Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben

Titel: Das Leben und das Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
einiger Umstände verzögert, auf die ich keinen Einfluss hatte, aber ich hoffe und rechne damit, demnächst ein paar Wochen im Westen von Pennsylvania zu verbringen, denn ich habe die vorbehaltliche Erlaubnis erhalten, ein wenig mit der State Police herumzufahren (der in meinen Augen ganz verständliche Vorbehalt lautet, dass ich sie nicht als Widerlinge, Wahnsinnige oder Idioten darstellen soll). Danach müsste ich in der Lage sein, die gröbsten Schnitzer zu korrigieren und ein paar wirklich hübsche Details einzufügen. 13
    Aber nicht viele; denn Recherche ist Hintergrundinformation, und das Schlüsselwort hier heißt Hintergrund . Was ich in Der Buick erzählen will, hat mit Monstern und Geheimnissen zu tun. Diese Geschichte handelt nicht von der Arbeitsweise der Polizei im Westen von Pennsylvania. Ich suche nichts anderes als einen Hauch von Plausibilität, so wie man zum Abrunden eine Handvoll Kräuter in die Spaghettisoße gibt. Jeder Roman braucht diesen realistischen Anstrich, aber in Geschichten, die vom Anormalen oder Paranormalen handeln, ist er meiner Meinung nach besonders wichtig. Außerdem kann eine Fülle von Details (immer vorausgesetzt, sie sind richtig), die Briefflut von korinthenkackerischen Lesern eindämmen, deren einziger Lebensinhalt offenbar darin besteht, Schriftsteller auf ihre Fehler hinzuweisen (und zwar immer in schadenfrohem Tonfall). Sobald man vom sicheren Pfad des Grundsatzes »Schreib, was du kennst« abweicht, ist Recherche unerlässlich. Sie kann die Geschichte sehr viel lebendiger machen. Passen Sie nur auf, dass am Ende nicht der Schwanz mit dem Hund wedelt; denken Sie daran, Sie schreiben einen Roman, kein wissenschaftliches Referat. Die Geschichte kommt immer an erster Stelle. Ich glaube, dem würden selbst James Michener und Arthur Hailey zustimmen.

14
     
    Gelegentlich werde ich gefragt, ob Schreibseminare oder -unterricht meiner Ansicht nach nützlich für angehende Belletristik-Autoren sind. Wer das fragt, sucht nur zu oft nach einer Patentlösung, einer geheimen magischen Formel oder vielleicht nach Dumbos Zauberfeder … all das kann man nicht im Klassenzimmer oder auf Schreibseminaren finden, wie überzeugend die Broschüren auch sein mögen. Ich für meinen Teil habe so meine Zweifel, was solchen Schreibunterricht angeht, bin aber nicht kategorisch dagegen.
    In dem wunderbaren tragikomischen Roman Der Samurai von Savannah (Originaltitel: East Is East ) von T. Coraghessan Boyle wird eine Schriftstellerkolonie im Wald beschrieben, die mir so vollkommen vorkommt wie im Märchen. Jedes Mitglied verfügt über seine eigene kleine Hütte, in der tagsüber gearbeitet wird. Mittags bringt ein Angestellter des Haupthauses den angehenden Hemingways und Cathers Essen in einem Karton, den er auf die vordere Veranda des Häuschens stellt. Er setzt ihn ganz leise auf der Veranda ab, um den Bewohner nicht in seiner kreativen Trance zu stören. Jede Hütte hat ein Arbeitszimmer, im anderen Zimmer steht ein Bett für das äußerst wichtige Nickerchen am Nachmittag … oder vielleicht für ein die Lebensgeister weckendes Schäferstündchen mit einem anderen Bewohner der Kolonie.
    Abends versammeln sich alle Mitglieder im Haupthaus zum Essen und führen berauschende Gespräche mit den zeitweilig dort anwesenden erfahrenen Autoren. Später werden vor einem prasselnden Kaminfeuer im Salon Marshmallows und Popcorn geröstet, Wein getrunken und Geschichten der Koloniebewohner vorgelesen und anschließend diskutiert.
    Das klang für mich nach einer vollkommen verzaubernden Umgebung fürs Schreiben. Besonders gut gefiel mir, dass das Essen vor die Haustür gebracht wird, dass es so leise abgestellt wird, wie die Zahnfee den Kindern einen Vierteldollar unter das Kopfkissen legt. Wahrscheinlich sprach mich dieses Idyll so stark an, weil es meilenweit von meinem Leben entfernt ist, in dem die Kreativität jeden Moment unterbrochen werden kann, weil meine Frau mir ausrichtet, dass die Toilette verstopft ist, ob ich nicht einmal versuchen könne, das in Ordnung zu bringen, oder weil mich das Büro anruft, dass ich wieder Gefahr laufe, den Termin beim Zahnarzt zu verschwitzen. In solchen Momenten denken wohl alle Schriftsteller das Gleiche, egal wie gut oder erfolgreich sie sind: O Gott, wenn ich bloß die richtige Umgebung zum Schreiben hätte, wenn ich unter verständnisvollen Menschen lebte, dann könnte ich ein Meisterwerk schreiben, das weiß ich genau.
    Ehrlich gesagt, habe ich jedoch die

Weitere Kostenlose Bücher