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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Maul weniger zu stopfen», freute sich Ragnar. «Jetzt frag die anderen, wie viel es zu essen gibt.»
    Blutüberströmt und am ganzen Leib zuckend, rang der Alte mit dem Tod. Sterbend strafte er mich mit seinem Blick. Verängstigt, wie sie waren, wagte es keiner der anderen, ihm zu helfen. «Wie viel habt ihr zu essen?», fragte ich.
    «Lebensmittel sind vorhanden, Herr», antwortete einer der Mönche.
    «Wie viel?», verlangte ich zu wissen. «Genug.»
    «Er sagt, es gebe genug», erklärte ich Ragnar.
    «Wie gut sich doch mit einem Schwert die Wahrheit aufdecken lässt», meinte Ragnar. «Frag den Mönch, wie viel Silber seine Kirche hat.»
    Der Mönch beeilte sich zu sagen, dass wir selbst nachschauen und nehmen sollten, was wir fänden, alles sei unser. Ragnar lächelte wieder, als ich ihm die gestammelten Worte übersetzte. «Er lügt, oder?»
    «Tut er das?»
    «Er lässt uns suchen, weil er weiß, dass wir nichts finden werden. Sie haben also ihren Schatz versteckt oder weggeschafft. Frag ihn, ob sie ihr Silber versteckt haben.»
    Als er meine Frage hörte, errötete der Mönch. «Wir sind eine arme Kirche und haben nur wenig Vermögen.» Während ich seine Antwort übersetzte, starrte er uns aus weit aufgerissenen Augen an. Als dann Ragnar auf ihn zutrat, sprang er auf und versuchte davonzulaufen. Doch er stolperte über seine Kutte und stürzte zu Boden. Der Herzbrecher durchbohrte sein Rückgrat, worauf er zappelnd wie ein an Land gezogener Fisch starb.
    Natürlich gab es Silber, und es war vergraben. Das sagte uns ein anderer Mönch. Seufzend wischte Ragnar seine Klinge an der Kutte des toten Mönches ab und sagte nachdenklich: «Wie dumm diese Kerle sind. Hätten sie die Wahrheit gesagt, wären sie noch am Leben.»
    «Aber angenommen, es gibt tatsächlich keinen Schatz?», fragte ich.
    «Dann waren ihre letzten Worte wahr», antwortete
    Ragnar und fand das sehr komisch. «Aber welchen anderen Zweck kann ein Mönch schon haben, als für uns Dänen Schätze zu horten? Mönche sind Ameisen, die Silber zusammentragen. Wer ihre Nester findet und ausgräbt, ist ein reicher Mann.» Er stieg über seine Opfer hinweg. Zuerst schockierte mich die Kaltblütigkeit, mit der er wehrlose Menschen umbrachte, doch Ragnar kannte kein Erbarmen für Kriecher und Lügner. Respekt hatte er nur für Gegner, die kämpften und Mut bewiesen. Doch schwache Männer, die sich mit List zu retten versuchten wie diejenigen, die er vor dem Tor von Gegnesburh getötet hatte, verachtete er nicht einmal, sie waren für ihn nicht besser als Tiere.
    Wir plünderten Gegnesburh und ließen dann die Mönche ihren Schatz heben. Es war nicht viel: zwei silberne Messkelche, drei Silbertafeln, ein bronzenes Kruzifix mit einem silbernen Christus, eine Elfenbeinschnitzerei, die Engel auf einer Leiter darstellte, und ein Sack voll kleiner Silbermünzen. Ragnar verteilte die Münzen an seine Männer und zerschlug dann die Messkelche und die Elfenbeinschnitzerei mit seinem Schwert. «Eine verrückte Religion, die nur einen einzigen Gott verehrt.»
    «Ja, aber er ist dreigeteilt.»
    Das gefiel ihm. «Ein guter Trick», sagte er, «aber unnütz. Dieser dreigeteilte Gott hat doch eine Mutter, oder?»
    «Maria», antwortete ich und folgte ihm durch das Kloster auf der Suche nach weiteren Beutestücken.
    «Man fragt sich, ob sie ihr Kind in drei Teilen zur Welt gebracht hat», sagte er. «Wie ist der Name dieses Gottes?»
    «Weiß ich nicht.» Beocca hatte mir zwar einen Namen genannt, doch ich konnte mich nicht daran erinnern. «Die drei Teile werden Dreifaltigkeit genannt», fuhr ich fort,
    «aber ein Name ist das nicht. Gewöhnlich heißt er einfach nur Gott.»
    «Als würde man einen Hund Hund nennen», erwiderte Ragnar und lachte. «Und dieser Jesus, wer ist das?» «Einer der drei.»
    «Der am Kreuz gestorben und dann wiederauferstanden ist, oder?»
    «Ja», antwortete ich und fürchtete plötzlich, der Christengott könne mich beobachten und eine schreckliche Strafe für meine Sünden ersinnen.
    «Götter können das», meinte Ragnar leichthin. «Sie können sterben und zum Leben zurückkehren. Es sind eben Götter.» Er sah mich an, spürte meine Furcht und fuhr mir durchs Haar. «Keine Sorge, Uhtred, der Christengott hat hier keine Macht.»
    «Wirklich nicht?»
    «Natürlich nicht.» Er durchsuchte einen Schuppen im Klosterhof und fand eine brauchbare Sichel, die er sich unter den Gürtel steckte. «Götter bekriegen sich gegenseitig. Das weiß

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