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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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eine Weile getragen haben, denn sie war bestimmt nicht auf ihren Beinen, und seine grünen Augen kreisten wie feurige Räder in ihrem Kopf. »Ganz recht! Nur Magie bedeutet mir was. Ich würde die Einhörner persönlich für König Haggard zusammentreiben, wenn das meine Zauberkraft auch nur um ein halbes Haar erhöhte. Da kannst du Gift drauf nehmen. Ich kenne keine Verpflichtungen und keine Treue. Ich kenne nur meine Magie!« Seine Stimme klang traurig und rau.
    »Wirklich?« fragte sie. Aus Furcht wiegte sie sich träumerisch hin und her, beobachtete die vorüberflutende Helle. »Das ist ja schrecklich!« Sie war sehr beeindruckt. »Bist du wirklich so?«
    »Nein« ’, antwortete er da, oder etwas später. »Nein, es ist ja gar nicht wahr. Wie könnte ich so sein und dennoch die ganze Zeit in diesen Schwierigkeiten stecken?« Dann sagte er: »Molly, du musst jetzt allein gehen. Er ist da. Er ist da.«. Molly sah zuerst die Hörner. Das grelle Licht zwang sie, ihr Gesicht zu bedecken, doch die fahlen Hörner bohrten sich unerbittlich durch Hände und Augenlider, bis tief in ihr Gehirn hinein. Sie sah Prinz Lir und die Lady Amalthea vor diesen Hörnern stehen, und das Feuer flackerte die Höhlenwände hinauf, loderte empor in die deckenlose Dunkelheit. Prinz Lir zog sein Schwert, doch es flammte auf, und er ließ es fallen; es brach wie ein Stück Eis, Der Rote Stier stampfte auf, und alle fielen zu Boden. Schmendrick hatte erwartet, dass der Stier in seiner Höhle auf sie lauerte, oder an einer Stelle, die breit genug für einen Kampf wäre. Doch lautlos war er den Gang heraufgekommen, um sich ihnen zu stellen. Jetzt stand er ihnen quer gegenüber; er reichte nicht nur von einer flammenden Wand bis zur anderen, er ragte in diese Wände hinein und über sie hinaus. Und es war kein Luftbild, sondern ein dampfender, schnaubender Stier, der sein blindes Haupt schüttelte. Seine Kiefer zermalmten knirschend und krachend seinen Atem.
    Jetzt, jetzt ist die Zeit gekommen, wo ich Heil oder Unheil bewirken werde. Die Entscheidung ist da. Langsam erhob sich der Zauberer, schenkte dem Stier keine Beachtung, lauschte nur seinem umschlossenen Ich, als wäre es eine Muschel. Die Macht rührte und regte sich nicht. Er vernahm nichts als ein fernes, dünnes, leeres Rauschen in seinem Ohr. So wie es Haggard wohl im Schlafen und im Wachen vernehmen musste, und nie einen anderen Laut. Sie wird nicht zu mir kommen. Nikos hatte unrecht. Ich bin, was ich scheine.
    Die Lady Amalthea wich einen einzigen Schritt vor dem Roten Stier zurück, betrachtete ihn gelassen, wie er mit den Vorderfüßen stampfte und scharrte, wie er aus seinen ungeheuren Nüstern gewaltige, grollende, sprühende Atemstöße schnob. Ihre Gegenwart schien ihn zu verwirren und ratlos zu machen. Er brüllte nicht. Die Lady Amalthea stand in seinem frostigen Licht; sie hatte ihren Kopf weit zurückgeworfen, um seine ganze Größe ermessen zu können. Ohne den Kopf zu wenden, streckte sie eine Hand nach Prinz Lir aus.
    Gut, gut. Ich kann nichts, gar nichts tun, und ich bin froh darüber. Der Stier wird sie vorüberlassen, und sie wird mit Prinz Lir davonziehen. Es ist nur recht und billig. Es tut mir nur um die Einhörner leid . Der Prinz hatte die ausgestreckte Hand noch nicht bemerkt, doch im nächsten Augenblick musste er sie sehen und die Lady Amalthea zum ersten Mal berühren. Er wird nie wissen, was sie ihm gegeben hat, doch sie wird es genauso wenig wissen. Der Rote Stier senkte den Kopf und griff an. Er kam ohne Warnung und ohne Laut, nur das Knirschen seiner Hufe war zu hören. Hätte er gewollt, wären sie von seinem ersten Ansturm alle vier zerschmettert worden. Er duldete es, dass sie auseinanderliefen und sich gegen die runzligen Wände pressten. Er stampfte vorüber, ohne sie zu verletzten, obwohl es ihm ein Leichtes gewesen wäre, sie aus ihren armseligen Verstecken mit seinen Hörnern herauszuspießen wie Regenwürmer. Geschmeidig wie Feuer wendete er, wo es keinen Raum zum Wenden gab, griff wieder an; sein Maul streifte fast den Boden, sein Nacken schwoll wie eine Woge. Dann brüllte er.
    Sie flohen, und er folgte ihnen, nicht so ungestüm wie bei seinem Angriff, aber schnell genug, um sie voneinander getrennt zu halten, allein und freundlos in der Finsternis. Die Erde schien sich unter ihren Füßen aufzutun, und sie schrien auf, aber sie konnten sich nicht einmal selbst hören. Jedes Brüllen des Roten Stieres ließ Erd- und Steinmassen auf sie

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