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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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besetzt mit Glassteinen, winzigen polierten Spiegeln in einem Windrad aus gelben und orangefa r benen Splittern, alle ang e schlagen und trüb.
    Und auf der karierten Decke schien die Brosche das So n nenlicht in Funken auseinander fliegen zu lassen. Das Metall war stumpfgrau und hielt die Glasstückchen mit kleinen spitzen Zähnen.
    Peter sagte: »Hörst du mir überhaupt zu?«
    Und Misty hob die Brosche auf. Das Gefunkel spiegelte sich in ihren Augen, blendete und betäubte sie. Ohne Z u sammenhang mit allem anderen hier, mit Sonne und Gras.
    »Die ist für dich«, sagte Peter, »zur Inspiration.«
    Misty, ihr Spiegelbild ein Dutzend Mal zersplittert in jedem Stück Glas. Ihr Gesicht in tausend Teilen.
    Misty sagte zu den funkelnden Farben in ihrer Hand: »Dann e r zähl mal.« Sie sagte: »Wie ist Maura Kincaids Mann gesto r ben?«
    Und Peter spuckte mit grünen Zähnen grünen Schleim ins hohe Gras. Das schwarze Kreuz auf seinem Gesicht. Er leckte sich die grünen Lippen mit seiner grünen Zunge und sagte: »Es war Mord.« Peter sagte: »Man hat ihn e r mordet.«
    Und Misty begann zu malen.

6. Juli
    Nur um das festzuhalten: Die muffige alte Bücherei mit ihren Tapeten, die sich an allen Kanten aufrollen, mit ihren Milchgla s lampen an der Decke, in denen es von toten Fliegen wimmelt, mit allem anderen, woran du dich eri n nern kannst, die gibt es noch. Falls du dich daran erinnern kannst. Derselbe schäbige, zu Suppenfarbe vergilbte Globus. Die Kontinente in Länder wie Preußen und Belgisch Kongo zerstückelt. Immer noch das g e rahmte Schild mit der Aufschrift: »Die Verunstaltung von B ü chern wird strafrechtlich verfolgt.«
    Die alte Mrs. Terrymore, die Bibliothekarin, trägt immer noch dieselben Tweedkostüme, nur dass sie jetzt einen Anstecker am Revers hat; das Ding ist so groß wie ihr G e sicht und verkündet: »Auch für Sie gibt es Neue Zukunft mit dem Finanzunterne h men Owen Landing!«
    Was man nicht versteht, kann man deuten, wie man will.
    Überall auf der Insel tragen Leute diesen Anstecker oder TShirts mit diesem Aufdruck und laufen so als Werbeträger he r um. Werden sie damit gesehen, bekommen sie einen kleinen Preis, manchmal auch in bar. Ihr Körper als Werbefläche. Tragen Baseballmützen mit Servicetelefo n nummern.
    Misty ist mit Tabbi hier, sie suchen Bücher über Pferde und I n sekten, die Tabbis Lehrer ihr zu lesen aufgegeben hat, bevor sie im Herbst in die siebte Klasse kommt.
    Keine Computer. Keine Verbindung zum Internet oder zu i r gendwelchen Datenbanken, und das heißt, es kommen keine Sommerleute hierher. Kaffeetrinken verboten. Videos und DVDs: Fehlanzeige. Mehr als Flüstern ist nicht erlaubt. Tabbi ist in der Kinderabteilung, und deine Frau ist in ihrem eigenen Koma: bei den Kunstbüchern.
    Auf der Kunstakademie bringen sie einem bei, dass berühmte a l te Meister wie Rembrandt und Caravaggio und van Eyck, dass die einfach durchgepaust haben. Haben so gezeichnet, wie der Lehrer Tabbi es nicht gestatten würde. Hans Holbein, Diego V e lazquez, die haben in einem samtenen Zelt in der trüben Du n kelheit gehockt und die A u ßenwelt abgezeichnet, die durch eine kleine Linse zu ihnen hineinschien. Oder sich in einem gewöl b ten Spiegel zeigte. Oder wie bei einer Camera obscura durch ein wi n ziges Loch in ihren abgedunkelten Raum projiziert wurde. Projektion der Außenwelt auf ihre Leinwand. Canaletto, Gain s borough, Vermeer, stundenlang, tagelang hockten sie da im Dunkeln und zeichneten das Gebäude oder das Aktmodell ab, das draußen im hellen Sonnenschein stand. Manchmal trugen sie sogar die Farben direkt auf die projizierten Farben auf, zogen die Konturen projizierter Falten von Gewändern nach. Malten ein exaktes Porträt an einem ei n zigen Nachmittag.
    Nur um das festzuhalten: Camera obscura ist Latein und heißt »dunkle Kammer«.
    Wo sich Fließband und hohe Kunst vermischen. Eine Kamera, die Farbe statt Silberbromid verwendet. Lei n wand statt Film.
    Sie verbringen den ganzen Vormittag hier, und einmal kommt Tabbi und stellt sich neben ihre Mutter. Tabbi hält ein aufg e schlagenes Buch in den Händen und sagt: »M a ma?« Die Nase dicht über dem Buch, sagt Misty: »Hast du gewusst, dass man ein Feuer von mindestens achthundertsiebzig Grad sieben Stu n den lang brennen lassen muss, um eine durchschnittliche Leiche zu verbrennen?«
    In dem Buch sind Schwarz-Weiß-Fotos von Brandopfern in der typischen »Faustkämpferstellung«, die verkohlten Arme schü t zend vors

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