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Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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Lungenentzündung gestorben, so viel war klar. Mir sind aber ein paar ältere Verletzungen aufgefallen. Zwei Finger waren nach Knochenbrüchen schief verheilt, und sie hatte ein paar ältere blaue Flecken. Die Obduktion hat dann aufgedeckt, dass ihr Mann sie jahrelang schwer misshandelt hat. Er sitzt jetzt im Gefängnis.«
    »Was für ein Dreckskerl.«
    Theo winkte der Bedienung und bestellte zwei weitere Tassen Kaffee.
    »Darum sind Sie also einfach losgezogen und haben Bergman einen Besuch abgestattet. Was haben Sie sich davon versprochen?«
    »Na, zum einen habe ich jetzt die Bestätigung, dass Anna tatsächlich bei ihm war. Das hat er ja auch gar nicht geleugnet.«
    »Schlau von ihm. Immerhin hätte sie jemand gesehen haben können.«
    Theo nickte.
    »Und zum anderen?«, bohrte Hanna nach.
    »Ich dachte, wenn ich ihm begegne, dann würde ich irgendwie merken, ob er was mit Annas Tod zu tun hat.«
    »Und? Hat es funktioniert?«
    »Ich glaube schon.«
    Als sie vor die Tür auf den kleinen katzenkopfgepflasterten Platz traten, hörten sie, wie der Organist in der Kirche »Oh du fröhliche« spielte. Er übte noch einmal für den Heiligen Abend. »Kommen Sie, das müssen Sie sich anhören«, sagte Theo und schob Hanna noch einmal in die Kirche.
    Die Orgel stammte aus dem 18. Jahrhundert und war für eine so kleine, eigentlich unbedeutende Kirche außerordentlich respektabel. »Jetzt«, sagte Theo, »jetzt kommt es.« Und in die letzte Strophe von »Oh du fröhliche« mischte sich auf einmal ein wundersames, helles Glockenklingeln. Als würden winzige Engel mit kristallenen Glöckchen winken. Ein flirrender, wortloser Jubelgesang. »Da oben«, wisperte Theo, und Hanna konnte sehen, wie sich in der Mitte der Orgel eine kleine goldene Sonne drehte, die mit dem Glockenspiel verbunden war. Hanna schwieg ergriffen.
    »Kaum zu glauben, dass morgen schon Heiligabend ist«, plauderte Theo, als sie wieder vor der Tür standen.
    »Tja«, sagte Hanna, »ich allerdings habe den Tag vor über zwanzig Jahren aus meinem Terminkalender gestrichen.«
    »Wie schade.« Theo hatte Weihnachten schon immer großartig gefunden. »Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch trotzdem einfach bei mir vorbei. Wir sind ein ziemlich bunter Haufen. May, meine rechte Hand, und ihre Tochter Lilly. Ihre Vorgängerin und Institutsfaktotum, Fräulein Huber. Und mein Freund Lars bringt meist einen bis fünf Überraschungsgäste mit, die er irgendwo aufgesammelt hat. Letztes Jahr hat er einen liebeskranken Matrosen aus Novosibirsk angeschleppt, der uns gnadenlos mit Wodka abgefüllt hat.« Er lachte. »Also alles eher unkonventionell – bis auf das Essen.«
    »Gans und Rotkohl?«, fragte Hanna hoffnungsvoll.
    »Kartoffelsalat und Würstchen«, musste Theo gestehen.
    »Ist ja auch was Feines.« Hanna wirkte trotzdem enttäuscht.
    »Ich würde mich sehr freuen«, sagte Theo. »Wirklich.«
    Sonntag, 9. Mai 1943
    In der nächtlichen Dunkelheit glühte eine Zigarette auf. »Darf ich Ihnen auch eine anbieten?«, fragte die Stimme, von der Anna wusste, dass sie Sven von Vries gehörte.
    »Nein, vielen Dank.«
    »Noch zu jung zum Rauchen, wie?«
    Anna würdigte ihn keiner Antwort.
    Er lachte leise. »Verzeihen Sie, das war jetzt nicht sehr nett. Wenn ich Ihnen keine Zigarette anbieten kann, dann vielleicht ein bisschen Gesellschaft.«
    »Warum nicht.« Sie seufzte. »Ich kann sowieso nicht schlafen.« Sie setzte sich neben ihn auf die steinerne Treppe. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, und sie konnte vage sein Profil erkennen. »Ohne diesen schrecklichen Bart würden Sie viel besser aussehen.«
    Er lachte und strich über sein Bärtchen. »Kann sein. Aber darum geht es nicht.«
    »Wollen Sie damit Ihre Führertreue demonstrieren?« Sie konnte nichts dagegen tun, dass ihre Stimme geringschätzig und aggressiv klang. Sie hatte die ganzen hitlerbärtigen Kollegen ihres Vaters nicht ausstehen können. Aufgeblasene Wichtigtuer.
    Er wandte sich ihr zu. »Ganz genau«, sagte er. Sein amüsierter Tonfall verwirrte sie, sodass sie sitzen blieb, obwohl sie mit einem Nazi so wenig wie möglich zu tun haben wollte.
    Er rauchte schweigend weiter. »Bei jemandem mit einem solchen Bart stellt man die Gesinnung nicht so schnell infrage«, sagte er nach einer Weile. Dann schnippte er die Zigarette in hohem Bogen in die Nacht, wo sie wie ein winziger Komet verglühte.

Kapitel 10
     
    Stille Nacht
     
    Mittwoch, 24. Dezember 2008
    An diesem Morgen trieb es Theo

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