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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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knurrte Leofric. Darauf erhob er die Stimme und rief dem Steuermann zu: «Position halten und beidrehen!» Es war nicht leicht, die Heahengel in der tückischen Strömung zu halten, doch die vereinten Kräfte unserer Ruderer drehten das Schiff auf der Stelle. Ich vermutete, dass Leofric auf die anderen Schiffe warten wollte, damit wir gemeinsam von Bord gehen konnten. Tatsächlich aber hatte er es auf eine flache Landzunge aus Sand und Schlick abgesehen, die vom Ufer aus ins Haff hineinragte. Dort wollte er anlanden, um zu verhindern, dass sich unsere ersten Männer, die von Bord gingen, sofort dem Schildwall der Dänen gegenübersahen, der aus sieben Schiffsmannschaften bestand. Die Sandbank war so schmal, dass höchstens vier Männer Schulter an Schulter darauf Platz fanden. Wenn es dort zum Kampf käme, wären die Kräfte gleich stark. «Zum Sterben, Earsling, ist diese Stelle allemal gut genug», sagte er zu mir und führte mich ins Vorschiff. Alfred eilte uns nach. «Wartet!», knurrte Leofric den König so wild an, dass dieser sofort gehorchte. «Auflaufen!», brüllte Leofric dem Steuermann zu. «Jetzt!»
    Ragnar war tatsächlich an Bord der Windviper. Er sah seinem Vater so ähnlich, dass ich mich, als ich ihn erkannte, in meine Kindheit zurückversetzt fühlte.
    «Bist du bereit, Earsling?», fragte Leofric. Er hatte ein halbes Dutzend seiner besten Kämpfer im Vorschiff um sich geschart, während die Bogenschützen hinter uns in Stellung gingen und auf die Dänen anlegten, die durch tiefen Schlick auf uns zuliefen. Kaum hatte unser Kiel aufgesetzt, sprangen wir von Bord ins Wasser, das uns bis zu den Knien reichte. Augenblicklich hatten wir die Schilde aneinander gelegt und einen Schildwall errichtet. Ich griff nach meinem Wespenstachel, als die ersten Dänen vor uns standen.
    «Tötet sie!», brüllte Leofric. Ich stieß meinen Schild nach vorn, und krachend schlug der Eisenbuckel gegen Lindenholz. Eine Axt fuhr von oben auf mich herab, doch ein Mann hinter mir wehrte sie mit seinem Schild ab, und ich, tief gebückt, stach mit meiner Klinge zu, traf aber gleichfalls nur auf Holz. Ich zerrte meine Saxe frei, stocherte erneut und spürte plötzlich einen heißen Schmerz im Knöchel, als eine Klingenspitze unter Wasser in meinen Stiefel drang. Blut wirbelte auf, doch ich stand fest und sicher auf den Beinen und warf mich nach vorn. Über uns kreischten die Möwen, und es kamen immer mehr Dänen. Aber auch unsere Reihen wurden dichter. Manche standen bis zur Hüfte im Wasser. Der Kampf war jetzt kaum mehr als ein Schieben der Schildwälle, denn es fehlte der Raum, um eine Waffe zu schwingen. Überall war Stöhnen und Ächzen. Leofric stand neben mir und feuerte uns brüllend an. Wir warfen uns nach vorn und drängten den Feind zurück, auf den die Pfeile unserer Bogenschützen einnagelten. Ich spürte meinen Wespenstachel durch Leder oder Kettenmaschen dringen, drehte die Klinge im Fleisch hin und her und zog sie zurück, stemmte mich, den Kopf eingezogen, in meinen Schild und stach immer wieder zu. Es war ein blindwütiges Gemetzel. Unter mir ertrank ein Mann, am ganzen Leib zuckend, im aufgewühlten Blutwasser. Ich nehme an, dass wir brüllten, doch ich erinnere mich kaum. Ich erinnere mich nur an dieses Schieben, den Gestank, die verzerrten bärtigen Gesichter, die Wut. Dann rammte die Cristenlic ihren Bug in die Reihe der kämpfenden Dänen und zerquetschte Männer unter sich, während die Besatzung, mit Schwertern, Speeren und Äxten bewaffnet, wie eine Woge von Bord schwappte. Ein drittes Schiff glitt mit weiteren Kämpfern herbei. Ich hörte Alfred hinter mir schreien. Er trieb uns an, den Wall des Gegners zu sprengen und aufzureiben. Ich rammte einem Mann den Wespenstachel ins Bein und brachte ihn mit meinem Schild zu Fall. Als ich über ihn hinweg stieg, versuchte er, mich von unten zu treffen, doch Leofric schlug mit der Axt zu und verwüstete sein Gesicht. «Vorwärts!», brüllte Leofric, und plötzlich war der Widerstand gebrochen. Sie liefen davon.
    Wir hatten sie nicht geschlagen. Die Dänen nahmen nicht vor unseren Schwertern und Speeren Reißaus, sie rannten zu ihren Schiffen zurück, die von der Flut wieder frei gespült worden waren und abzudriften drohten. Wir stürmten ihnen nach, genauer gesagt, ich humpelte ihnen nach, weil mein rechter Knöchel schmerzte. Wir hatten allerdings immer noch nicht genügend Männer an Land, um die Dänen überwältigen zu können, die nun wieder in ihre

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