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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sein.
    Sie aßen zu viert. Die
Menüfolge war genau so, wie Klößchen prophezeit hatte: Brennesselsuppe — die so
sehr nach nichts schmeckte, daß die Zunge fast einschlief —, gedünstetes Gemüse
— das so satt machte wie ein paar tiefe Atemzüge im Wald — und
Rhabarberkompott. Es war mit Honig gesüßt, konnte aber die vorangegangenen
Enttäuschungen nicht gutmachen.
    Trotzdem, Tarzan bedankte sich
höflich, sagte, es hätte geschmeckt, wünschte einen angenehmen Abend und zog
sich mit Klößchen auf dessen Bude zurück. Ins Obergeschoß. Was sie dort
erwartete, war klar: Eine große Platte mit Aufschnitt, kaltem Braten, fettem
Käse, grober Leberwurst und — Bouletten.
    „Wenn unsere Köchin nicht so
alt wäre“, meinte Klößchen schmunzelnd, „würde ich sie heiraten. Nur weil sie
so ein goldiges Herz hat. Sie weiß: Hunger tut weh. Und sie hat Mitleid mit der
heranwachsenden Jugend.“
    „Halt dich ruhig ein bißchen
zurück. Denn du wächst leider vor allem in die Breite. Zu zweit schaffen wir
das nie.“
    „Zu zweit? Hast du meinen Vater
vergessen?“
    „Ach so! Tschuldigung! Wie
konnte ich!“
    Zwei Minuten später schlich
sich Herr Sauerlich zu ihnen herauf. Ihm lief bereits das Wasser im Mund zusammen.
Augenzwinkernd vertilgte er in kürzester Zeit den kalten Braten und ein
Viertelpfund Käse.
    Mümmelnd meinte er:
„Vegetarisch kann ich nun mal nicht existieren. Aber ich will meiner lieben
Frau nicht wehtun. Und was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. Hab’ ich
nicht recht?“
    Tarzan wußte: Auch Herr
Sauerlich hatte einen heißen Draht zur Küche und wurde Tag für Tag heimlich mit
seiner ansehnlichen Fleischration versorgt. Anders war sein Wohlstandsbauch
auch nicht zu erklären. Nur Frau Sauerlich vermutete als Ursache eine
Drüsenschwäche und hoffte seit Jahren auf Besserung.
    Die beiden Freunde spielten
Karten, waren aber nicht bei der Sache, sondern mit ihren Gedanken im Moor.
Schließlich waren sie gleichzeitig fertig. Keiner hatte mehr Karten in der Hand,
und sie wußten nicht, wer nun gewonnen hatte.
    Vom Fenster aus beobachteten
sie, wie Willis Eltern im Jaguar abfuhren. Sie waren festlich gekleidet, und
Georg trug seine graue Chauffeursuniform.
    Klößchen sah sorgenvoll zum
Himmel. „Das bewölkt sich aber ganz schön.“
    „Kann uns nur recht sein. Dann
ist es dunkler. Und wir werden nicht bemerkt.“
    „Soll ich mein Regen-Cape
mitnehmen?“
    „Spinnst du? Vielleicht noch
Schirm und Gesangbuch?“
    Sie zogen sich um. Dunkle
Jeans, dunkle Pullis. Da Klößchens rotblonde Haare sogar im Dunkeln
schimmerten, setzte er eine spinatgrüne Sportkappe auf. Damit sah er zum
Brüllen aus, aber Tarzan sagte nichts. Sicherheit ging vor Schönheit — vor
allem, wenn man einen bewaffneten Wilddieb ertappen wollte.

5. Der Schuß auf den Wilddieb
     
    Sie trafen sich an derselben
Stelle wie nachmittags. Karl war schon da.
    „Wißt ihr, was ich gehört
habe“, berichtete er aufgeregt, „‘ne ganze Menge Leute zeltet draußen. Im
Ernst. Nicht wegen des schönen Wetters oder so — sondern weil sie bis zum
letzten Schimmer Tageslicht suchen wollen. Und dann früh, sobald’s hell wird,
gleich weiter. Um vier oder noch eher.“
    „So verrückt möchte ich sein“,
sagte Klößchen. „Mein Schlaf ist mir lieber als alle Millionen.“
    „Ist aber gut, daß wir’s
wissen“, meinte Tarzan. „Es werden also ein paar mehr dasein als wir, die
Polizisten und der Wilddieb.“
    „Falls er kommt...“, zweifelte
Karl.
    „Der kommt. Wenn er das Reh bei
der Hitze länger hängen läßt, vergammelt’s. Und daß wir’s entdeckt haben, weiß
er ja nicht.“
    Sie fuhren los. Einige Wagen
kamen ihnen entgegen, aber viel Betrieb herrschte nicht. Die Sonne stand
bereits tief, berührte im Westen den Horizont und strahlte die
Schönwetterwolken, die sich mehr und mehr bildeten, rotbraun und golden an. Es
war noch warm. Braunes Licht lag über der Landschaft. Mückenschwärme tanzten in
der Luft, und der Blütenduft des Frühsommers war überall zu riechen. Es war ein
Wetter, bei dem man sich auf die großen Ferien freute, auf Ausflüge, Schwimmen
und Picknick.
    Während die drei dem Moor
entgegen radelten, wurden die Schatten immer länger. Dann sank die Sonne hinter
den Horizont. Die Luft blieb noch lau, aber Dämmerung kam aus den Wolken herab;
und das braune Licht verwandelte sich in bläuliches Zwielicht.
    Als sie das Gasthaus
erreichten, dunkelte es.
    Sie schlossen ihre Räder

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