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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Schiffe kletterten. Nur eine Mannschaft, bestehend aus den tapferen Kämpfern, blieb auf der Sandbank, um uns aufzuhalten.
    «Bist du verletzt, Earsling?», fragte Leofric.
    «Nicht der Rede wert», erwiderte ich.
    «Bleib zurück», befahl er mir und ließ die Männer der Heahengel erneut einen Schildwall formen. Auch Alfred war dabei, als sie gegen die tapferen Gegner vorrückten. Mit seiner prächtigen, glänzenden Rüstung stach er als hoher Herr deutlich hervor, was die Dänen aber nicht dazu verleiten konnte, ihre Schiffe im Stich zu lassen, um ihn zu töten. Hätte Alfred jedoch unter dem Drachenbanner gekämpft und sich somit als König zu erkennen gegeben, wären sie wahrscheinlich geblieben und hätten versucht, uns zu schlagen und ihn zu töten oder gefangen zu nehmen. Den Dänen lag viel daran, ihre Schiffe und Mannschaften zu schützen, und so hatten sie auch jetzt nichts Eiligeres zu tun, als sich in Sicherheit zu bringen. Dazu waren sie bereit, eines ihrer Schiffe zu opfern. Und es war nicht die Windviper, denn die wurde gerade mit wuchtigen Ruderschlägen, die ebenso viel Sand wie Wasser aufwirbelten, in die Fahrrinne gesteuert. Ich schlug einen Bogen um unseren kämpfenden Schildwall, rannte durch das seichte Wasser auf die Windviper zu und schrie: «Ragnar! Ragnar!»
    Pfeile zischten an mir vorbei. Einer traf meinen Schild, ein anderer streifte meinen Helm, was mich darauf aufmerksam machte, dass mich Ragnar unter diesem Helm nicht erkennen würde. Ich ließ den Wespenstachel fallen und hob den Helm vom Kopf. «Ragnar!»
    Es kamen keine Pfeile mehr. Hinter mir krachten die Schildwälle aufeinander, Männer starben, die meisten Dänen entkamen, und vor mir sah ich Graf Ragnar, der mich von seinem davonziehenden Schiff aus anstarrte. Ich konnte seine Miene nicht deuten, aber er hatte seinen Bogenschützen befohlen, nicht mehr auf mich zu schießen, und dann legte er die Hände wie einen Trichter an den Mund und rief: «Morgen Abend!» Dann tauchten die Ruderblätter ins Wasser. Die Windviper drehte bei und flog dem offenen Meer entgegen.
    Ich zog den Wespenstachel aus dem Schlamm und eilte zurück, doch der Kampf war vorüber. Unsere Mannschaften hatten die eine dänische Schiffsbesatzung abgeschlachtet, nur eine Hand voll Kämpfer war auf Alfreds Befehl hin verschont worden. Alle anderen lagen im steigenden Wasser. Wir sammelten die Rüstungen und Waffen ein, zogen ihnen die Kleider aus und überließen sie den Möwen. Ihr Schiff, ein altes, leckes Boot, schleppten wir nach Hamtun.
    Alfred war zufrieden. Er hatte zwar sechs Schiffe entkommen lassen, aber dennoch einen Sieg errungen, und die Nachricht darüber ermutigte seine Truppen, die im Norden kämpften. Einer seiner Priester verhörte die Gefangenen und schrieb auf, was sie sagten. Auch Alfred stellte ein paar Fragen, die der Priester übersetzte, und als der König alles erfahren hatte, was zu erfahren war, kam er zu mir ans Steuerruder und blickte auf meinen blut- verschmierten rechten Stiefel. «Du hast gut gekämpft, Uhtred», sagte er.
    «Wir haben schlecht gekämpft, Herr», entgegnete ich, und so war es. Der feindliche Schildwall hatte standgehalten, und wenn die Dänen nicht davongelaufen wären, um ihre Schiffe zu retten, hätten sie uns wahrscheinlich in die See zurückgedrängt. Auch ich war nicht gut gewesen. Es gab Tage, da ich mich mit Schwert und Schild ungeschickt anstellte und der Feind schneller zu sein schien, und das war so ein Tag. Ich war unzufrieden mit mir.
    «Du hast mit einem von ihnen gesprochen», tadelte mich Alfred. «Ich habe dich gesehen. Du sprachst mit einem dieser Heiden.»
    «Ich habe ihn beschimpft, Herr», erwiderte ich, «und gesagt, dass seine Mutter eine Hure sei, sein Vater Auswurf der Hölle und seine Kinder Wieseldreck.»
    Der König verzog das Gesicht. Er war kein Feigling und wusste um die Wut, mit der gekämpft wurde, wollte aber solche Schmähungen nicht hören. Ich glaube, er hätte den Krieg gern anständiger gehabt. Er schaute aufs Kielwasser, das im Licht der untergehenden Sonne rötlich schimmerte. «Das Jahr in meinen Diensten, das du mir versprochen hast, wird bald zu Ende sein», sagte er.
    «So ist es, Herr.»
    «Ich bete, dass du bei uns bleibst.»
    «Wenn Guthrum angreift», sagte ich, «wird er mit einer Flotte kommen, die den Horizont verdunkelt, und unsere zwölf Schiffe werden einfach zerquetscht.» Womöglich, so dachte ich, hatte er genau darüber mit Leofric gestritten, der es

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