Das Letzte Protokoll
Cappagh-Braun ist irische Erde, flüsterte Misty. Zinnober ist ein Erz, das mit Pfeilen von hohen spanischen Klippen gescho s sen wird. Bistre ist der gelblich braune Ruß von verbranntem B u chenholz. Jedes Meisterwerk ist bloß Erde und Asche, perfekt zusa m mengebracht.
Asche zu Asche. Staub zu Staub.
Sogar wenn sie sich küssten, hattest du die Augen zu.
Und Misty behielt ihre auf, betrachtete aber nicht dich, so n dern den Ring in deinem Ohr. Fast braun angelaufenes Silber, ein Knäuel quadratisch geschliffener Glasdiama n ten, die in deinen langen schwarzen Haaren funkelten - das hat Misty g e liebt.
Bei diesem ersten Mal hat Misty dir erzählt: »Die Farbe Davys Grau ist Schieferpulver. Bremer Blau ist Ku p ferhydroxid und Kupferkarbonat - ein tödliches Gift.« Misty sagte: »Brillantscha r lach ist Jod und Quecksilber. Beinschwarz besteht aus verkohlten Kn o chen . ..«
16. August
Beinschwarz besteht aus verkohlten Knochen.
Schellack ist die Scheiße von Schildläusen. Rebenschwarz b e steht aus verbrannten Weinstöcken. Ölfarben werden aus zerst o ßenen Walnüssen und Mohnsamen hergestellt. Je mehr man über Kunst weiß, desto mehr klingt es nach Hexerei. Alles wird ze r kleinert, verrührt und gebacken: Da könnte auch vom K o chen die Rede sein.
Misty redete und redete und redete immer noch, aber das war jetzt schon Tage später, in einer Galerie nach der anderen. In e i nem Museum: ihr Bild - eine große Kirche - hing zwischen einem Monet und einem Renoir. Misty hockte auf dem kalten Fußboden rittlings über Peter. Es war Nachmittag, das Museum mensche n leer. Peter, sein perfekter schwarzer Haarschopf fest auf den B o den gedrückt, hatte beide Hände in ihrem Pullover und massie r te ihre Brustwarzen.
Deine Hände.
Verhaltenspsychologen sagen, der Grund dafür, dass Menschen mit dem Gesicht zueinander kopulieren, seien die Brüste. Wei b chen mit größeren Brüsten zogen mehr Partner an, die beim G e schlechtsverkehr an den Brüsten spielen wollten. Mehr Sex brachte mehr Weibchen hervor, die durch Vererbung größere Brüste hatten. Ergo kop u lierten noch mehr Menschen mit dem Gesicht z u einander.
Jetzt, hier auf dem Fußboden, spielte Peter mit ihren Brüsten, und während seine Erektion, umspreizt von Mistys Schenkeln , ihm in der Hose herumrutschte, erzählte sie, dass William Tu r ner sein Meisterwerk von Hann i bal, der die Alpen überquert, um das Heer der Salasser abzuschlachten, auf der Grundlage einer Fußwanderung durch die Landschaft von Yorkshire schuf.
Wieder ein Beispiel dafür, dass alles ein Selbstporträt ist.
Misty erzählte Peter, was man in Kunstgeschichte so alles e r fuhr. Dass Rembrandt seine Farbe so dick aufgetr a gen hat, dass die Leute scherzten, man könne seine Porträts bei der Nase fa s sen.
Die Haare hingen ihr verschwitzt vorm Gesicht. Ihre pummel i gen Beine zitterten erschöpft, hielten sie aber immer noch au f recht. Vögelten die Schwellung in seiner Hose.
Peters Finger klammerten sich fester an ihre Brüste. Seine Hüfte stieß hoch, und sein Gesicht, sein Orbicularis oculi pres s te ihm die Augen zu. Sein Triangularis zog ihm die Mundwinkel nach unten, sodass seine unteren Schneidezähne zum Vorschein k a men. Die vom Kaffee gelben Zähne bissen in die Luft.
Heiße Nässe pulsierte aus Misty, in Peters Hose pulsierte se i ne Erektion, und alles andere hörte auf. Beide hörten für einen, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben lange A u genblicke zu atmen auf.
Dann erschlafften sie. Entkräftet. Peter matt auf den feuchten Boden gesunken. Misty schlapp über ihm. Schweiß klebte ihre Kleider aneinander.
Das Bild, die große Kirche, sah von der Wand auf sie herab.
Und genau da erschien ein Museumswächter.
20. August
Dreiviertelmond
Grace' Stimme im Dunkeln. Sie sagt: »Die Arbeit, die du hier leistest, wird deiner Familie die Freiheit erkaufen.« Sie sagt: »Jahrzehntelang werden keine Sommerleute mehr hierher ko m men.«
Falls Peter nicht eines Tages doch wieder aufwacht, sind Grace und Misty die einzigen Wilmots, die noch übrig sind.
Falls du nicht wieder aufwachst, wird es keine Wilmots mehr geben.
Man hört das langsame, gemessene Geräusch einer Sch e re, mit der Grace etwas zerschneidet.
In drei Generationen alles verspielt. Sinnlos, das Familienve r mögen wieder aufzubauen. Soll das Haus doch an die K a tholiken gehen. Sollen die Sommerleute doch über die Insel herfallen. Jetzt, wo Tabbi tot ist, haben die Wilmots kein Int
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