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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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eine Eule am
    Mittag. Doch dann vergaß ich ihn, denn vor uns stand das Heer von Wessex und forderte uns zum Kampf heraus.
    Das Drachenbanner von Wessex wehte über der Kuppe eines lang gezogenen, flachen Hügels, auf den unsere Straße zuführte. Unser Ziel, die Ortschaft A Ebbanduna, lag hinter diesem Hügel, der zur Temes hin abfiel. An ihrem Ufer verlief ein Pfad, der sich als Umgehung anbot. Um uns aufzuhalten, hätte der Gegner vom Hügel herabsteigen und uns auf flachem Gelände angreifen müssen.
    Halfdan rief die dänischen Anführer zusammen. Sie berieten sich lange, konnten aber offenbar zu keiner Einigung finden. Die einen wollten geradewegs auf den Feind zumarschieren, während andere empfahlen, die Westsachsen auf den flachen Uferweiden zu bekämpfen. Am Ende setzte sich Guthrum der Unglückliche mit dem Vorschlag durch, unser Heer aufzuteilen und beides zu tun, was ich für eine kluge Idee hielt. Ragnar, Guthrum und die beiden Grafen Sidroc sollten den Uferweg einschlagen und den vom Feind gehaltenen Hügel umgehen, während Halfdan mit Harald und Bagseg den Hügel zu erstürmen versuchte. Der Feind würde zögern, Ragnar anzugreifen, weil er fürchten musste, zwischen zwei Fronten zerrieben zu werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er, wie Ragnar mutmaßte, dem Kampf ausweichen und sich nach A Ebbanduna zurückziehen, wo wir ihn dann belagern könnten. «Besser, sie sind in einer Festung eingepfercht, als dass sie frei umherziehen», sagte er gut gelaunt.
    «Noch besser wäre es, wir blieben zusammen», entgegnete Ravn trocken.
    «Mit den Westsachsen werden wir allemal fertig», spottete Ragnar.
    Es war schon nach Mittag und der Wintertag kurz, sodass nicht mehr viel Zeit blieb, doch glaubte Ragnar, A Ethelreds Truppen bis zur Dämmerung niedergerungen zu haben. Die Männer berührten ihre Glücksbringer, küssten ihre Schwertgriffe und Schilde und marschierten los. Wir stiegen ans Flussufer ab und folgten ihm, halb verdeckt von kahlen Bäumen. Immer wieder warf ich einen Blick auf den Hügel und sah Halfdans Männer gegen die Westsachsen vorrücken. Sie hielten ihre Stellung, und es schien, dass Guthrums Plan aufgehen würde. «Wir steigen von der anderen Seite auf den Hügel, und dann sitzen die Bastarde in der Falle», sagte Ragnar. «Keiner soll überleben!»
    «Doch. Wenigstens einer», sagte Ravn.
    «Einer? Warum?»
    «Natürlich, damit er davon erzählt. Schau dich nach ihrem Barden um. Er muss gut aussehen. Mach ihn ausfindig und lass ihn am Leben.»
    Ragnar lachte. Wir waren, glaube ich, an die achthundert Mann und nicht ganz so zahlreich wie die von Halfdan angeführte Truppe. Das feindliche Heer war vermutlich etwas stärker als unsere beiden Verbände zusammen. Während wir jedoch allesamt erfahrene Krieger waren, bestand der westsächsische Fyrd zum großen Teil aus Bauern, die man zum Kampf gezwungen hatte. Wir waren vollkommen siegessicher.
    Dann, als unsere ersten Männer aus einem Eichenwald kamen, erkannten wir, dass der Feind unserem Beispiel gefolgt war und seine Armee in zwei Hälften aufgeteilt hatte. Eine erwartete Halfdan auf dem Hügel, die andere war uns entgegen gezogen.
    Alfred führte unsere Gegner: Das wusste ich, als ich Beoccas rotes Haar entdeckte. Später, während des Kampfes, sah ich auch das lange, sorgenvolle Gesicht Alfreds. Sein Bruder, König A Ethelred, war auf der Hügelkuppe geblieben, und statt auf Halfdans Angriff zu warten, rückte er selbst vor. Die Sachsen schienen den Kampf unbedingt zu wollen.
    Also sollten sie ihn bekommen.
    Unsere Truppen nahmen in Keilformation Aufstellung, um den gegnerischen Riegel zu sprengen. Wir beteten zu Odin, brüllten unseren Kriegsruf und griffen an. Doch die Reihen der Westsachsen hielten stand, und so kam es zur erbitterten Schlacht.
    Das Schicksal ist, wie Ravn immer wieder betont hat, unausweichlich. Am Fuß des Schicksalsbaumes sitzen die drei Nornen und entscheiden über unser Leben. Wir glauben zwar, frei wählen zu können, doch in Wahrheit spielen sie mit uns. An diesem Tag gefiel es ihnen, in mein Leben einzugreifen und ihm eine neue Wendung zu geben. Wyrd bid ful är a ed, alles ist dem Schicksal unterworfen.
    Was wäre über jene Schlacht zu sagen, die, wie die Westsachsen später berichteten, an A Escs Hügel stattgefunden hat? Ich vermute, A Esc war der Thegn, dem die Felder gehörten, die an diesem Tag mit Schwertern gepflügt und mit Blut und Knochen gedüngt wurden. Die Barden mögen in zahllosen

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