Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
ausgeschlossen.
    Rorik blieb in der Stadt, wenn ich mit seinem Vater ausritt. Er war erneut krank und wurde von so heftigen Bauchschmerzen geplagt, dass er manchmal nur noch weinen konnte. Bleich und erschöpft musste er sich nächtelang erbrechen. Linderung verschaffte ihm einzig ein Kräutersud von einer alten Frau, die dem Bischof als Magd diente. Ragnar sorgte sich um Rorik, fand aber Trost darin, dass wir, sein Sohn und ich, so gute Freunde waren. Rorik stellte die Zuneigung seines Vaters mir gegenüber nicht infrage und war auch nicht eifersüchtig. Er wusste, dass Ragnar mich irgendwann nach Bebbanburg zurückbringen würde, um mir mein väterliches Erbe anzuvertrauen. Als Graf Uhtred und sein treuer Freund, so hoffte Ragnar, würde ich die Bebbanburg als dänische Festung ausbauen, und wenn Rorik und sein älterer Bruder andere Festungen übernähmen, wäre er, Ragnar, ein großer Fierrscher , gestützt von mir und seinen Söhnen und zum Wohlgefallen Odins. Und so würde es bleiben, bis die Welt in Flammen unterginge, die großen Götter die Monster besiegten, die Toten aus Walhalla wiederkehrten, die Unterwelt ihre Bestien freiließe und das Feuer die große Weltenesche Yggdrasil verzehren würde. Mit anderen Worten: Alles bliebe bis zur endgültigen Auflösung beim Alten. Daran glaubte Rorik, und Ragnar zweifellos auch. Das Schicksal, hatte Ravn gesagt, bestimmt alles.
    Im Hochsommer erreichte uns die Nachricht, dass sich das Mercierheer, verstärkt von den Truppen König A Ethelreds von Wessex, endlich in Bewegung gesetzt hatte. Nun würden zwei der drei verbliebenen englischen Königreiche gegen uns antreten. Wir beendeten unsere Raubzüge durch das Land und rüsteten Snotengaham für eine Belagerung. Die Palisaden auf dem Erdwall wurden verstärkt, die Gräben davor vertieft, die Schiffe in Sicherheit gebracht und die Strohdächer der Häuser in Nähe des Walls abgetragen, damit sich dort kein Feuer ausbreiten konnte.
    Ivar und Ubba hatten beschlossen, der Belagerung standzuhalten. Wir waren stark genug, um zu schützen, was wir uns genommen hatten, mussten aber auf die Besetzung weiterer Gebiete verzichten, weil unsere Verbände dadurch zu weit auseinander gezogen worden und leicht zu schlagen wären. Sie hielten es für besser, dem Feind unsere vereinten Kräfte entgegenzusetzen. Er sollte sich beim Angriff aufreiben.
    Der Feind kam, als der Mohn blühte. Zuerst zeigten sich mercische Späher, die in kleinen Reitergruppen vorsichtig die Stadt umkreisten. Gegen Mittag tauchten Burghreds Fußtruppen auf, Dutzende von Verbänden, die mit Lanzen, Äxten, Schwertern, Sicheln und Heumessern bewaffnet waren. Sie lagerten weit draußen vor der Stadt und bauten auf den niedrigen Hügeln und Weiden einfache Schutzhütten aus Zweigen und Torf. Snotengaham lag am Nordufer der Trente, sodass der Fluss die Stadt vom südlichen Teil Merciens trennte. Doch der Feind hatte den Fluss irgendwo im Südosten überquert und war aus westlicher Richtung angerückt. Allerdings zogen sich auch einige wenige Truppen am Südufer zusammen, um zu verhindern, dass unsere Schiffe den Fluss überquerten und Männer an Land brachten, die für Nachschub hätten sorgen können. Die Stadt war also umzingelt, doch zu Angriffsversuchen kam es vorerst nicht, weil die Mercier auf die Westsachsen warteten. Nur ein kleiner Zwischenfall ereignete sich, als sich eine Hand voll Bogenschützen aus den Reihen Burghreds an die Stadt heranschlichen und die Palisaden mit Pfeilen beschossen, die allenfalls als Vogelstangen taugten. Danach befestigten sie ihr Lager mit einem Bollwerk aus gefällten Bäumen und Dornbüschen. «Sie furchten, dass wir einen Ausfall machen und sie alle töten», sagte Ragnar. «Also verschanzen sie sich und versuchen, uns auszuhungern.» «Wirklich?», fragte ich.
    «Die könnten nicht mal eine Maus in einem Kessel aushungern», höhnte Ragnar. Er hatte seinen Schild als einen von über zwölfhundert grell bemalten Schilden außen an die Palisaden gehängt. Wir hatten keine zwölfhundert Mann, doch besaß fast jeder Däne mehr als ein Schild, und alle wurden an die Palisaden gehängt, damit der Gegner glaubte, unsere Garnison bestehe aus ebenso vielen Kämpfern. Außerdem wehten die Fahnen der dänischen Anführer über dem Wall, der Rabe Ubbas und Ragnars Adlerschwinge. Das Rabenbanner war ein dreieckiges Tuch mit langen, weißen Fransen, der auf weißem Grund gemalte schwarze Rabe hatte die Flügel ausgebreitet. Ragnars

Weitere Kostenlose Bücher