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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Kanone vor die Füße schießt. Und der es mit ihren Bewaffneten gelungen ist, die Engelsburg in Rom zu erobern, die als uneinnehmbar gilt. Ich will wissen, warum meine illustren Amtskollegen so fasziniert sind von dir. Warum Alfonso von Aragón dich als einzigen Mann im Vatikan bezeichnet. Und wieso du Konstantin und Nikolaus um den Finger wickeln kannst. Komm herunter, Alessandra Pa ş a, lass uns reden. Von Heerführer zu Heerführer, von Fürst zu Fürst, von Mensch zu Mensch.«
    »Fertig!«, wispert Galcerán und drückt mir die geladene und gespannte Armbrust gegen das Knie.
    Ich richte mich auf, sodass Mehmed meine bluttriefende türkische Rüstung erkennen kann, lehne mich gegen die Marmorbalustrade, lege an und nehme ihn kaltblütig ins Visier.
    Mehmed springt zurück, damit die Yeniçeriler seiner Leibgarde einen schützenden Kordon um ihn bilden können. »Ergreift sie! Bringt sie mir!«, kreischt er mit sich überschlagender Stimme. »Tot oder lebendig!«

Kapitel 87
    In der Hagia Sophia
29. Mai 1453
Irgendwann nach zwei Uhr nachmittags
    »Deckung!«, brüllt Galcerán, als ein Schuss über mich hinwegzischt.
    Ich ducke mich hinter die Marmorbalustrade und behalte die Bewaffneten im Auge, die die Rampe heraufgekommen sind und nun mit der Armbrust im Anschlag auf der anderen Seite der Basilika am Thron der Kaiserin vorbeihuschen.
    Yeniçeriler.
    Ich schultere die Tasche mit dem Mandylion, renne um die halbrunde Balustrade herum und schlittere über die offene Galerie hinter einen mit Goldmosaiken verzierten Gewölbepfeiler. Mein Kettenhemd kracht gegen eine graue Marmorplatte.
    Galcerán folgt mir, wirft sich der Länge nach neben mich und prallt mit voller Wucht gegen die Säule hinter mir. Fluchend richtet er sich auf und kriecht zu mir herüber. »Komm jetzt! Wir müssen hier raus!« Als ich nicht antworte, brummt er: »Alessandra Pa ş a, ich glaub’s ja nicht!«
    Ich luge die Galerie entlang zur Marmorschranke mit den Türen, die in den Himmel und in die Hölle führen. Diesen engen Durchgang müssen sie passieren, bevor sie zu uns herüberkommen. Neben der Marmorschranke glitzert das Mosaik Jesu Christi mit Maria und Johannes. Vom Täufer kann ich nur die linke Schulter erkennen. »Hast du gesehen, wie viele es sind?«
    »Fünf oder sechs. Aber da wo die herkommen, sind noch ein paar mehr.«
    »Geschätzte hunderttausend.«
    »Und ich hielt zweitausend gegen hunderttausend schon für absoluten Irrsinn. Aber wir zwei …«
    »Ich schieße, du lädst nach«, entscheide ich. »Wie viele Bolzen haben wir noch?«
    »Vier.«
    »Wir müssen verschwinden.«
    »Sag ich ja.« Galcerán blickt sich um und deutet auf das gewaltige Bogenfenster hinter uns. »Da ist eine Tür.«
    »Wo?«
    »Neben dem Fenster.«
    »Wohin führt sie?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    »Auf die Dächer rund um die Altarapsis?«
    »Vermutlich.«
    »Wir brauchen ein Seil.«
    »Und wo …?«
    »Unter dem Mosaik von Maria mit dem Kind und Kaiser Ioannis und Kaiserin Irene steht ein Arbeitstisch für die Restauratoren. Siehst du ihn?«
    Er wendet sich um. »Ja, ich sehe ihn. Da ist ein Haufen Werkzeug. Mörtelbecher, Spachtel, Pinsel …«
    »Auch ein Seil?«
    Er lehnt sich weiter vor und späht unter den Tisch, der von ihm aus gesehen von einer Säule verdeckt wird. »Ja, ich glaube, da ist eins.«
    »Großartig. Ist eine Weile her, dass ich mich von einer Kathedrale abgeseilt habe.«
    Mit Wucht prallt ein Bolzen in das Fenster hinter uns. Eine Scheibe zerbricht. Die Scherben prasseln auf den Marmorboden.
    Galcerán packt mich an der Schulter und reißt mich zurück. »Gib mir Deckung, ich hole das Seil. Wir treffen uns an der Tür.«
    »Vergiss das Seil.«
    »Aber wie …«
    »Du bleibst bei mir.«
    »Aber …«
    »Galcerán, verdammt noch mal!«
    »Schon gut, wie du willst, Alessandra Pa ş a.« Wieder blickt er zum Fenster hinter uns. »Und wenn die Tür verschlossen ist?«

Kapitel 88
    In der Hagia Sophia
29. Mai 1453
Kurz vor halb drei Uhr nachmittags
    Ich antworte nicht, sondern starre zur Marmorbalustrade, durch die gerade eben schon der zweite Yeniçeri gehuscht ist. Sie trennen sich. Der eine verschwindet in der Nische links vor mir mit dem Christus-Mosaik und dem Grab des Dogen Enrico Dandolo, der andere kriecht rechts vor mir an der Balustrade entlang und bleibt hinter dem Gewölbepfeiler in Deckung. Unten in der Basilika ist es so still, dass ich die beiden hören kann.
    Sie kommen immer näher.
    Nur noch vier Bolzen für

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