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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Mandylion, denke ich und ziehe den Schulterriemen meiner Tasche, der mir ständig über mein Kettenhemd abrutscht, wieder hoch.
    Unter den Marmorfliesen gegenüber dem Mosaik befindet sich das Grab jenes anderen Eroberers von Byzanz, des venezianischen Dogen Enrico Dandolo, der, siebenundneunzig Jahre alt und fast blind, den unseligen Kreuzzug von 1204 anführte und Balduin von Flandern zum ersten lateinischen Kaiser von Byzanz machte. Erst die Dynastie der Palaiologoi, deren letzter Basileus Konstantin war, vertrieb die lateinischen Herrscher aus Konstantinopolis und setzte wieder griechische ein.
    Immer wieder spähe ich unter den mit Mosaiken verzierten Gewölbebögen hindurch und über die Marmorbalustrade hinweg nach unten, während ich zum Ende der Galerie hetze. Die weite Plattform liegt oberhalb der Altarapsis mit dem Allerheiligsten hinter der umgestürzten Ikonostasis. Die prächtige Ikonenwand ist kaum mehr als ein wüster Trümmerhaufen aus zerbrochenen Silberrahmen und zerhackten Ikonen.
    Mit dem Rücken zum Goldmosaik mit der Jungfrau Maria mit Jesus auf ihrem Schoß, zu ihrer Rechten Kaiser Ioannis Komnenos, zu ihrer Linken Kaiserin Irene, stelle ich die Tasche mit dem Mandylion neben eine Säule. Dann knie ich mich auf den Boden und lege die gespannte und geladene Armbrust auf die Marmorbrüstung vor mir.
    Es ist so weit, Mehmed! Sprich dein letztes Gebet! Mach deinen Frieden mit Allah!
    Ich lege meinen Finger an den Abzug.

Kapitel 85
    In der Hagia Sophia
29. Mai 1453
Kurz nach zwei Uhr nachmittags
    Starr vor Anspannung hockt Galcerán sich neben mich. Ich kann spüren, dass er zittert.
    »Schaffst du das?«, flüstert er mit bebender Stimme.
    Ich antworte nicht. Kleine Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn. Ich atme langsam aus und schließe die Augen.
    Ich bin so müde! Und so erschöpft!
    Schritte hallen durch die Basilika. Sofort öffne ich die Augen wieder.
    Inmitten seiner Yeniçeriler kommt Mehmed direkt unter mir auf den Kaiserthron zu. Neben einem Bewaffneten, der mit seiner Axt auf den Marmorboden vor dem Altar einhackt, bleibt er stehen und gebietet ihm Einhalt. Der Mann sagt etwas, das ich nicht verstehen kann. Offenbar missfällt es Mehmed, denn er zieht sein Schwert und streckt den Mann nieder. In einer Spur aus Blut wird er aus der Kathedrale geschleift.
    Ein Imam aus Mehmeds Gefolge geht zur Kanzel hinüber, während aus irgendwelchen dunklen Nischen mehrere orthodoxe Priester kommen und sich dem siegreichen Sultan zu Füßen werfen. Mehmed steigt einfach über sie hinweg und geht zu Konstantins Thron hinüber.
    »Schieß doch endlich!«, zischt Galcerán.
    »Noch nicht.«
    »Worauf wartest du?«
    »Galcerán, ich bin päpstliche Gesandte. Ich kann mir vieles erlauben, aber nicht alles.«
    Galcerán sieht mich fragend an.
    »Der Papst reißt mir den Kopf ab, wenn ich in einer Kathedrale töte. Selbst wenn es ein Muslim ist.«
    In der Hagia Sophia wird es plötzlich ganz still, als der Imam auf der Kanzel mit laut widerhallender Stimme die Schahada anstimmt: ›Ashadu an la ilaha illa-llah, wa Muhammadan rasulu-llah. Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Gottes.‹
    »Was sagt er noch?«, flüstert Galcerán neben mir, während der Imam unter uns seinen Text abspult.
    »Sei doch still!«
    Galcerán schnauft. »Was sagt er noch?«, wiederholt er seine Frage.
    Ein echt stures Pack, diese Katalanen!
    »Im Namen Allahs, des allbarmherzigen und mitfühlenden, erklärt der Imam die Hagia Sophia zur Moschee«, murmele ich, ohne den Blick von Mehmed in meinem Visier zu wenden. Der Sultan bleibt mit seinem Gefolge vor dem Altar stehen, keine zwanzig Schritte von mir entfernt. Halil Pa ş a und Zaganos Pa ş a stehen direkt neben ihm.
    Mehmed fährt sich mit den Händen über das Gesicht. Er will beten.
    »Allahu akbar«, spricht Mehmed leise den Takbir, während er die Hände zu seinen Schultern hebt. Darauf folgt die Fatiha, die erste Sure des Korans: »Bism’Allahi ar-rahmani ar-rahím. Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Herrschers am Tage des Gerichts. Möge er dich auf den rechten Weg des Glaubens führen. Auf den Pfad derer, denen er gnädig ist, nicht derer, denen er zürnt, und nicht auf den Weg der Irrenden.«
    Von draußen dringt der Schrei eines kleinen Kindes in die Stille, bricht sich zwischen den Säulen und Kuppeln und hallt durch die Basilika, in der nur ein leises Rascheln zu hören ist, als die Gläubigen zum Gebet niederknien.
    »Jetzt

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