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Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen

Titel: Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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und es ist auch nur eine Sekunde der Liebe übrig, dann wirst du es sehen: Ich lasse mich von dem Roten Stier zu den anderen ins Meer treiben. Dann werde ich dir wenigstens nahe sein!«
    »All das ist völlig unnötig«, sagte Schmendrick leichthin und zwang sich zu einem Lachen. »Ich bezweifle, dass ich dich zurückverwandeln könnte, selbst wenn das dein Wunsch wäre. Sogar Nikos vermochte es nicht, einen Menschen in ein Einhorn zu verwandeln. Und du bist jetzt wahrlich ein Mensch. Du liebst und du fürchtest dich, verbietest den Dingen, so zu sein, wie sie sind, und du übertreibst. Wir wollen es hier enden lassen, wir wollen die Suche hier beenden. Ist die Welt wirklich schlechter dran, wenn sie die Einhörner verliert? Wäre sie besser dran, wenn sie wieder frei umherschweiften? Eine gute Frau mehr auf dieser Welt ist jedes verschwundene Einhorn wert. Heirate den Prinzen und leb vergnügt bis an dein Ende!«
    Der Gang schien heller zu werden, Schmendrick bildete sich ein, der Rote Stier schleiche heran, setze seine Hufe so zierlich und behutsam wie ein Reiher. Der schwache Schimmer von Molly Grues Wange erlosch, als sie ihr Gesicht abwandte. »Ja«, sagte die Lady Amalthea. »Das ist mein Wunsch.«
    Im gleichen Augenblick sagte Prinz Lír: »Nein!«
    Das Wort entfuhr ihm so plötzlich wie ein Niesen, ein fragendes, quiekendes Nein. Es war die Stimme eines törichten jungen Mannes, der unendlich verlegen ist angesichts eines großen und schrecklichen Geschenks. »Nein«, wiederholte er, und dieses Mal erscholl es mit anderer Stimme, mit der Stimme eines Königs. Nicht eines Haggards Stimme, sondern der eines Königs, dessen Leid nicht dem galt, was er nicht besaß, sondern dem, was er nicht geben konnte.
    »Meine Lady«, begann er, »ich bin ein Held. Es ist ein Handwerk wie jedes andere auch, wie Weben oder Brauen. Und genau wie diese hat es seine Kunstgriffe, Fertigkeiten und kleine Kniffe. Es gibt Mittel und Wege, um Hexen hinters Licht zu führen und vergiftete Flüsse zu erkennen; alle Drachen haben eine ungepanzerte Stelle, die vermummten Fremden geben dem Suchenden bestimmte Rätsel auf. Doch das wahre Geheimnis, ein Held zu sein, liegt in dem Wissen von der Ordnung der Dinge. Der Schweinehirt kann nicht schon zu Beginn seiner Abenteuer die Prinzessin heiraten, Hänsel nicht an die Tür des Hexenhauses pochen, wenn die Hexe verreist ist. Der böse Oheim kann nicht entdeckt und unschädlich gemacht werden, bevor er etwas Böses getan hat. Die Dinge müssen geschehen, wenn die Zeit dafür reif ist. Weissagungen dürfen nicht wie ungepflückte Früchte verderben, Fahrten und Fahndungen nicht einfach abgebrochen werden. Einhörner dürfen lange Zeit unerrettet bleiben – aber nicht für immer. Der glückliche Ausgang einer Geschichte darf nicht schon in deren Mitte stattfinden.«
    Die Lady Amalthea gab ihm keine Antwort. Schmendrick fragte: »Warum nicht? Wer sagt das denn?«
    »Helden«, erwiderte Prinz Lír melancholisch, »Helden wissen Bescheid mit der Ordnung und dem Ablauf von Geschichten, und vor allem mit dem glücklichen Ende. Helden wissen, dass einige Dinge besser als andere sind. Zimmerleute kennen sich aus mit Maserungen, Schindeln und Richtschnüren.« Er streckte seine Hände nach der Lady Amalthea aus und trat einen Schritt auf sie zu. Sie wich nicht zurück, wandte ihr Gesicht nicht ab. Sie hob den Kopf, und Prinz Lír schlug die Augen nieder.
    »Du bist es gewesen, die mich das gelehrt hat«, sagte er. »Ich habe dich kein einziges Mal angeblickt, ohne die süße Harmonie zu sehen, die die Welt zusammenhält, oder den Gram über ihre Verwüstung. Ich bin ein Held geworden, um dir zu dienen, dir und allem, das so ist wie du. Und auch, um zu lernen, wie man eine Konversation beginnt.« Die Lady Amalthea blieb stumm.
    Kalkige Helle breitete sich in der Höhle aus. Sie konnten einander deutlich sehen, jeder gespenstisch weiß und talgig vor Furcht. Sogar die Schönheit der Lady Amalthea schwand unter diesem stumpfen, zehrenden Licht. Sie sah hinfälliger aus als einer der drei anderen.
    »Der Stier!«, sagte Prinz Lír. Er drehte sich um und ging mit den kühnen, entschlossenen Schritten eines Helden den Gang hinunter. Die Lady Amalthea folgte ihm, ging so leicht und stolz, wie man es Prinzessinnen beizubringen versucht. Molly Grue hielt sich dicht an den Zauberer, fasste ihn bei der Hand, so wie sie früher das Einhorn berührt hatte, wenn Einsamkeit oder Furcht sie überfielen. Er lächelte

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