Das Letzte Protokoll
Vergangenheit fest und bist intr o vertiert.
Ob du schreibst, ob du die Straße runtergehst, dein ganzes L e ben zeigt sich in jeder körperlichen Handlung. Wie du deine Schultern hältst, sagt Angel. Das ist alles Kunst. Was du mit de i nen Händen machst. Mit allem plapperst du deine Lebensg e schichte aus.
In der Flasche ist Gin, guter Stoff, den du kalt und ölig die ga n ze Kehle hinunterrinnen fühlst.
Angel sagt, bei deinen Großbuchstaben ist es so, dass a l les, was sich über kleine Buchstaben wie e oder x erhebt, auf dein größ e res geistiges Ich hinweist. Dein Über-Ich. Dein I oder dein b, oder wo du deinen i-Punkt hinsetzt, das verrät, wonach du strebst.
Alles dazwischen, die meisten kleinen Buchstaben, die sagen etwas über dein Ich. Ob du eng und spitz schreibst oder weit auseinander und schnörkelig, das sagt etwas über dein normales Al l tags-Ich.
Misty reicht Angel die Flasche, und er nimmt einen Schluck.
Und er sagt: »Spürst du was?«
Peters Worte sagen: »... mit eurem Blut erhalten wir unsere Welt für die nächsten Generationen . ..«
Deine Worte. Deine Kunst.
Angels Finger geben die ihren frei. Verschwinden ins Dunkle, und du hörst, wie die Reißverschlüsse an der Kameratasche au f gezogen werden. Sein brauner Lederg e ruch entfernt sich von ihr, und dann klickt und blitzt es mehrmals, während er Fotos macht. Er hält sich die Fl a sche an den Mund, und ihr Spiegelbild gleitet an dem M e tall zwischen seinen Fingern auf und nieder.
Misty streicht mit den Fingern über die Wände. Die Schrift sagt: »... Ich habe mein Teil getan. Ich habe sie g e funden . ..«
Da steht: »... es ist nicht meine Aufgabe, irgendwen zu töten. Sie ist die Henkerin . ..«
Misty erzählt, um den Ausdruck von Schmerz richtig hinz u kriegen, habe der Bildhauer Bernini einmal sein Gesicht gezeic h net, während er sich mit einer Kerze das Bein versengte. Als G e ricault Das Floß der Medusa malte, ging er in ein Krankenhaus und machte Skizzen von den Gesichtern der Sterbe n den. Er trug ihre abgetrennten Köpfe und Arme in sein Atelier und beobac h tete, wie die Hautfarbe sich während des Ve r wesungsprozesses veränderte.
Die Wand dröhnt. Sie dröhnt noch einmal, Gipsplatten und Putz zittern unter ihrer Berührung. Die Hausbesitz e rin tritt von der anderen Seite mit ihren Schuhen an die Wand, und die Bl u men und Vögel rappeln an der gelben Tapete. An dem Gekrakel schwarzer Sprühfarbe. Sie schreit: »Sie können Peter Wilmot s a gen, dass er für di e sen Scheiß ins Gefängnis kommt.«
Im Hintergrund rauschen und brechen die Ozeanwellen.
Ihre Finger ziehen noch immer deine Worte nach, Misty ve r sucht zu erfühlen, wie du dich gefühlt hast, und sagt: »Hast du schon mal von einer Malerin von hier gehört, die Maura Ki n caid heißt?«
Hinter seiner Kamera sagt Angel: »Nicht viel«, und drückt auf den Auslöser. Er sagt: »Hatte Kincaid nicht was mit dem Sten d hal-Syndrom zu tun?«
Und Misty nimmt noch einen Schluck, einen sengenden Schluck, der ihr Tränen in die Augen treibt. Sie sagt: »Ist sie d a ran gesto r ben?«
Und während Angel weiterfotografiert, sieht er sie durch die Kamera an und sagt: »Sieh mal her.« Er sagt: »Hast du nicht g e sagt, du bist Künstlerin? Wie war das noch mit der Anatomie? Zeig mal, wie ein echtes Lächeln aussehen sol l te.«
4. Juli
Nur damit du's weißt, das Ganze ist ein herrlicher Anblick. Heute haben wir den Unabhängigkeitstag, und das Hotel ist voll. Der Strand auch. Im Foyer drängen sich die Sommerleute, alles läuft durcheinander und freut sich auf das Feuerwerk, das bald auf dem Festland steigen wird.
Deine Tochter Tabbi hat sich die Augen mit Abdeckband zug e klebt. Blind tappt und tastet sie im Foyer umher. Vom Kamin zum Empfang zählt sie flüsternd (»... acht, neun, zehn . ..«) ihre Schritte, von einem Orientierung s punkt zum nächsten.
Die auswärtigen Sommergäste zucken erschrocken leicht z u sammen, wenn sie von ihren kleinen Händen angestupst we r den. Sie lächeln ihr verkniffen zu und treten zur Seite. Dieses Mädchen in seinem blassrosa und gelb k a rierten Sommerkleid, das dunkle Haar mit einem gelben Band zurückgebunden, ist wie geschaffen für Waytansea Island. Rosa Lippenstift und N a gellack. Und das reizende altmodische Spiel, das sie da spielt.
Sie streicht mit offenen Händen an einer Wand entlang, tastet sich über einen Bilderrahmen, befühlt ein Bücherr e gal.
Draußen vor den Fenstern blitzt und
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