Das lebendige Theorem (German Edition)
volkstümlicher Refrain ist.
Gehen Sie von einer beliebigen ganzen Zahl aus, sagen wir 38.
Diese Zahl ist gerade, ich teile sie durch 2, um 19 zu erhalten.
Letztere Zahl ist ungerade, ich multipliziere sie mit 3 und füge 1 hinzu und komme so auf 19 × 3 + 1 = 58.
Letztere Zahl ist gerade, ich teile sie durch 2 …
Und so weiter; man gelangt von einer Zahl zur anderen anhand einer einfachen Regel: Jedes Mal, wenn man eine gerade Zahl findet, teilt man durch 2, jedes Mal, wenn man eine ungerade Zahl findet, multipliziert man mit 3 und addiert 1.
In dem Beispiel, wo wir von 38 ausgegangen sind, erhalten wir nacheinander: 19, 58, 29, 88, 44, 22, 11, 34, 17, 52, 26, 13, 40, 20, 10, 5, 16, 8, 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1 …
Natürlich, sobald man auf 1 stößt, weiß man, was folgt: 4, 2, 1, 4, 2, 1, 4, 2, 1, ad calculam aeternam.
Jedes Mal in der Menschheitsgeschichte, wenn man diese Rechnung gemacht hat, kam man immer auf 4, 2, 1 … Bedeutet das, dass das immer so sein wird, was auch immer die Ausgangszahl ist?
Da es unendlich viele ganze Zahlen gibt, kann man sie natürlich nicht alle ausprobieren. Heutzutage mit Taschenrechnern, Tischrechnern, Großrechnern und Superrechnern konnte man Abermilliarden ausprobieren, und immer ist man auf die gnadenlose Folge 4, 2, 1 gestoßen.
Der Versuch zu zeigen, dass es sich um eine allgemeine Regel handelt, steht jedem frei. Man hält es für wahr, aber man kann es nicht beweisen: Es ist eine Vermutung. Die Mathematik ist demokratisch, und jeder, dem es gelingen wird, diese Vermutung zu bestätigen oder zu widerlegen, wird wie ein Held gefeiert werden.
Ich werde es gewiss nicht versuchen: Außer dass die Schwierigkeit phänomenal zu sein scheint, entspricht es nicht meiner Denkweise; mein Gehirn ist nicht darauf trainiert, über diese Art von Problemen nachzudenken.
*
Date: Mon, 4 May 2009 17:25:09 +0200
From: Cedric Villani
To: Clement Mouhot
Subject: Backus
Hier ist also der Aufsatz von Backus aus dem JMP 1960 (Bd. 1, Nr. 3, schade, es wäre noch schöner gewesen, wenn es Bd. 1, Nr. 1 gewesen wäre!)
Phantastisch! Schau dir den vorletzten Abschnitt von Backus und dann den letzten Satz des Artikels an! Das ist umso bemerkenswerter, als ich bis hin zu den Aufsätzen der letzten Jahre niemanden kenne, der ausdrücklich diese Zweifel geäußert hätte …
Herzliche Grüße
Cedric
Date: Sun, 10 May 2009 05:21:28 +0800
From: Clement Mouhot
To: Cedric Villani
Subject: Re: Backus
Ich habe den Aufsatz von Backus ein wenig im Flugzeug gelesen. Das ist wirklich sehr interessant, er hatte die Probleme mit dem Linearen und die Frage der zeitlichen Zunahme des Background-Terms, sofern er vom Raum abhängt, durch Filamentierung richtig verstanden. Und im Allgemeinen ist das von einer bemerkenswerten Strenge im Vergleich mit dem »Standard« der Aufsätze über die Landau-Dämpfung … Wir müssen ihn bei den Zitaten hinzufügen, insbesondere seine numerische Diskussion auf S. 190 und seine Schlussfolgerung mit seinen Zweifeln an der nichtlinearen Gültigkeit der linearen Untersuchung: Darüber hinaus passt das zu einer der begrifflichen Schwierigkeiten unserer Einleitung.
Herzliche Grüße, Clement
Kapitel 31
Princeton, an einem schönen Maiabend 2009
Mai, die Bäume am Institute for Advanced Study blühen, es ist herrlich.
Gerade ist die Nacht angebrochen, und ich gehe im Halbdunkel umher, wobei ich das Dunkel, die friedliche Stille und die laue Luft zugleich genieße.
Als ich an der École Normale Supérieure studiert habe, schlenderte ich nachts gerne in den dunklen Gängen des Internats umher, wenn einige Lichtstrahlen unter den Türen hindurchdrangen, wie der verschwommene Lichtschein, den man sich aus den Bullaugen eines U-Boots à la Jules Verne kommend vorstellt.
Aber hier, von Gras und Lufthauch umgeben, ist es unvergleichlich; und Lichter gibt es auch, aber es sind keine Zvilisationslichter, sondern natürliche Lichter, die von Glühwürmchen, unzähligen blinkenden, ins Gras ergossenen Sternen ausgesendet werden.
Ah, ich erinnere mich … In einem Aufsatz, den ich gelesen habe, wurde die Theorie der Landau-Dämpfung auf das Blinken der Glühwürmchen angewendet.
Aber Cédric, lass’ doch bitte die Landau-Dämpfung eine Weile in Ruhe, verflixt und zugenäht! Du hast damit schon so viele Tage und
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