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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ansiedelte. «Aber er hat Mildrith einen schönen Besitz hinterlassen. Ein Landgut in der Nähe von Exanceaster.»
    «Eine Vogtstochter», wiederholte ich. «Nicht die Tochter eines Aldermanns?»
    «Sie ist, glaube ich, sechzehn», sagte Beocca und blickte auf die Steilküste im Osten.
    «Sechzehn», erwiderte ich bissig, «und noch unverheiratet, was darauf schließen lässt, dass sie aussieht wie ein Madensack.»
    «Darauf kommt es nicht an.»
    «Ihr müsst ja auch nicht mit ihr schlafen», sagte ich. «Und fromm ist sie wohl auch noch?»
    «Sie ist, was ich gern bestätige, eine tief gläubige Christin.»
    «Habt Ihr sie gesehen?», fragte ich. «Nein», gestand er, «aber Alfred hat mit ihr gesprochen.» «Es ist also seine Idee.»
    «Er legt Wert darauf, dass seine Männer eine feste Bleibe haben und mit dem Land verwurzelt sind.»
    «Ich zähle nicht zu seinen Männern, Pater. Ich bin Uhtred von Bebbanburg, und die Herren von Bebbanburg heiraten keine hässlichen frommen Kühe von niederer Herkunft.»
    «Du solltest sie kennen lernen», bedrängte mich Beocca. «Verheiratet zu sein ist etwas Schönes, Uhtred, von Gott gewollt, damit wir glücklich sind.»
    «Wie könnt Ihr das wissen?»
    «Es ist so», beharrte Beocca.
    «Ich bin glücklich», sagte ich. «Ich habe meinen Spaß an Brida, und ich kämpfe gegen die Dänen. Sucht Euch für Mildrith einen anderen Mann. Warum heiratet Ihr sie nicht selbst? Ihr seid jetzt um die dreißig, Pater. Wenn Ihr nicht bald heiratet, werdet Ihr womöglich als Jungfrau ins Grab sinken. Ihr seid doch noch Jungfrau, oder?»
    Beocca wurde rot, musste mir aber nicht antworten, weil in diesem Moment Leofric mit finsterem Blick auf uns zukam. Er machte stets einen grimmigen Eindruck, wirkte jetzt aber noch wütender als sonst. Anscheinend hatte er mit Alfred gestritten und das Nachsehen gehabt. Der König, der nun ebenfalls das Steuerdeck erreichte, trug auf seinem langen Gesicht eine gelassene Miene zur Schau. Ihm folgten zwei Priester mit einer Pergamentrolle, Tinte und Schreibfedern, und ich sah, dass Aufzeichnungen gemacht worden waren. «Was, Uhtred, sind deiner Meinung nach die für ein Schiff wichtigsten Ausrüstungsgegenstände?», fragte mich Alfred, worauf einer der Priester seinen Gänsekiel ins Tintenfass tauchte, um mitschreiben zu können, plötzlich aber schwankte, weil das Schiff von einer schweren Welle getroffen wurde. Weiß der Himmel, wie die Schrift des Priesters an diesem Tag ausgesehen haben mochte. «Sind es die Segel?», fragte Alfred. «Speere, Schilde, Ruder?»
    «Eimer», antwortete ich.
    «Eimer?» Weil er glaubte, ich wolle mir einen Scherz mit ihm erlauben, bedachte er mich mit einem strafenden Blick.
    «Eimer zum Wasserschöpfen», erklärte ich und nickte in Richtung der Heahengel, wo vier Männer damit beschäftigt waren, das Wasser aus der Bilge zu schöpfen, wobei ein Gutteil auf den Ruderern landete. «Es wäre gut, Herr, wenn wir unsere Schiffe besser abdichten könnten.»
    «Notiert das», forderte Alfred die beiden Priester auf und stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Sandbank in die Bucht zu blicken, wo die feindlichen Schiffe gesichtet worden waren.
    «Die werden längst weg sein», knurrte Leofric.
    «Ich hoffe nicht», entgegnete Alfred.
    «Die Dänen warten nicht auf uns», sagte Leofric. Er war schlecht gelaunt, so schlecht, dass er sich erdreistete, den König anzuknurren. «Das sind keine Narren», fuhr er fort. «Sie gehen an Land, plündern und verschwinden wieder. Sie sind mit der Ebbe davon gesegelt.» Mittlerweile hatte die Flut eingesetzt und strömte uns entgegen. Ich habe die Gezeiten in dem lang gezogenen Meeresarm vor Hamtun nie richtig verstanden, denn es kam hier doppelt so häufig zu Hochwasser wie an anderen Küsten. Die Gezeiten vor Hamtun folgten anscheinend ihrer eigenen Regel, es sei denn, sie waren von den vielen Strömungen durcheinander gebracht.
    «In der Dämmerung waren die Heiden da», sagte Alfred.
    «Und sind inzwischen meilenweit entfernt», sagte Leofric. Er redete mit Alfred wie mit einem Seemann, ohne jeden Respekt, woran sich Alfred jedoch nicht zu stören schien. Er kannte Leofrics Wert.
    Doch an diesem Tag irrte sich Leofric. Die Wikingerschiffe waren nicht fort. Sie lagen immer noch vor Heilincigae, alle sieben, gefangen in der unberechenbaren Gezeitenfalle, und warteten auf die Flut. Wir aber waren früher zur Stelle und erreichten das vom Meer abgeschnittene Haff über eine schmale

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