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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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nicht!
    Der Schmerz der Erinnerung überwältigt mich. Keuchend richte ich mich auf und lehne mich mit zitternden Knien gegen Galceráns Katafalk, um nicht vor Schwäche umzukippen.
    Galcerán hat Cesare getötet, als er mir mit seinem letzten Atemzug und mit seinem letzten Herzschlag beistehen wollte. Mit einem einzigen Hieb hat er ihm den Kopf abgeschlagen. Bis vor meine Füße ist er gerollt.
    Stöhnend berge ich mein Gesicht in den Händen. Noch ein Ehemann, der vor meinen Augen starb! Wie viele schon? Drei! Niketas, Yared und Cesare.
    Gott verfluche dich, Galcerán! Du verdammter Verräter!
    Tief durchatmend streiche ich mir über die schweißnasse Stirn, dann beuge ich mich über Galceráns Leichnam, löse die Schnalle seines Schwertgurts und hänge ihn mir über die Schulter.
    Ich versuche, das Schwert zu ziehen, aber die Klinge ist in der Scheide festgefroren.
    Ich überlege, ob ich Galceráns schwarzen Mantel mit dem weißen Johanniterkreuz mitnehmen soll. Er könnte mir nützlich sein bei der Flucht. Nein, ich nehme nur sein Schwert mit, dann gehe ich die steile Treppe zur Kirche hinauf.
    Ein rascher Blick zur verwüsteten Chorapsis: Gil liegt immer noch vor dem Altar und betet.
    Nur fünf Schritte bis zum Portal!
    Mit der Hand am Griff des Dolches husche ich bis zu dem Weihwasserbecken. Dann drehe ich mich leise zum Altar um.
    Gil hat sich aufgerichtet. Er kniet und bekreuzigt sich.
    Gleich wird er sich erheben und dann …

Kapitel 27
    In der Abteikirche
21. Dezember 1453
Gegen halb acht Uhr abends
    Während Gil mit schweren Schritten zum Altar hinaufgeht, weiche ich rückwärts zum Portal zurück. Doch anstatt so schnell wie möglich zu verschwinden, bleibe ich stehen.
    Was tut er denn?
    Gil hebt das Altarkreuz auf und stellt es auf den Altar. Dann geht er zu einem der gusseisernen Kerzenständer hinüber und sammelt die Kerzen ein, die über den Boden verstreut liegen.
    Er sieht nicht in meine Richtung. Aber ich glaube, er weiß, dass ich ihn beobachte.
    Hat er vorhin mein Stöhnen gehört?
    Mit der Hand taste ich nach der Klinke hinter mir. Ganz behutsam drücke ich sie nach unten und ziehe die Tür einen Spaltbreit auf, damit ich unbemerkt hindurchschlüpfen kann. Sofort fegt der Wind den Schnee in die Kirche. Ich halte die Luft an.
    Kein zorniger Aufschrei, keine Schritte.
    Wenn Gil mich gehört hat, reagiert er jedenfalls nicht.
    Leise schiebe ich mich hinaus und lasse die Tür ins Schloss fallen, dann laufe ich über die Terrasse und stoße die Tür zum Dormitorium auf.
    Schnee liegt auf den Steinfliesen. Bestimmt hat Gil ihn hineingeschleppt. Hastig trete ich ein, ziehe mir die Stiefel aus, schüttele den Schnee ab und hetze an den Zellen der Mönche vorbei durch das Dormitorium. Ich reiße die Tür am anderen Ende auf, haste durch den Gang und erreiche das Schlafzimmer des Abtes.
    Das Kaminfeuer ist inzwischen erloschen. Im Raum ist es frostig kalt.
    Geschwind reiße ich mir die nassen Kleider vom Leib, lege sie zusammen und stopfe sie in die Reisetruhe. Den Schlüssel werfe ich auf den Tisch, wobei er zerbricht, weil das ausgerissene Gewinde nicht standhält. Egal, irgendwann wäre Gil sowieso hinter das Geheimnis des Schlüssels gekommen. Dann stolpere ich zum Bett hinüber, schiebe Galceráns Schwert unter die Matratze und den Dolch mit der gefalteten Schatzkarte, die ich in der Scheide verstecke, unter das Kopfkissen. Nackt schlüpfe ich ins Bett, drehe mich auf die Seite und ziehe die Decke hoch bis zum Kinn.
    Gerade noch rechtzeitig, denn Gil stößt die Tür auf und tritt in den Raum!
    Ich schließe die Augen und warte. Langsam kommt er zu mir herüber und bleibt vor meinem Bett stehen. Die Dielen knarren unter seinen Stiefeln, als er sich umwendet und sich im Raum umsieht. Den zerbrochenen Schlüssel kann er unmöglich übersehen.
    Mein Atem geht schwer. Und meine Zähne klappern.
    Gil setzt sich auf den Rand des Bettes und fährt mir über das Haar. »Ich bin wieder da, mein Schatz.«
    Ganz sanft küsst er meine Stirn.
    »¡Por Dios!«, murmelt er und legt seine warme Hand auf meine erhitzte Stirn. »Du hast hohes Fieber.«
    »Gil?«, murmele ich verschlafen.
    »Ja, mein Herz. Ich bin hier.«
    »Mir ist so kalt, Gil«, stöhne ich mit zitternder Stimme. »Ich friere.«
    Er tut es tatsächlich! Er hebt die Bettdecke an und betastet meine kalte Haut. »Du bist ja wirklich ganz kalt.«
    Deine Schlussfolgerung, Gil? Hohes Fieber nach meinem Sturz ins Koma? Oder ein akuter Anfall von

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