Das lebendige Theorem (German Edition)
Nähe; in der Nacht ist das der schönste Ort der Welt. Wenn Sie Glück haben, hören Sie die Hirsche röhren, Sie werden das gespenstische Licht von Glühwürmchen sehen, sie werden die Spiegelungen des Mondes auf dem schwarzen Wasser funkeln sehen, und Sie werden die Gespenster der mächtigsten Geister des 20. Jahrhunderts vorbeigehen fühlen, die einen unsichtbaren Nebel über dem See bilden.
Kapitel 10
Princeton, 12. Januar 2009
Spätabends in meiner Princetoner Wohnung, auf dem Teppichboden sitzend, umgeben von Blättern mit Entwürfen, vor dem großen Glasfenster, durch das die Kinder tagsüber die grauen Eichhörnchen beobachten. Ich denke nach und schreibe, ohne ein Wort zu sagen.
Im Büro nebenan schaut sich Claire Death Note auf einem Notebook an. In Princeton gibt es kaum Kinos, also muss man sich abends eben beschäftigen. Ich habe ihr die Vorzüge dieser teuflischen Zeichentrickserie so sehr angepriesen … sie ist ihrerseits süchtig danach geworden. Und das ist die Gelegenheit, Japanisch zu hören.
Heute habe ich mit Clément telefoniert. In den letzten Tagen hatten wir den Schnellgang eingelegt. In Princeton habe ich keine Kurse, und er hat als Forschungsbeauftragter am CNRS auch keine Verpflichtungen. Also können wir soviel arbeiten, wie wir wollen.
Und außerdem hat die Zeitverschiebung zwischen Leuten, die zusammenarbeiten, auch Vorteile. Mit sechs Stunden Zeitverschiebung kann man fast kontinuierlich arbeiten. Wenn ich bis Mitternacht in Princeton ackere, ist Clément zwei Stunden später in Paris in seinem Büro und bereit, den Einsatz zu übernehmen.
Wir haben uns an einer bestimmten Rechnung festgebissen. Er hat einen recht hübschen Trick, wo man bei der Zeit, für die eine Lösung existiert, schummelt, er setzt da große Hoffnungen hinein. Ich gebe gerne zu, dass seine Idee eine wichtige Rolle spielen wird (und das wird auch tatsächlich über all das hinaus, was ich mir vorstellen kann, der Fall sein!), aber es gelingt mir entschieden nicht zu glauben, dass sie ausreicht, um uns zu retten. Wir brauchen eine andere Schätzung.
Einen neuen Trick.
*
Date: Mon, 12 Jan 2009 17:07:07 –0500
From: Cedric Villani
To: Clement Mouhot
Subject: bad news
Nun, es gelingt mir nicht, die Fortpflanzung der Regularität mit Schätzungen durchzuführen, die genauso gut sind wie deine (nach der Umwandlung in Räume mit 3 Indizes hakt irgendetwas). Ich habe mir deine Rechnung noch einmal angesehen und finde zwei Stellen, an denen es hapert: (a) der letzte Index auf S. 39, 1.8 (vor »We use here the trivial estimate«) scheint mir \lambda+2\eta zu sein, und nicht \lambda+\eta; (b) es scheint mir unmöglich zu sein, dass in der Hypothese (5.12) die Abschätzung nicht von \kappa abhängt (die Grenzen \kappa\to 0 und \kappa\to\infty ändern den Raum von Grund auf). Schlussfolgerung: Mir scheint, dass es da ein Problem gibt …
Fortsetzung folgt,
Cedric
Date: Mon, 12 Jan 2009 23:19:27 +0100
From: Clement Mouhot
To: Cedric Villani
Subject: Re: bad news
Ich schau’ mir das morgen Nachmittag genauer an. Aber ich stimme mit Punkt (a) überein, es muss doch sicherlich noch andere Probleme mit den Indizes geben. Was Punkt (b) angeht, so ist das, was ich benutzen wollte, um zu sagen, dass (5.12) nicht von kappa abhängt (für kappa in einem Kompaktum), die schwache Abhängigkeit v des Streuungsfeldes $X^{scat}_{s,t}$: Da $\Omega_{s,t}$ bis auf O(t-s) nahe der Identität ist, haben wir $X^{scat} _{s,t} = x + O(t-s)$. Woraus folgt, dass jede Ableitung in v in dem Term O(t-s) »zerquetscht« wird?
Bis bald, clement
Date: Sun, 18 Jan 2009 13:12:44 +0100
From: Clement Mouhot
To: Cedric Villani
Subject: Re: transfert
Grüß dich, Cedric,
Da ich einen Übersichtsartikel von Jabin über die Mittelungslemmata (sein Kurs von Porto Ercole) referiere, habe ich ein paar Rechnungen angestellt, um den Zusammenhang mit unseren Rechnungen zu sehen, und ich habe den Eindruck, dass in linearer Abschätzung die Fortpflanzung der Regularität mit den Mittelungslemmata in Beziehung steht, aber ausgedrückt in L^1/L^\infty, was ungewöhnlich zu sein scheint. Wenn man beispielsweise versucht, die Regularität von x nach v zu übertragen, ohne dass der Zuwachs in x proportional zu (t-s) ist, ist man auf einen Zuwachs <1
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