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Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen

Titel: Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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Schmendrick und Molly Grue.« Der König sah ihn blinzelnd an.
    »Molly mit der Katze«, flüsterte Molly. »Du erinnerst dich doch an die Katze, Lír.«
    »Ja«, sagte der König. Er schien ewig zu brauchen, um das eine Wort auszusprechen. »Die Katze, ja, natürlich.« Aber danach sagte er nichts mehr, und wir standen da und standen da, und der König lächelte über irgendwas, das ich nicht sehen konnte.
    Schmendrick sagte zu Molly: »So hat sie sich immer vergessen.« Seine Stimme war jetzt anders, so wie wenn er drüber redete, wie das Land früher gewesen war. Er sagte: »Und dann hast du sie immer dran erinnert, dass sie ein Einhorn war.«
    Und da veränderte sich auch der König. Ganz plötzlich waren seine Augen klar und ganz leuchtend vor Gefühl, so wie Mollys Augen, und zum ersten Mal sah er uns wirklich. Er sagte sanft, »Oh, meine Freunde!«, und stand auf und kam zu uns und umarmte Schmendrick und Molly. Und ich sah, dass er ein Held gewesen war und immer noch einer war, und ich dachte jetzt, dass es ja vielleicht doch gut werden würde. Vielleicht würde ja doch alles gut.
    »Und wer mag diese Prinzessin hier sein?«, fragte er und guckte mir genau ins Gesicht. Er hatte eine Stimme, wie es sich für einen König gehört, tief und kräftig, aber nicht furchterregend, nicht böse. Ich versuchte meinen Namen zu sagen, brachte aber keinen Laut heraus, und da fiel er doch tatsächlich vor mir auf ein Knie und ergriff meine Hand. Er sagte: »Ich konnte schon oft Prinzessinnen in Not zu Diensten sein. Verfüge über mich.«
    »Ich bin keine Prinzessin, ich bin Sooz«, sagte ich, »und ich bin aus einem Dorf, das du bestimmt nicht mal kennst, und dort ist ein Greif, der die Kinder frisst.« Es kam einfach alles in einem Atemzug heraus, aber er lachte nicht und guckte mich auch nicht anders an. Er fragte mich nur, wie mein Dorf heiße, und ich sagte es ihm, und er sagte: »Aber das kenne ich wohl, Madam. Ich war schon dort. Und jetzt werde ich das Vergnügen haben, wieder dorthin zu kommen.«
    Über seine Schulter sah ich, wie Schmendrick und Molly sich verdutzt anguckten. Schmendrick wollte etwas sagen, aber dann wandten sie sich beide zur Tür, weil eben eine kleine, dunkelhaarige Frau, ungefähr so alt wie meine Mutter, aber in Kleidung, wie Molly sie trug – Tunika, Hosen und Stiefel – hereingekommen war. Sie sagte mit leiser, nervöser Stimme: »Es tut mir wirklich außerordentlich leid, dass ich nicht hier war, um Seiner Majestät alte Gefährten zu begrüßen. Nicht nötig, mir eure illustren Namen zu nennen – der meine ist Lisene, und ich bin Seiner Majestät königlicher Sekretär, Dolmetsch und Protektor.« Sie fasste König Lír ganz höflich und behutsam am Arm und machte sich daran, ihn zu seinem Stuhl zurückzuführen.
    Schmendrick brauchte ein Weilchen, um die Sprache wiederzufinden. Dann sagte er: »Ich hatte nie den Eindruck, dass mein alter Freund Lír einen diese Dienste nötig hätte. Schon gar nicht den eines Protektors.«
    Lisene war mit dem König beschäftigt und sah Schmendrick nicht an, als sie antwortete: »Wie lange ist es her, dass du ihn das letzte Mal gesehen hast?« Schmendrick sagte nichts. Lisenes Stimme war immer noch leise, aber nicht mehr so nervös. »Die Zeit schlägt ihre Klauen in uns alle, Mylord, früher oder später. Wir sind alle nicht mehr die, die wir waren.« König Lír setzte sich folgsam auf seinen Stuhl und machte die Augen zu.
    Ich merkte, dass Schmendrick wütend war und immer noch wütender wurde, während er da stand, aber er zeigte es nicht. Mein Vater wird auf diese Art wütend, deshalb wusste ich es. Schmendrick sagte: »Seine Majestät hat sich bereit erklärt, diese junge Person in ihr Dorf zurückzubegleiten, um ihre Leute von einem räuberischen Greif zu befreien. Wir brechen morgen auf.«
    Lisene fuhr so schnell herum, dass ich fest glaubte, sie würde gleich losbrüllen und uns allen Befehle erteilen. Aber sie tat nichts dergleichen. Man hätte nie gedacht, dass sie auch nur das kleinste bisschen verärgert oder bestürzt war. Sie sagte nur: »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Mylord. Der König ist nicht in der Verfassung für eine solche Reise und ganz gewiss nicht für ein solches Unterfangen.«
    »Das sieht der König anders.« Schmendrick sprach jetzt durch die zusammengebissenen Zähne.
    »Ach, ja, tut er das?« Lisene zeigte auf König Lír, und ich sah, dass er auf seinem Stuhl eingeschlafen war. Sein Kopf hing vornüber

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