Das Leben und das Schreiben
einem Toten das letzte Hemd stehlen würden. Aber das konnte mir damals egal sein: Bevor meine ersten Romane ein größeres Publikum fanden, gab’s bei mir nicht viel zu stehlen.
Sie sollten schon einen Agenten haben. Und wenn Ihre Arbeit verkäuflich ist, werden Sie nur wenig Mühe haben, einen zu finden. Selbst wenn sich Ihre Texte nicht verkaufen lassen, wird sich bestimmt jemand Ihrer annehmen, solange Sie ihm vielversprechend erscheinen. Sportagenten beispielsweise vertreten selbst Spieler der unteren Klassen, die kaum mehr als das eigene Essen verdienen, weil sie hoffen, dass ihre jungen Klienten eines Tages groß herauskommen. Aus demselben Grund sind literarische Agenten oft bereit, Schriftsteller mit nur wenigen Veröffentlichungen zu betreuen. Höchstwahrscheinlich finden Sie jemanden, der Sie vertritt, auch wenn sich Ihre Veröffentlichungen auf die sogenannten »kleinen Zeitschriften« beschränken, die nur in Belegexemplaren bezahlen. Agenten und Verleger sehen in diesen Zeitschriften oft ein Versuchsfeld für neue Talente.
Anfangs müssen Sie sich jedoch selbst vertreten. Das bedeutet, die Zeitschriften zu lesen, die Ihre Art von Prosa veröffentlichen. Außerdem sollten Sie sich Berufszeitschriften besorgen und den Writer’s Market kaufen, das wichtigste Nachschlagewerk für den Neuling im Metier. Wenn Sie wirklich arm sind, lassen Sie es sich zu Weihnachten schenken. Sowohl die Zeitschriften als auch WM (ein Riesenwälzer, aber zu einem vernünftigen Preis) informieren über Buch- und Zeitschriftenverlage, ergänzt durch kurze, präzise Beschreibungen der Art von Texten, die in dem jeweiligen Segment bevorzugt wird. Außerdem finden Sie die am besten verkäuflichen Längen und die Namen der Ansprechpartner.
Als Anfänger, der Kurzgeschichten verfasst, werden Sie am ehesten an den »kleinen« Zeitschriften interessiert sein. Wenn Sie einen Roman schreiben oder geschrieben haben, studieren Sie die Liste von literarischen Agenten in Schriftstellermagazinen und in Writer’s Market . Möglicherweise sollten Sie sich auch LMP (Literary Marketplace) ins Regal stellen. Auf der Suche nach einem Agenten oder Verleger müssen Sie gewieft, vorsichtig und beharrlich sein, aber – und das werde ich nicht müde zu betonen – am wichtigsten ist es für Sie, sich über den Markt auf dem Laufenden zu halten. Es mag helfen, die Kurzbeschreibungen in Writer’s Digest zu lesen (»… veröffentlicht hauptsächlich gängige Prosa, 2000- 4000 Wörter, stereotype Figuren und abgedroschene Liebesszenen meiden«), aber so eine Kurzbeschreibung ist halt nur kurz, machen wir uns nichts vor. Geschichten einzusenden, ohne sich vorher über den Markt zu informieren, ist, wie Darts im Dunkeln spielen: Möglicherweise trifft man zwischendurch die Zielscheibe, aber verdient hat man es nicht.
Ich will Ihnen die Geschichte eines angehenden Autors namens Frank erzählen. In Wirklichkeit setzt sich Frank aus drei Schriftstellern zusammen, die ich kenne: zwei Männer und eine Frau. Alle drei hatten mit Mitte zwanzig ein wenig Erfolg, doch beim Entstehen dieses Buches fährt keiner von ihnen einen Rolls-Royce. Alle drei schaffen wahrscheinlich irgendwann den Durchbruch, will sagen, mit vierzig werden sie wohl regelmäßig veröffentlichen (und einer ist vielleicht alkoholabhängig).
Die drei Gesichter von Frank haben unterschiedliche Schwerpunkte und Stile, aber sie gehen die Hürden, die vor einer erfolgreichen Zukunft als Autor stehen, auf ähnliche Weise an, sodass ich schon glaube, sie zu einer Figur verschmelzen zu können. Meiner Meinung nach kann es einem angehenden Schriftsteller – Ihnen vielleicht, lieber Leser – nicht schaden, Franks Beispiel zu folgen.
Auf dem College hatte Frank Englisch als Hauptfach (das ist natürlich keine Voraussetzung, um Autor zu werden, aber es ist auch nicht von Nachteil) und begann, seine Erzählungen bei Magazinen einzureichen. Er belegte mehrere Seminare über kreatives Schreiben, und viele der Magazine, bei denen er sich anbot, waren ihm von den Dozenten für kreatives Schreiben empfohlen worden. Ob empfohlen oder nicht, Frank las darüber hinaus auch gründlich alle in den Magazinen veröffentlichten Beiträge und reichte seine Werke nach Gefühl dort ein, wo sie ihm zu passen schienen. »Drei Jahre lang habe ich jede Geschichte gelesen, die in Story erschien«, erzählt er und lacht. »Vielleicht bin ich der Einzige in Amerika, der das von sich behaupten kann.«
Obwohl er den
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