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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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einen Spaltbreit auf und spähe hinaus. Stützmauern, die bis in den Himmel hinaufreichen.
    In der Düsternis zwischen den Mauern erkenne ich Spuren im Schnee. Sie führen von … Ich werfe einen Blick auf meine Karte. Sie führen von der Einsiedlergrotte zur Tür des Campanile und wieder zurück.
    Der vierte Mann. Er ist allein.
    Sucht er in den Klosterruinen dort drüben nach dem Mandylion?
    Mein Blick schweift über das zerklüftete Gelände bis zu den eingestürzten Ruinen, und dabei drängt sich mir eine Frage auf. Zwei Trampelpfade, einer zum Campanile, einer zurück zur Grotte. Wie lange ist dieser vierte Mann schon hier? Wahrscheinlich erst wenige Stunden! Wie ich scheint er die Abtei zu erforschen …
    Der vierte Mann ist kein Johanniter!, schießt es mir durch den Kopf. Er gehört nicht zu Gil, Lionel und Adrian. Nicht der Großmeister hat ihn geschickt, sondern …
    Mir stockt der Atem.
    … entweder Sultan Mehmed …
    … oder Papst Nikolaus …
    Der Schäfer, der mich vor vier Tagen erkannt hat, kann es trotz des Schneesturms bis Orvieto geschafft haben. Wenn Gil ihn nicht getötet und im Schnee verscharrt hat.
    Gil fürchtet die Rache des Papstes, der ihn und seine Henkersknechte Christi exkommunizieren wird, wenn er herausfindet, was geschehen ist.
    Nein, der vierte Mann ist nicht vom Papst entsandt worden, um mich zu suchen und nach Orvieto zu bringen. Er hätte Kontakt zu mir aufgenommen, nachdem er mich beobachtet hat, und würde sich jetzt nicht vor mir verstecken. Nein, er ist nicht hier, um mich zu retten, sondern …
    Gott steh mir bei!
    Vier Gegner – drei wollen das Mandylion, einer will mich.
    Mehmed muss wirklich wütend auf mich sein.
    Ich muss unbedingt das Mandylion finden. Und dann so schnell wie möglich verschwinden. Auf dem Weg, den der vierte Mann genommen hat, um unbemerkt von den Johannitern in die Abtei zu gelangen.
    Ein letzter Blick auf die Karte: Das Kreuz befindet sich in der Nähe der Einsiedlergrotte. Ich stecke die Karte ein und mache mich auf den Weg.
    In den Spuren des Assassinos stapfe ich zwischen den hohen Stützmauern hindurch und gehe einige Stufen hinunter zur Grotte, die mit einer Steinwand zugemauert und durch eine niedrige Holztür aus dicken Eichenbohlen versperrt ist.
    Die Pforte ist verschlossen. Ohne ein Brecheisen komme ich nicht hinein.
    Und ohne ein Schwert. Denn die Spuren des Assassinos enden vor dieser Tür.
    Also gut. Ich werde einen Fluchtweg suchen über die Flanke des Berges hinunter zur Templerkomturei im Tal.
    Ich folge den Spuren durch die unübersichtlichen Ruinen der alten Abteigebäude und suche nach einem Weg zwischen eingestürzten Wänden aus Bruchstein und finsteren Torbögen, die nirgendwohin führen. Wo zwischen den Trümmern kein Schnee liegt, knistert das gefrorene Gras unter meinen Stiefeln wie knackende Glasscherben.
    Langsam, Sandra! Nur nicht stolpern und stürzen! Und leise! Der Assassino kann dir in jeder finsteren Nische auflauern. Er hat ein Schwert – du nicht!
    Ich betrete einen überwölbten Gang und habe das seltsame Gefühl, eine finstere Höhle zu betreten. Ich taste mich immer weiter durch die Dunkelheit und höre nichts außer meinen eigenen Schritten auf den geborstenen Steinfliesen. Ich halte den Atem an.
    Der Gang weitet sich zu einem hohen Gewölbe, das zum größten Teil eingestürzt ist. Über die Trümmer hinweg klettere ich hinüber zum Abgrund, lehne mich über einen Mauerrest und spähe hinunter.
    Ein eiskaltes Kribbeln rieselt über meinen Rücken.
    Großer Gott, da ist kein Weg. Nur ein steiler Felsabbruch und die verschneiten Baumwipfel von Bergkiefern. Der Assassino ist über den nackten Fels heraufgestiegen.
    Ich starre in den Abgrund. Da komme ich niemals hinunter.
    Ein Geräusch lässt mich aufhorchen.
    Ein leises Knirschen im verharschten Schnee. Hinter mir.
    Nicht bewegen. Und nicht atmen, denn die weiße Atemwolke kann mich verraten.
    Ich lausche angestrengt.
    Endlose Augenblicke vergehen, ohne dass etwas geschieht.
    War das der Wolf?
    Da ist es wieder! Ein leises Sirren, als ob er sein Schwert aus der Scheide zieht. Bei Frost kann die Klinge manchmal in der Scheide festfrieren. Dann entsteht so ein Geräusch.
    Jetzt kommt er langsam auf mich zu.
    Hastig blicke ich mich um, aber ich kann ihn im Schneegestöber nirgendwo erkennen.
    Zeit zu verschwinden.
    Auf allen vieren krieche ich zurück zwischen die Ruinen der Abtei, richte mich auf und flüchte um eine Geröllhalde herum zur Einsiedlergrotte.

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