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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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soliden, sicheren, mittelmäßigen Zukunft, de s to glücklicher wird sie sein.«
    »Zum Beispiel ein Bürojob?«, sagt Grace. »Oder in einer Hu n depension? Mit einem hübschen Wochenlohn? Trinkst du de s halb?«
    Deine Mutter.
    Nur um das festzuhalten, sie hat das verdient.
    Du hast das verdient.
    Und Misty sagt: »Nein, Grace.« Sie sagt: »Ich trinke, weil ich mit einem dummen, faulen, wirklichkeitsfremden Träumer ve r heiratet bin, den man dazu erzogen hat, sich einzubilden, er werde eines Tages eine berühmte Künstl e rin heiraten, und der mit seiner En t täuschung nicht fertig geworden ist.« Misty sagt: »Du, Grace, du hast dein Kind verkorkst, und ich lasse nicht zu, dass du meins auch noch verkorkst.«
    Sie beugt sich so nah an sie heran, dass sie das Gesicht s puder in Grace' Falten, in ihren Rhytiden, und die krakel i gen roten Linien sehen kann, wo der Lippenstift in die Runzeln unter dem Mund gelaufen ist. Sie sagt: »Hör endlich auf, ihr was vo r zumachen, oder ich schwöre dir, ich packe meine Sachen und bringe Tabbi noch morgen von der Insel.«
    Und Grace sieht an Misty vorbei, nach etwas hinter ihr.
    Ohne Misty anzusehen, sagt Grace mit einem Seufzer: »Ach, Misty. Dafür ist es zu spät.«
    Misty dreht sich um, und hinter ihr steht Paulette, die Em p fangsangestellte. Steht da in ihrer weißen Bluse und dem dun k len Faltenrock und sagt: »Entschuldigen Sie, Mrs. Wilmot ?«
    Und Grace und Misty sagen im Chor: Ja?
    Und Paulette sagt: »Ich möchte Sie nicht stören.« Sie sagt: »Ich muss nur etwas Holz im Kamin nachlegen.«
    Und Grace klappt das Buch auf ihrem Schoß zu und sagt: »Pa u lette, Sie können uns helfen, eine Meinungsverschiedenheit be i zulegen.« Sie zieht mit ihrem Frontalis-Muskel eine A u genbraue hoch und sagt: »Möchten Sie nicht auch, dass Misty nun mal endlich bald ihr Meisterwerk malt?«
    Das Wetter heute ist teilweise wütend mit Tendenz zu Resign a tion und Ultimaten.
    Und Misty wendet sich ab. Bleibt dann aber stehen.
    Die Wellen draußen rauschen und brechen.
    »Danke, Paulette«, sagt Misty, »aber es wird Zeit, dass alle auf der Insel mal kapieren, dass ich als eine dicke, fe t te Null in die Grube fahren werde.«

12. Juli
    Falls es dich interessiert, dein Freund von der Kunstak a demie, der Junge mit den langen blonden Haaren, der sich das Ohrläp p chen eingerissen hat, weil er Misty seinen Ohrring schenken wollte, na ja, der hat jetzt eine Glatze. Er heißt Will Tupper, und ihm gehört die Fähre. Er ist so alt wie du. Sein Ohrläp p chen ist immer noch gespalten. Vernarbt.
    Misty steht an Deck der Fähre, die jetzt am Abend wieder die I n sel anläuft. Der kalte Wind lässt ihr Gesicht um Jahre altern, leiert und trocknet die Haut aus. Die dünne abgestorbene Hau t schicht ihres Stratum corneum. Sie hält eine braune Papiertüte, darin eine Bierdose, aus der sie gerade einen Schluck nimmt, als ein großer Hund neben ihr auftaucht. Schnüffelnd und winselnd. Er hat den Schwanz eingeklemmt, und anscheinend versucht er etwas hinunterzuschlingen, jedenfalls geht der Kehlkopf in se i nem bepelzten Hals rauf und runter.
    Als sie ihn streicheln will, weicht der Hund zurück und pi n kelt auf die Deckplanken. Ein Mann mit einer Leine in der Hand kommt und fragt sie: »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Bloß die arme dicke Misty in ihrem Bierkoma.
    Als ob. Als ob sie hier auf diesem Boot, ein Bier in der Hand und Tränen hochschniefend, in einer Pfütze aus Hundepisse st e hen bleiben und irgendeinem Fremden ihre Lebensgeschichte erzählen würde. Als ob Misty ei n fach sagen könnte - na ja, wo Sie schon mal fragen, sie hat mal wieder einen Tag im zugema u erten Wäschezimmer irgendwelcher Leute verbracht und du m mes Gefasel von den Wänden abgelesen, während Angel Delaporte mit Blitzlicht Fotos davon machte und sagte, ihr Arschloch von Mann sei in Wirklichkeit liebevoll und fürsor g lich, weil er das kleine u mit einem aufwärts gerichteten Schwänzchen am Ende schreibe, auch wenn er sie als einen »b ö sen Rachefluch des Todes« bezeichne.
    Angel und Misty haben den ganzen Nachmittag Hintern an Hintern gestanden, als sie die an die Wände gesprühten Bo t schaften mit den Fingern nachzog. Da stand: »... wir akzepti e ren die schmutzige Flut eures Geldes . ..«
    Und Angel fragte sie: »Spürst du was?«
    Die Hausbesitzer steckten ihre Zahnbürsten in Tüten, um sie in einem Labor auf Fäulniserreger testen zu lassen. Für einen Pr o zess.
    Auf der Fähre sagt der

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