Das letzte Koenigreich
werden wir weitere Schiffe in Brand stecken, auch wenn die Dänen das zu verhindern suchen.» Ich deutete auf das Flussufer, zeigte, auf welchem Weg sie von ihrem Lager zur Anlegestelle ihrer Schiffe laufen würden. «Wenn alle Dänen dort am Strand zwischen Fluss und Moor sind, fallt Ihr ihnen mit Eurem Fyrd in den Rücken.»
Den Blick auf die Schiffe gerichtet, dachte Odda über meinen Vorschlag nach. Näher liegend war ein direkter Angriff über den Südhang des Hügels. Dann käme es zum unmittelbaren Aufeinanderprallen zweier Schildwälle, unsere neunhundert Männer gegen ihre zwölfhundert Männer. Zu Anfang wären wir im Vorteil, weil ein Großteil von Ubbas Kriegern rings um den Hügel aufgestellt war und es sie Zeit kosten würde, sich den dänischen Reihen anzuschließen. Wir könnten unseren Vorsprung nutzen und tief in das Feindeslager vordringen, würden bald aber von allen Seiten angegriffen und am Ende, weil wir zahlenmäßig unterlegen waren, überwältigt werden.
Wenn es mir aber gelänge, die Schiffe in Brand zu setzen, würden die Dänen versuchen, mich aufzuhalten. Ich hätte sie auf den schmalen Uferstreifen zwischen Fluss und Moor gelockt und könnte sie, wenn mir Leofric mit hundert Männern zu Hilfe käme, aufhalten, bis Odda von hinten dazu stieße. Dann säßen die Dänen in der Falle, eingekesselt zwischen Odda, meinen Männern, dem Moor und dem Fluss. Sie säßen genauso in der Falle wie damals die Northumbrier vor Eoferwic, die den Fehler gemacht hatten, ihre Streitkräfte aufzuteilen.
«Es könnte gelingen», sagte Odda zögernd.
«Gebt mir fünfzig Männer», drängte ich. «Und jung sollen sie sein.» «Jung?»
«Sie müssen schnell sein und die Schiffe erreicht haben, ehe die Dänen zur Stelle sind.» Ich gab mich zuversichtlich, was ich aber in Wirklichkeit nicht war, und weil er nicht antwortete, fügte ich hinzu: «Gewinnt diesen Kampf, Herr», ich nannte ihn «Herr», nicht weil er im Rang höher stand, sondern weil er älter war als ich. «Dann werdet Ihr Wessex gerettet haben und von Alfred reich belohnt werden.»
Er dachte über meine Worte nach. Vielleicht war es die Aussicht auf Belohnung, die ihn schließlich überzeugte, denn er nickte und sagte: «Ihr könnt Euch auf meine fünfzig Männer verlassen.»
Ich verdankte Ravn viele gute Ratschläge. In dieser Nacht aber erinnerte ich mich vor allem an jenen einen Rat, den er mir bei unserer ersten Begegnung erteilt hatte. Er war mir noch gut in Erinnerung.
Leg dich nie, niemals mit Ubba an.
Die fünfzig Männer wurden von einem Landvogt namens Edor angeführt, einem Mann, der so hart wie Leofric war und wie dieser schon in großen Schildwällen gekämpft hatte. Seine bevorzugte Waffe war ein kurzer Jagdspieß, obwohl er auch ein Schwert an der Seite trug. Dieser Spieß sei, wie er sagte, so schwer und fest, dass man ein Kettenhemd damit durchbohren, ja, sogar Schilde zertrümmern könne.
Wie Leofric so war auch Edor mit meinem Vorschlag sofort einverstanden. Ich hatte mit ihrer Zustimmung gerechnet, doch im Nachhinein wundert es mich, dass die
Schlacht am Cynuit nach dem Plan eines Zwanzigjährigen ausgefochten wurde, dem es an Erfahrung mangelte. Immerhin war ich kräftig und groß, ein Herr, unter Kriegern aufgewachsen, und ich besaß die überhebliche Zuversicht eines Mannes, der zum Kampf geboren war. Ich bin Uhtred, der Sohn Uhtreds und Enkel eines weiteren Uhtred, und wir hatten Bebbanburg und unsere Ländereien nicht halten können, indem wir vor Altären wimmerten. Wir sind Krieger.
Edors Männer und meine sammelten sich hinter dem östlichen Festungswall des Cynuit, wo sie warten sollten, bis das erste Schiff in Flammen aufging. Leofric bildete mit der Mannschaft der Heahengel die rechte Flanke, was ich so wollte, weil auf sie Ubbas Angriff zielen würde, wenn er am Flussufer über uns herfiele. Edor und die Männer von Defnascir standen auf der linken Seite. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, dafür zu sorgen, dass das Feuer des einen Schiffes auch auf andere übergriff. «Wir werden nicht versuchen, die ganze Flotte in Brand zu setzen, es reicht, wenn vier oder fünf Schiffe brennen», sagte ich. «Das wird die Dänen wie Bienen herbeischwärmen lassen.»
«Bienen haben einen Stachel», bemerkte eine Stimme aus dem Hintergrund.
«Hat jemand Angst?», fragte ich verärgert. «Grund zur Angst haben allein die Dänen. Ihnen ist Unheil vorhergesagt. Sie ahnen ihre Niederlage und fürchten nichts mehr als den
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