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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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konnte, stand die Lady Amalthea zwischen den beiden Männern, ohne dass einer sie hätte zurückkommen hören. In der Finsternis gleißte und zitterte sie wie rasch fließendes Wasser. »Ich gehe nicht mehr weiter«, sagte sie. Sie sagte es zu Lir, doch Schmendrick war es, der antwortete: »Wir haben keine Wahl, wir können nur weitergehen.« Molly Grue näherte sich, ein ängstliches Auge und der mattschimmernde Ansatz eines Wangenbogens. Der Zauberer sagte zum zweiten Mal: »Wir können nur weitergehen.«
    Die Lady Amalthea wich seinem Blick aus. »Er darf mich nicht verwandeln«, sagte sie zu Prinz Lir. »Erlaub’ ihm nicht, mich zu verzaubern. Der Stier kümmert sich nicht um Menschen, wir werden an ihm vorüber- und hinausgehen. Der Stier ist hinter einem Einhorn her. Sag ihm, dass er mich nicht in ein Einhorn verwandeln darf!«
    Prinz Lir zerrte an seinen Fingern, bis sie knacksten. Schmendrick sagte: »Es ist wahr, wir könnten dem Roten Stier ohne weiteres entgehen, wie wir es schon einmal getan haben. Doch wenn wir das tun, wird es nie wieder eine Möglichkeit geben; alle Einhörner der Welt bleiben dann immer und ewig seine Gefangenen, alle außer einem, und das würde sterben. Es wird alt werden und sterben.«
    »Alles stirbt«, sagte sie, immer noch zu Prinz Lir gewandt. »Es ist gut, dass alles stirbt. Ich will sterben, wenn du stirbst. Verbiete ihm, mich zu verwandeln, erlaube nicht, dass er mich unsterblich macht. Ich bin kein Einhorn, kein Zauberwesen. Ich bin ein Mensch, und ich liebe dich.«
    »Ich weiß nicht viel über Zauberei und Zaubersprüche«, antwortete er ihr sanft, »weiß nur, wie man sie bricht. Aber ich weiß auch, dass selbst der größte Magier machtlos ist gegen zwei, die fest zueinander halten; und dieser hier ist nur der arme Schmendrick. Fürchte dich nicht, fürchte dich vor nichts. Was immer du gewesen sein magst, jetzt gehörst du zu mir. Ich werde dich beschützen.«
    Endlich blickte sie dem Zauberer ins Gesicht; selbst in der Dunkelheit vermochte er das Entsetzen in ihren Augen zu erkennen. »Nein«, sagte sie, »nein, wir sind nicht stark genug. Er wird es tun, und was immer danach geschehen mag, du und ich werden einander verlieren. Wenn ich ein Einhorn bin, werde ich dich nicht lieben, und du wirst mich nur lieben, weil du nicht anders kannst. Ich werde schöner sein als alles. andere in der Welt, und ich werde ewig leben.«
    Schmendrick wollte etwas sagen, doch sie kauerte sich vor ihm zusammen wie eine Kerzenflamme. »Ich will nicht, nicht um alles in der Welt«, klagte sie. Sie schaute zwischen Lir und Schmendrick hin und her, hielt ihre Stimme zusammen wie die Ränder einer Wunde. »Wenn er mich verzaubert, und es ist eine Sekunde der Liebe übrig, dann wirst du es sehen. Ich lasse mich von dem Roten Stier wie die anderen ins Meer treiben. Dann werde ich dir wenigstens nahe sein!«
    »All das ist völlig unnötig«, sagte Schmendrick leichthin und zwang sich zu einem Lachen. »Ich bezweifle, dass ich dich verwandeln könnte, selbst wenn das dein Wunsch wäre. Sogar Nikos vermochte es nicht, einen Menschen in ein Einhorn zu verwandeln. Und du bist jetzt Mensch. Du liebst und du fürchtest dich, verbietest den Dingen, so zu sein, wie sie sind, und du übertreibst. Wir wollen es hier enden lassen, wir wollen die Suche hier beenden. Ist die Welt wirklich schlechter dran, wenn sie die Einhörner verliert? Wäre sie besser dran, wenn sie wieder frei umherschweifen? Eine gute Frau mehr auf dieser Welt ist bei weitem jedes verschwundene Einhorn wert. Heirate den Prinzen und leb’ vergnügt bis an dein Ende.«
    Der Gang schien sich zu erhellen, Schmendrick bildete sich ein, der Rote Stier schliche heran, setze seine Hufe so zierlich und behutsam wie ein Reiher. Der schwache Schimmer von Molly Grues Wange erlosch, als sie ihr Gesicht abwandte. »Ja«, sagte die Lady Amalthea, »das ist mein Wunsch.«
    Im gleichen Augenblick sagte Prinz Lir: »Nein!« Das Wort entfuhr ihm so plötzlich wie ein Niesen, ein fragendes, quiekendes Nein. Es war die Stimme eines törichten jungen Mannes, der unendlich verlegen ist angesichts eines großen und schrecklichen Geschenks. »Nein«, wiederholte er, und dieses Mal erscholl es mit anderer Stimme, mit der Stimme eines Königs. Nicht eines Haggards Stimme, sondern die Stimme eines Königs, dessen Leid nicht dem galt, was er nicht besaß, sondern dem, was er nicht geben konnte.
    »Meine Lady«, begann er, »ich bin ein Held. Es ist ein

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