Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
obwohl der Feind von allen Seiten auf sie einschlug, drängten unsere Männer weiter vor. Die Mitstreiter hinter ihnen schienen zu spüren, dass Aldermann Uhtred den Widerstand erfolgreich gebrochen hatte, denn plötzlich stürmten sie brüllend herbei, um dem umzingelten Keil beizustehen.
    «Gott sei gepriesen», sagte Beocca, als die Dänen die Flucht ergriffen. Hatten sie soeben noch einen waffenstarrenden Schildwall gebildet, stoben sie nun auseinander und verschwanden in der Stadt, von unseren Männern mit Erleichterung darüber gehetzt, noch am Leben zu sein.
    «Langsam jetzt», sagte Beocca. Er lenkte sein Pferd nach vorn und führte meins am Zügel.
    Die Dänen waren verschwunden. Stattdessen war der Erdwall schwarz von unseren Kämpfern, die sich durch die Lücke im Bollwerk zwängten und in die Straßen und Gassen dahinter ausschwärmten. Die drei Fahnen - der Wolfskopf meines Vaters, A Ella Streitaxt und Osberts Kreuz - wehten innerhalb von Eoferwics Befestigungsanlage. Ich hörte die Männer johlen und trieb mein Pferd so heftig an, dass sich der Zügel aus Beoccas Griff löste.
    «Komm zurück!», rief er mir nach, doch obwohl er mir folgte, versuchte er nicht, mich zurückzuhalten. Wir hatten mit Gottes Hilfe den Sieg errungen, und ich wollte nahe genug herankommen, um den Geruch der Schlacht wahrzunehmen.
    Unsere Männer verstopften die Lücke im Wall, aber ich trat meinem Pferd in die Flanken und trieb es durch die Menge. Einige Männer schimpften, doch als sie das vergoldete Bronzeband auf meinem Helm erblickten und erkannten, dass ich von hoher Geburt war, machten sie mir den Weg frei, während Beocca in der Menge stecken blieb und mir zurief, dass ich auf ihn warten solle. «Komm nach!», rief ich zurück.
    Dann hörte ich ihn wieder rufen, aber dieses Mal klang aus seiner Stimme Angst und Entsetzen. Als ich mich umdrehte, sah ich die Dänen über das Feld stürmen, auf dem unsere Truppen vorgerückt waren. Die Horde war offenbar durch das Nordtor der Stadt ausgebrochen, um uns den Rückzug abzuschneiden, und dass wir dazu genötigt sein würden, schienen die Dänen zu wissen, denn es sah so aus, als könnten sie doch Wälle bauen und hätten sie innerhalb der Stadt quer über die Straßen errichtet. Die Verteidiger in der Lücke des Palisadenwalls hatten ihre Flucht nur vorgetäuscht, um unsere Männer in die Falle zu locken. Manche Dänen, die jetzt über das Feld kamen, waren beritten, die meisten jedoch zu Fuß, und Beocca geriet in Panik. Dafür habe ich Verständnis. Die Dänen finden besonderen Gefallen daran, christliche Priester zu töten, und Beocca muss seinen Tod vor Augen gehabt haben. Weil er aber nicht als Märtyrer sterben wollte, riss er sein Pferd herum und galoppierte am Ufer des Flusses davon. Die Dänen ließen ihn laufen; sie kümmerten sich nicht um das
    Schicksal eines einzelnen Mannes, wo doch so viele in der Falle saßen.
    Es ist wohl in den meisten Heeren so, dass, während die tapferen Männer vorne marschieren, die ängstlicheren und diejenigen mit den schwächsten Waffen in den hinteren Reihen nachrücken. Wenn also der Feind einem solchen Heer in den Rücken fällt, gibt es ein Massaker.
    Heute bin ich ein alter Mann, und ich habe im Laufe der Zeit häufig Truppen in Panik geraten sehen. Diese Panik ist schlimmer als der Schrecken eingepferchter Schafe, über die Wölfe herfallen, wilder als das Zappeln von Lachsen, die, im Netz gefangen, aus dem Wasser gezogen werden. Der Lärm reicht, um die Himmel aufzureißen, doch für die Dänen war es an diesem Tag der süße Klang des Sieges. Für uns war es der Untergang.
    Ich versuchte zu entkommen. Gott weiß, auch ich geriet in Panik. Ich hatte Beocca entlang der Weiden am Flussufer davon galoppieren sehen und wollte ihm folgen. Doch plötzlich griff einer der unseren nach dem Zügel meiner Stute, offenbar um mir das Pferd zu entreißen, sodass ich mein Schwert zog und auf ihn einschlug. Es gelang mir zwar, dem panischen Haufen zu entkommen, doch kam ich nur den Dänen und ihren schreienden Gegnern in die Quere, die sich vergeblich der Dänen und ihrer Äxte und Schwerter zu erwehren suchten. Handwerk des Grauens, Blutschmaus, das Lied der Klinge - so nennen sie, was sie dort anrichteten. Vielleicht blieb ich nur deshalb verschont, weil ich der Einzige von uns war, der auf einem Pferd saß und deshalb für einen der ihren gehalten wurde. Dann aber rief mir einer dieser Dänen etwas in einer Sprache zu, die ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher