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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tarzan. Dann erzählte er.
    Atemlos hörten die drei zu.
Sogar Oskar stellte sein Hecheln ein und blickte zu Tarzan auf, als verstünde
er jedes Wort.
    „Mann! Das haut hin und zurück“,
ereiferte sich Klößchen, nachdem Tarzan alles erzählt hatte.
    „Und ist der Gipfel der
Gemeinheit“, sagte Karl, der Computer. „Weil Rehe jetzt Schonzeit haben. Rehe
und Rehkitze dürfen von Februar bis einschließlich August nicht gejagt werden.
Böcke haben Schonzeit von Mitte Oktober bis Mitte Mai. Ich weiß es auch von
Hasen, Dachsen, Rebhühnern, Fasanen, Ringeltauben und Waldschnepfen.
Nämlich...“
    „Bitte, jetzt nicht!“ stoppte
Gaby ihn. „Wir alle wissen, wie vorzüglich dein Computergehirn funktioniert. Aber
wir stehen vor einem Problem. Fällt dir dazu was ein?“
    Karl nahm seine Nickelbrille ab
und begann, die Gläser zu polieren. Bei Aufregung gehört das zu seinen
Angewohnheiten.
    „Problem?“
    Gaby nickte. „Ich finde, Tarzan
hat sich richtig verhalten. Außerdem: In die Verantwortung meines Papis fällt
Wilddieberei nicht. Er hat auch genug um die Ohren, deshalb erzähle ich’s ihm
lieber gar nicht. Trotzdem — gegen so einen gemeinen Wilddieb, der den
Rehkitzen in der Schonzeit das Muttertier wegschießt — gegen so einen muß was
getan werden.“
    Tarzan lachte. „Etwas tun?
Vergeßt nicht: Das ist unsere Spezialität. Wer tut also was: Wir! Und wie?
Indem wir den Wilddieb entlarven. Das heißt: Vor Einbruch der Dunkelheit werden
wir abermals hier sein, uns verstecken, den Kerl beobachten, ihm nachschleichen
und — sobald wir wissen, wer’s ist — die Polizei verständigen. Die überrascht
ihn dann, wenn er zu Hause das Reh zerlegt. Wenn uns das gelingt, können wir
stolz darauf sein. Und eine Belohnung gibt’s obendrein. Allerdings“, wandte er
sich an Gaby, „du, Pfote, kommst auf keinen Fall mit. Wilddiebe sind bewaffnet.
Vor 30 Jahren ist hier schon mal was passiert. Du sitzt ja gerade auf dem
damaligen Grab des armen Opfers. Und der Mann war bestimmt viel netter als
Gröbl.“
    Gaby zog schaudernd die
Schultern hoch und gleichzeitig eine Schnute. „Ich käme aber gern mit.“
    „Zu gefährlich! Bitte, sei
vernünftig.“
    „Vernunft ist langweilig.“
    „Na gut, dann bleibst du eben
unvernünftiger Weise zu Hause. Im übrigen: Es ginge auch gar nicht. Wie
wolltest du denn weg? Deine Eltern ließen das nicht zu. Karl kann ausbüxen. Für
Willi und mich besteht diesmal überhaupt kein Problem. Ich brauche nicht mal
wie sonst durchs Fenster zu türmen. Heute ist Freitag. Morgen beginnt das
Urlaubswochenende. Willi ist schon ab heute abend bei seinen Eltern zu Hause.
Mich hat er eingeladen; ich darf offiziell mit. Wir verletzen also nicht mal
eine Schulvorschrift, wenn wir uns mit Einbruch der Dämmerung in Richtung
Soiner Moor auf die Socken machen. Willis Eltern merken sowieso nichts. Sie
sind heute abend bei Bekannten auf ‘ner Party. Und damit ist alles geritzt.“
    Was Tarzan sagte, traf zu.
    Und als besonders günstig fügte
sich jetzt, daß Klößchens Elternhaus nicht weit weg war, sondern hier in der
Stadt. Die Villa der Sauerlichs stand im vornehmsten Viertel. So oft Klößchen
wollte, konnte er seine Eltern besuchen. Und natürlich tat er das auch. Denn er
verstand sich sehr gut mit ihnen. Daß er trotzdem im Internat wohnte, hatte
einen anderen Grund: Zuhause langweilte er sich. Aber im Internat war — wie er
sich ausdrückte — immer was los. Für Klößchens Vater, den
Schokoladenfabrikanten und Multimillionär, bedeutete es einen Klacks, das
teuere Schulgeld zu bezahlen.
    „Wir Mädchen“, sagte Gaby
schmollend, „sind eben immer benachteiligt.“ Aus ihren großen blauen Augen sah
sie Tarzan an. „Bestimmt kann ich vor Sorge um euch die ganze Nacht nicht
schlafen.“
    Während sie das sagte, sah sie
Tarzan unverwandt an. Ebenso gut hätte sie sagen können:  „...vor Sorge um
dich...“ Natürlich schloß das nicht aus, daß sie sich auch um Karl und Willi
sorgen würde. Aber für Tarzan empfand sie eben eine ganz besondere Zuneigung.
    Tarzan spürte, wie er rot
wurde.
    Rasch bückte er sich, um Oskars
Halsband zu lockern. „Daß du mir aber nicht wieder abhaust! Kapiert!“
    Oskar wedelte freundlich.
Offenbar hatte er kapiert.
    „Wir kriegen Besuch“ sagte
Karl.
    „Wie? Gröbl etwa?“ Tarzan
richtete sich auf.
    „Nee. Der dort!“ Karl deutete
in die Richtung, in der sie die Absturzstelle vermuteten.
    Und tatsächlich: Von dort eilte
jemand heran.

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