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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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nicht über den Computer meines Kollegen auf die Spur gekommen. Mir fiel eine weitaus einfachere
     Art der Verfolgung meiner Aktionen ein. Wenn sie schon mein Auto verwanzt hatten, gab es keinen Grund, nicht auch eine GP S-Anlage einzubauen. So wüssten sie in jedem Augenblick, wo ich war. Wäre mir das früher eingefallen, hätte ich mir irgendwie ein
     anderes Auto besorgen können, doch jetzt war es zu spät.
    Es war kaum eine Minute vergangen, seit die Straße wieder leer war, als sich die Eingangstür des Hauses von Professor Nedeljković
     öffnete. Rasch schaltete ich den Scheibenwischer ein. Die Gummistreifen zogen zweimal schnell über die Scheibe und beseitigten
     augenblicklich den Wasserschleier. Und das reichte mir aus, die gebeugte Gestalt mit dem tief herabgezogenen Hut zu erkennen,
     unter dem das graue Haar hervorlugte.
    Der Professor stieg in das kleine Auto ein, das direkt vor dem Eingang geparkt war. Es sprang nicht sofort an. Das Röcheln
     des Motors drang zu mir, den trommelnden Regen übertönend. Schon dachte ich, der Motor ginge ganz aus, da wurde das mechanische
     Röcheln von einem nicht gerade gleichmäßigen Brummton abgelöst.
    Nach kurzem Manövrieren parkte das Auto aus und fuhr los. Ich wartete, bis es sich ein wenig entfernt hatte, dann fuhr ich
     ihm nach. Das Licht schaltete ich erst ein, als der Professor auf dem Boulevard verschwunden war. Der geringe Verkehr erleichterte
     mir die Verfolgung, ließ sie aber auch auffälliger werden. Deshalb hielt ich mich in einigem Abstand und achtete darauf, dass
     immer mindestens ein Wagen zwischen uns war.
    |139| Gelegen kam mir der Umstand, dass jeder Gedanke einer Verfolgung für Einstein wohl völlig abwegig war. Dafür aber nicht für
     mich. Häufig warf ich einen Blick in den Rückspiegel, ob ich nicht womöglich jemanden sah, der den Verfolger verfolgt, doch
     ich bemerkte nichts Verdächtiges. Es gab keine Spur von jenem Wagen, der vor Kurzem in der Straße des Professors angehalten
     hatte. Das bedeutete allerdings keinesfalls, dass meine Fahrt nicht überwacht wurde, wenn nicht anders, dann über GPS.
    Ein unbemerktes Verfolgen war nicht mehr möglich, als wir nach längerer Fahrt vom Boulevard abbogen. Von der breiten, gut
     beleuchteten Straße kamen wir in einen vornehmen Stadtteil mit Luxusvillen hinter hohen Zäunen. Ich konnte nicht mehr auf
     ein »Puffer-Auto« zwischen uns rechnen, und so musste ich den Professor etwa hundert Meter davonziehen lassen.
    Als wir in ein Gewirr kleiner Straßen kamen, die zu den Villen führten, schaltete ich die Lichter aus. Die Straßenbeleuchtung
     war hier spärlicher, aber dennoch hatte ich eine ausreichende Sicht. Nach vorn und nach hinten. Niemand kam mir nach.
    Das Auto, das ich verfolgte, geriet aus meinem Gesichtsfeld, es war in eine unbekannte Richtung am Ende einer kurzen Straße
     gefahren, ehe ich eingebogen war. Ich öffnete ein wenig das Fenster, um über das Motorengeräusch herauszubekommen, wie ich
     weiterfahren müsse. Der Regen war zwar etwas schwächer geworden, trotzdem spritzte er oben durch den kleinen Spalt.
    Gerade hatte ich am Anfang einer Straße, die beiderseits von dichtem, mindestens zweieinhalb Meter hohem Gebüsch gesäumt wurde,
     begriffen, dass ich nach links einbiegen musste, als das Brummen des Motors verstummte. Abgesehen von dem Regen lag plötzlich
     ringsum alles in Schweigen.
    Ich parkte das Auto, schloss leise die Tür und eilte zu der |140| Kreuzung. Ich spähte gerade in dem Moment um die Ecke, als der Professor etwa siebzig Meter vor mir durch eine Tür im Zaun
     glitt. Sein Auto musste irgendwo in der Nähe sein, doch die Straße war leer. Ich hatte jetzt nicht die Zeit, um mich diesem
     Rätsel zu widmen. Den Kopf wegen des Regens eingezogen, bog ich auf dem schmalen Fußweg voller Pfützen nach links ein.
    Der Zaun, an dem ich vorbeikam, war hoch und aus Metall, oben mit drohenden Spitzen versehen. Als ich zu der Tür kam, sah
     ich keinerlei Namen daran. Es gab nicht einmal eine Hausnummer oder eine Klingel. In Kopfhöhe aber zeichnete sich ein kleines
     Rechteck ab. Ich überlegte kurz, was zu tun wäre, aber eigentlich hatte ich keine Wahl, wenn ich nicht hier draußen stehen
     bleiben wollte.
    Ich klopfte an die Tür.
    Im selben Moment zog sich das Rechteck zurück, und in der Öffnung zeigte sich dunkle Leere. Verwirrt schaute ich einen Moment
     darauf, ehe ich begriff, was man erwartete.
    Das Passwort!
    Aber wie sollte ich das

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