte im Seniorenheim, als sie Und Damen des Klubs (Originaltitel: And Ladies of the Club ) veröffentlichte. Frank McCourt war zwar etwas jünger, als Die Asche meiner Mutter (Originaltitel: Angela’s Ashes ) herauskam, aber auch kein Springinsfeld mehr.
Als ich gerade anfing, Kurzgeschichten und Ähnliches in den Tittenzeitschriften zu veröffentlichen, sah ich meine Veröffentlichungsschancen eigentlich ganz optimistisch; ich wusste, dass ich »some game« (Talent) hatte, wie die Basketballspieler heutzutage sagen, und dass die Zeit für mich arbeitete. Früher oder später würden die Bestsellerautoren der Sechziger und Siebziger entweder sterben oder senil werden und Platz für Neulinge wie mich machen.
Dennoch war mir bewusst, dass es jenseits der Heftseiten von Cavalier, Gent und Juggs eine ganze Welt zu erobern galt. Ich wollte, dass meine Geschichten auf die richtigen Märkte kamen, und deshalb musste ich die störende Tatsache, dass viele sehr gut zahlende Zeitschriften ( Cosmopolitan beispielsweise brachte damals oft Kurzgeschichten) keine unverlangt eingesandten Manuskripte berücksichtigten, irgendwie umgehen. Die Antwort darauf war ein Agent, überlegte ich. Wenn meine Geschichten gut sind, dachte ich naiv, aber nicht gänzlich ohne Logik, würde ein Agent meine sämtlichen Probleme lösen.
Erst sehr viel später erkannte ich, dass nicht alle Agenten gut sind, dass aber ein guter Agent in vieler Hinsicht nützlich ist, nicht nur, um den Lektor von Cosmo zu überzeugen, einen Blick auf meine Kurzgeschichten zu werfen. Doch als junger Mann war mir noch nicht klar, dass es auch in der Verlagswelt Menschen gibt, sogar mehr als nur ein paar, die
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