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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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auch nicht bei Schnee?“
fragte Klößchen.
    Alle lachten. Erst da begriff
Klößchen, daß ihm — unfreiwillig, wie so oft — ein Witz gelungen war.
    „Ich fahre fort“, sagte Karl
sodann. „Der frühe Vormittag nach dem Trocknen des Morgentaus ist die beste
Sammelzeit. Blätter muß man in jungem Zustand sammeln; Blüten, sobald sie voll
erblüht sind; ganze Kräuter zu Beginn der Blütezeit; und Früchte nach dem
Ausreifen. Wurzeln gräbt man im Frühjahr oder im Spätherbst. Rinde schält man
von jungen Trieben im Frühjahr. Trocknen kann man das Sammelgut an einem
luftigen und schattigen Ort. Aber auch bei künstlicher Wärme, wobei die
Temperatur bei stark duftenden Pflanzen 35 Grad nicht übersteigen sollte. Bei
anderen Pflanzen kann man bis zu 60 Grad gehen.“
    „Hoffentlich hält sich Funke
daran“, sagte Gaby. „Naja, Tarzan, deine zweifünfzig sind sowieso futsch.“
    „Bis jetzt“, sagte Klößchen,
„hast du nur von der Technik erzählt, Karl. Aber wonach bückt sich denn Funke
nun, wenn er durch Wald und Feld streift — und durchs Moor, natürlich? Daß er
Rehe aufliest, die am Wegesrand stehen, wissen wir ja nun schon. Aber was kommt
denn sonst noch alles in den Rucksack?“
    „Das füllt Bücher“, erwiderte
Karl. „Ich erinnere nur an Ackerschachtelhalm, Birkenblätter, Kamille,
Bruchkraut, Bohnenschalen, Hauhechel, Löwenzahn, Wacholder, Quecke, Fieberklee,
Pestwurz, Holunderblüten, Schafgarbe, Tausendgüldenkraut, Lindenblüten...“
    „Wirst du vor Mitternacht
fertig?“ fragte Tarzan. „Oder handelt es sich um einen längeren Vortrag?“
    Karl grinste. „Abschließend
möchte ich nur noch erwähnen, daß du deinem Großvater Müller...“
    „Ich glaube, ich habe ihn Meier
getauft“, lachte Tarzan.
    „...daß du ihm Schwarzrettich —
und Löwenzahnsaft empfehlen solltest. Das hilft seiner Galle. Ist krampflösend
und funktionsstärkend.“
    „Ich werde es ihm ausrichten.“
Er hielt Gaby die Uhr hin, weil sie wissen wollte, wie spät es war.
    Sofort stand sie auf. „Ich muß
nach Hause. Meine Mutti will mit mir Obstkuchen backen.“
    „Du hast es gut“, seufzte
Klößchen. „Wann wird der denn angeschnitten?“
    „Erst morgen nachmittag“, sagte
sie lachend. „Wenn mein Papi aus dem Dienst kommt. An diesem Wochenende hat er
im Präsidium Bereitschaftsdienst. Aber dir, Willi, bringe ich ein Stück mit.
Apfel- oder Kirschkuchen?“
    Klößchen verdrehte die Augen.
„Wenn’s ginge, beides.“
    „Wenn’s ginge“, ahmte Tarzan
seinen Tonfall nach, „bitte den ganzen Kuchen. Nein, beide! Und eine Schüssel
mit Schlagsahne. Anschließend natürlich zwei bis drei Tafeln Schokolade.
Stimmt’s, Willi, oder habe ich recht?“
    „Wie gut du mich kennst“,
erwiderte Klößchen. „Besser als meine Mutter.“ Und das stimmte — zumindest was
das Essen betraf; denn von Willis Naschsucht hatte Frau Sauerlich keinen
Schimmer. Sie hielt ihn für drüsenkrank, wie seinen Vater.
    Die Jungs brachten Gaby nach
Hause. Daß sie heute abend nicht dabei sein würde, war klar. Denn — wie Tarzan
zu sagen pflegte — nach Einbruch der Dunkelheit gehören Mädchen ins Haus; zumal
die gefährlichen Unternehmungen meistens im Freien stattfinden.
    Tarzan, Willi und Karl fuhren
zu den Sauerlichs.
    Auf der Rückseite der Villa war
vor kurzem ein Anbau fertig geworden: Das private Hallenbad der Familie
Sauerlich — zugänglich nur für Familienmitglieder, Hausangestellte und
Klößchens Freunde. Das Wasser war so sauber, daß man damit gurgeln konnte. Die
meerblauen Kacheln leuchteten herrlich. Die Front zur Gartenseite war gänzlich
aus Glas. Und diese Glasfront ließ sich zu zwei Drittel öffnen. Das vermittelte
beim Schwimmen den Eindruck, man wäre im Freien. Natürlich verirrten sich viele
Schmetterlinge, Fliegen und Bienen herein. Außerdem auch Mücken und Wespen.
Aber das machte den Spaß noch echter.
    Nach dem Schwimmen spielten die
Jungen Tischtennis. Klößchen verlor jedesmal. Aber er war ein guter Verlierer —
auch beim Kartenspielen — und murrte nie. Zwar hatte Tarzan schon oft überlegt,
ob es eine freundschaftliche Geste wäre, ihn gewinnen zu lassen. Aber das kam
ihm dann doch zu unehrlich vor; und solche Almosen hatte ein netter Kerl wie
Klößchen nicht nötig.
    Karl fuhr dann nach Hause.
Klößchen lag in einem Liegestuhl und schmökerte. Sauerlichs und zwei mit ihnen
befreundete Ehepaare saßen auf der Terrasse und tranken Wein. Tarzan war zu
Klößchens Bude

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