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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ist, Herr, darum. Ich will ohne Angst leben und nicht gezwungen sein, einen anderen freundlich zu grüßen, nur weil er ein Schwert trägt. Die haben ihre Gesetze, wir haben unsere.»
    «Für sie gelten keine Gesetze», sagte ich.
    «Wenn ein Däne einen Northumbrier tötet, hat er nichts zu befürchten. Und das ist eine Schande. Es gibt kein Wergeld zur Sühne, keinen Vogt, der sich darum kümmert, keinen Herrn, der Recht spricht.»
    Der Schmied hatte Recht. Wergeld war der Blutpreis für das Leben eines Mannes, auf das die Angehörigen eines Erschlagenen Anrecht hatten. Das Leben eines Mannes kostete mehr als das einer Frau, es sei denn, sie war hoch gestellt, und der Wert eines Kriegers war höher bemessen als der eines Bauern . Aber immer musste der angemessene Preis bezahlt werden, und nur wenn die Familie des Getöteten dieses Wergeld annahm, konnte ein Mörder der Verurteilung zum Tode entkommen. Der Vogt sorgte dafür, dass die Gesetze eingehalten wurden, und erstattete seinem Aldermann Bericht. Doch all dies, was sich früher bewährt hatte, galt seit der Ankunft der Dänen nicht mehr. Es gab kein Recht mehr, nur noch das, was die Dänen bestimmten, und mir war klar, dass mir dieses Durcheinander nur gefiel, weil ich zu den Bevorzugten zählte. Ich war Ragnars Mann, und Ragnar schützte mich. Ohne ihn wäre ich nicht mehr gewesen als ein Ausgestoßener oder ein Sklave.
    «Dein Onkel hält still», fuhr Ealdwulf fort. «Beocca dagegen hat sich widersetzt. Erinnert Ihr Euch an ihn? Der rothaarige Priester mit der verkrüppelten Hand und dem scheelen Blick?»
    «Ich traf ihn letztes Jahr», antwortete ich.
    «Wirklich? Wo?»
    «Er war im Gefolge Alfreds von Wessex.»
    «Wessex!» Ealdwulf war überrascht. «Ein weiter Weg bis dorthin. Er war ein guter Mann, dieser Beocca, trotz seiner Priesterschaft. Er ist weggegangen, weil er die Dänen nicht ertragen konnte. Dein Onkel war außer sich vor Wut und sagte, dass Beocca den Tod verdiene.»
    Gewiss, dachte ich, denn Beocca hatte die Urkunden an sich genommen, die bezeugten, dass ich der rechtmäßige Aldermann war. «Mein Onkel wollte mich umbringen lassen», sagte ich. «Und ich habe dir noch nicht dafür gedankt, dass du diesen Weland nicht ungeschoren hast davonkommen lassen.»
    «Dein Onkel wollte mich deswegen den Dänen ausliefern», erklärte Ealdwulf. «Aber weil von den Dänen keine Klage kam, hat er darauf verzichtet.»
    «Jetzt bist du selbst unter Dänen», sagte ich, «und daran solltest du dich schnell gewöhnen.»
    Ealdwulf dachte eine Weile darüber nach. «Warum gehen wir nicht nach Wessex?», fragte er.
    «Die Westsachsen wollen einen Priester aus mir machen», antwortete ich. «Ich aber will ein Krieger werden.»
    «Dann also nach Mercien», schlug Ealdwulf vor. «Da herrschen die Dänen.» «Aber Euer Onkel lebt dort.» «Mein Onkel?»
    «Der Bruder Eurer Mutter.» Er wunderte sich darüber, dass ich von meiner eigenen Familie so wenig wusste, « A Ethelwulf. Er ist ein Aldermann ... wenn er denn noch lebt.»
    «Mein Vater hat mir nie von meiner Mutter erzählt», sagte ich.
    «Weil er sie so sehr geliebt hat. Eure Mutter war eine Schönheit, ein Goldstück. Sie ist gestorben, als sie Euch zur Welt brachte.»
    « A Ethelwulf», sagte ich.
    «Wenn er denn noch lebt.»
    Aber warum sollte ich zu meinem Onkel gehen, wo es mir bei Ragnar so gut gefiel? A Ethelwulf gehörte zwar zur Familie, doch ich hatte ihn nie kennen gelernt und bezweifelte, dass er überhaupt von mir wusste. Ich war nicht darauf erpicht, ihn ausfindig zu machen, geschweige denn, nach Wessex zu ziehen, um mich dort zum Priester ausbilden zu lassen. Ich wollte bei Ragnar bleiben, und das ließ ich Ealdwulf wissen. «Er lehrt mich zu kämpfen», sagte ich.
    «Von den Besten lernen, eh?», entgegnete Ealdwulf grollend. «So wird man auch ein guter Schmied. Indem man von den Besten lernt.»
    Ealdwulf war ein guter Schmied, und obwohl er sich sträubte, fand auch er Gefallen an Ragnar, denn Ragnar war großzügig und schätzte gutes Handwerk. Er richtete ihm in der Nähe unseres Hauses in Synningthwait eine Schmiede ein und zahlte gutes Silber für eine Esse, einen Amboss und all die Hämmer, Zangen und Feilen, die Ealdwulf benötigte. Als gegen Ende des Winters alles bereit war, wurde in Eoferwic Erz gekauft, und durch unser Tal hallte hinfort das klirrende Schlagen von Eisen auf Eisen. Selbst an den kältesten Tagen war es in der Schmiede warm, und sie wurde zum Treffpunkt der

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