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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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kahlgeschorenen Jahren noch immer überempfindlich war. Er hielt den Atem an, um nicht doch etwas zu sagen.
    Sie schloß die Tür hinter sich, und es wurde dunkel. Billy T. bohrte die Nase in die dunkelbraunen Locken seines Sohnes. Truls roch nach Kind: nach Seife, Milch und frischer Luft. Billy T. schloß die Augen und hatte das Gefühl zu fallen. Er preßte die kleine Gestalt so fest an sich, daß der Junge im Schlaf wimmerte. Erst gegen drei sank Billy T. in einen traumlosen Schlummer. Sein letzter Gedanke galt Suzanne; ihrer Stimme, als sie zum allerletzten Mal angerufen und ihn um Hilfe angefleht hatte.

36
    Es war vier Uhr morgens, und Sebastian Kvie fühlte sich ziemlich sicher. Als er durch die Toftes gate ging, war dort kaum ein Mensch zu sehen. Der Sofienbergpark lag feucht und drohend im Osten. Er überquerte die Straße, um den düsteren Schatten unter den Ahornbäumen zu entkommen. Ganz bewußt hatte er einen Bogen um die Thorvald Meyers gate gemacht; selbst um diese Zeit, mehrere Stunden nachdem die letzten Lokale geschlossen hatten, konnten einen im geschäftigsten Teil Grünerløkkas Bekannte über den Weg laufen. Er bog um die Ecke der Sofienberggate und bemühte sich, dem Licht der unbesetzten Tankstelle auszuweichen.
    »Zusammenreißen«, preßte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »zusammenreißen und ruhig durchatmen.«
    Als er entdeckt hatte, daß Claudio sich am Wein bereicherte, war Brede noch am Leben gewesen. Deshalb hatte er damals geschwiegen. Er hatte sich das zwar nicht vorstellen können, aber es bestand doch immerhin eine Möglichkeit, daß Brede davon wußte und es hinnahm. Sebastian hatte Brede zwar nie in der Nähe des Weinkellers gesehen; der war Claudios Domäne. Aber sie konnten ja eine Absprache haben. Sebastian hätte niemals etwas getan, das Brede schadete. Wenn Brede an der Sache beteiligt war, wollte Sebastian die Klappe halten.
    Dann war Brede ermordet worden.
    Das Entré war durch Bredes Küche bekannt. Aber auch der Weinkeller genoß inzwischen Anerkennung. Allein in den vergangenen drei Monaten war er von Mitarbeitern einer französischen und zweier deutscher Weinzeitschriften getestet worden. Claudio hatte eine Nase dafür, wer sein Fach beherrschte. Einen Weinkenner roch er auf zehn Kilometer Entfernung. Natürlich hatte das Entré einen eigenen Sommelier, aber der wurde bei besonderen Gelegenheiten diskret an den Rand gedrängt.
    Sebastian hatte gehört, daß viele der Flaschen im Keller bis zu zwanzigtausend Kronen wert waren. Der billigste Wein, der im Entré ausgeschenkt wurde, kostete die Restaurantgäste vierhundertfünfzig Kronen die Flasche. Die Leute bezahlten das bereitwillig. Die Leute waren Idioten.
    In gewisser Weise war Sebastian von Claudios Mut ziemlich beeindruckt gewesen. Wenn der die Etiketten auf den Flaschen austauschte, so daß der Inhalt dem Preis in keiner Weise mehr entsprach, dann ging er dabei ein gewaltiges Risiko ein. Claudios System war ungeheuer auffällig. Zum einen mußte er selbst im Weinkeller den Überblick behalten; er mußte wissen, welche Flaschen echte Ware enthielten und welche den billigeren Wein. Aber das war sicher nicht gar so schwer. Ein größeres Problem mußte es sein, die Sache vor dem Sommelier geheimzuhalten. Kolbjørn Hammer, ein Mann von siebzig Jahren, der aussah wie ein englischer Butler aus einem langweiligen Film, war zwar servil und schweigsam und hatte Sebastians Meinung nach die Intelligenz auch nicht mit Löffeln gefressen. Aber mit seinen Weinen kannte er sich aus. Er wußte verdammt viel über Wein. Wenn ein Gast sich beklagte, weil auch er sich mit Wein auskannte oder weil er seine Tischnachbarin beeindrucken wollte, bestand immer die Gefahr, daß Hammer zum Kosten herbeigeholt wurde. Und er würde sofort erkennen, ob Etikett und Inhalt übereinstimmten.
    Sebastian begriff nicht, wie dieses System funktionierte. Er verstand auch nicht, wie Claudio das Ganze überhaupt wagen konnte. Außerdem war ihm nicht wirklich klar, wie Claudio an der Sache verdiente. Wenn das Entré teuren Wein einkaufte und in seiner Buchführung registrierte, ihn dann durch billigeren ersetzte und diesen teuer verkaufte, dann lohnte sich das natürlich. Aber von sonderlich hohen Summen konnte auch dann nicht die Rede sein. Sebastian nahm an, daß Claudio dieses Betrugsmanöver nicht regelmäßig durchziehen konnte; eher war wohl das Gegenteil der Fall. Und der Verdienst mußte letztlich doch dem Entré zufallen und

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