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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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Ferner soll er ihn vor Überfall und Umsturz schützen und ihm die Kosten für eine Bewaffnung seiner Männer ersparen; auch heißt es, er halte Haggard in dessen eigenem Schloss gefangen. Er sei der Teufel, dem Haggard seine Seele verkauft habe, und zur gleichen Zeit heißt es, der Stier sei die Ware, für welche er seine Seele verkauft habe. Der Stier gehört Haggard, Haggard gehört dem Stier.«
    Ein Schauer der Gewissheit überlief das Einhorn, breitete sich von der Mitte her aus wie Wellen in einem Weiher. Es hörte den Schmetterling sagen: ›Sie sind vor langer Zeit vom Roten Stier davongetrieben worden, er rannte dicht hinter ihnen drein und verwischte mit seinen Hufen ihre Spuren.‹ Es glaubte drohende gelbe Hörner zu sehen und weiße Gebilde, die ein Sturm davonblies. »Ich werde hingehen«, sagte es. »Ich stehe in deiner Schuld, Zauberer, denn du hast mich befreit. Was wünschst du dir, bevor ich gehe?«
    Schmendricks große Augen glänzten wie Blätter in der Sonne. »Nimm mich mit!« Kühl und anmutig bewegte sich das Einhorn von ihm weg, ohne ihm zu antworten. Der Zauberer sagte schnell: »Ich kann von großem Nutzen sein! Ich kenne den Weg zu Haggards Land und die Sprachen, welche in den dazwischen liegenden Ländern gesprochen werden.«
    Da das Einhorn in dem klebrigen Nebel zu verschwinden drohte, fuhr er rasch fort: »Im übrigen hat es noch keinem Wanderer geschadet, von einem Zauberer geleitet zu werden, nicht einmal einem Einhorn. Denk an die Geschichte vom Nekromanten Nikos! In einem Wald sah er ein Einhorn, das im Schoß einer kichernden Jungfrau schlief. Drei Jäger mit gespannten Bogen schlichen heran, um es seines Hornes wegen zu töten. Nikos musste blitzschnell handeln. Mit einem Wort und einem Wink verwandelte er das Einhorn in einen schönen Jüngling, der erwachte, die verblüfften Jäger augenblicklich angriff und erschlug. Sein Schwert war spitz und spindelförmig; und als die Männer tot waren, da zertrampelte er die Leichen.«
    »Und das Mädchen?« fragte das Einhorn. »Hat er das Mädchen auch getötet?«
    »Nein, das hat er geheiratet. Er sagte, es sei nur ein verzogenes Kind mit einem Zorn auf seine Familie, und alles, was es brauche, sei ein guter Ehemann. Und der wurde und blieb er, denn selbst Nikos konnte ihm seine alte Gestalt nicht zurückgeben. Er starb alt und angesehen – an einem Übermaß von Veilchen, wie es heißt, er konnte nie genug Veilchen bekommen. Sie hatten keine Kinder.«
    Die Geschichte missfiel dem Einhorn sehr. »Der Zauberer hat ihm keinen Dienst erwiesen, sondern großen Harm angetan«, sagte es leise. »Wie schrecklich, wenn alle meine Gefährten von gutherzigen Zauberern in Menschen verwandelt worden wären – verbannt, in brennende Häuser gesperrt. Vom Roten Stier getötet zu werden, das wäre ein leichteres Schicksal.«
    »Wohin wirst du zunächst gehen?« fragte Schmendrick. »Die meisten Menschen werden dir übelwollen, eine freundliche Seele, und mag sie noch so tölpelhaft sein, kann dir eines Tages so nötig sein wie Speis und Trank. Nimm mich mit, als Talisman, als Spaßmacher, für alle Fälle. Nimm mich mit!«
    Während er sprach, ließ der Regen nach, der Himmel klarte auf, und das nasse Gras glänzte perlmutten. Das Einhorn sah in die Ferne; in einem Wald von Königen suchte es den einen König, in einem Gestöber von Palästen und Schlössern das eine, das auf den Schultern eines Stieres ruhte. »Niemand hat mich je geleitet«, sagte es, »aber ich bin auch noch nie eingesperrt, noch nie mit einer weißen Stute verwechselt oder als Einhorn verkleidet worden. Es scheint, als sei es beschlossen, dass mir viele Dinge zum ersten Mal widerfahren, und deine Begleitung wird bestimmt weder das seltsamste Erlebnis noch das letzte sein. Du magst also mit mir kommen, wenn du es wünschst, aber es wäre mir lieber gewesen, du hättest dir eine andere Belohnung erbeten .«
    Schmendrick lächelte traurig. »Ich habe daran gedacht.« Er betrachtete seine Finger, und das Einhorn sah die halbmondförmigen Narben, wo ihn die Stangen gebissen hatten. »Aber meinen wirklichen Wunsch hättest du doch nicht erfüllen können.« ›Es geht schon los‹, dachte das Einhorn und fühlte den ersten, spinnenzarten Anflug von Bedauern in seiner Haut. ›So wird es also die ganze Zeit sein, wenn man mit einem Menschen wandert!‹ »Nein«, erwiderte es, »ich kann dich nicht in etwas verwandeln, das du nicht bist, genauso wenig wie es die Hexe vermochte. Ich

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