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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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den Befehl übertragen, bis das neue Geschwader zusammengestellt ist. Danach soll ich mich dessen neuem Chef zur Verfügung halten.« Mit seinen blauen Augen sah er Bolitho fest an, zum ersten Mal, seit sie allein in der Kajüte saßen. »Also dir, Richard.«
    Dieser neue zurückhaltende Herrick war schwer zu verstehen. Einerseits erinnerte er Bolitho an den ernsten jungen Leutnant, andererseits war er der tollkühne Konteradmiral, den beinahe ein Kriegsgericht zum Tode verurteilt hätte. Etwas von beidem stak in ihm, doch keines gewann die Oberhand.
    Herrick schaute sich in der schwach erleuchteten Kajüte um. Irgendwo im Schiff erklangen Rufe, dann hörte man nackte Füße rennen: wohl die Wachhabenden auf ihrem Weg unter Deck, um eine Untat zu verhindern.
    Herrick fragte: »Und was macht dein Auge, Richard? Immer noch schlimm?«
    »Du hast doch mit niemandem darüber gesprochen?«
    Herrick schüttelte den Kopf. »Eine Abmachung unter Freunden. Ich werde auch weiter schweigen.« Er zögerte und brachte dann einen anderen Gedanken vor, der ihn offensichtlich beschäftigte, seit die
Black Prince
vor Anker gegangen war. »Ich habe eben Keen und Jenour an Bord gesehen. Ist auch Catherine gerettet worden? Verzeih’, aber ich muß das wissen.«
    »Ja.« Ein falsches Wort zur Unzeit, und alles würde wieder zerbrechen. »Um die Wahrheit zu sagen, Thomas, ohne Catherine wären wir alle verloren gewesen.«
    Herrick erhob sich, und sein Schatten huschte über die festgezurrten Kanonen und die mit Intarsien geschmückten Möbel.
    »Ich habe hier getan, was möglich war. Ohne Rückendeckung habe ich zwanzig Schoner und Kutter aus Antigua und St. Kitts für den Patrouillendienst beschlagnahmt. Ich habe die Werften und Kasernen durchkämmt auf der Suche nach Leutnants oder alten Matrosen und habe sie als Besatzungen auf die requirierten Schiffe gesetzt, die sonst nicht hätten auslaufen können.«
    Es war, als kehre jemand ins Leben zurück. Ruhig und bestimmt sagte Bolitho: »Meine Rückendeckung hast du dafür, Thomas.«
    Herrick dankte ihm und berichtete nun über alles, was er veranlaßt hatte, um rechtzeitig vor feindlichen Kriegsschiffen gewarnt zu werden, vor Blockadebrechern oder Sklavenhändlern, aber auch vor scheinbar ehrlichen Neutralen.
    »Ich habe ihnen beigebracht, sich nicht hinters Licht führen zu lassen. Wer sich uns in diesen Gewässern widersetzt, wird sich hier nie mehr frei bewegen können.« Er lächelte, und Bolitho beobachtete, wie aus ihm wieder der alte, vertraute Herrick wurde. »Du weißt, Richard, zwischen den Kriegen war ich selbst mal Handelsschiffer. Die meisten Tricks kenne ich.«
    »Liegt unsere Fregatte im Hafen?«
    »Ich habe sie nach Port Royal geschickt, mit Soldaten an Bord. In Jamaika gibt es wieder mal einen Sklavenaufstand. Ich mußte in größter Eile handeln.«
    »Also besteht unser Geschwader nur aus den sieben Linienschiffen. Und aus deiner Flottille von Schonern und Kuttern.«
    Herrick runzelte die Stirn. »Aus sechs, zur Zeit jedenfalls.
    Die
Matchless
liegt nämlich im Dock. Vor zwei Wochen wurde sie von einem Wirbelsturm erwischt und hat den Fockmast verloren. Ein Glück, daß sie nicht auf den Strand geworfen wurde.«
    In seiner Stimme klang Ärger mit, deshalb fragte Bolitho: »Kommandant Mackbeath, nicht wahr?«
    »Nein, nach Kopenhagen hat man ihn abgelöst.« Herricks Augen verdunkelten sich. »Sie hat jetzt einen neuen Kommandanten – schlimm, sag’ ich dir! Lord Rathcullen. Er ist nicht in der Lage, einen Rat zu befolgen. Du weißt ja, was man über die Iren sagt, ob sie nun Lords sind oder Matrosen.«
    Bolitho lächelte. »Dasselbe sagt man gelegentlich auch über uns Leute aus Cornwall.«
    Herricks Augen bekamen Lachfalten. »Ja, das hab’ ich provoziert.«
    »Willst du mit mir zu Abend essen, Thomas?« Bolithos merkte, daß Herrick wieder vorsichtig wurde. »Ich meine, nur wir beide. Ich würde es als eine Ehre betrachten.«
    Herrick rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Eigentlich hatte ich etwas anderes vorbereitet.« Die Atmosphäre verkrampfte sich wieder.
    »Weißt du«, sagte Bolitho, »es wäre wichtig für uns. Jeder von uns mußte über sein eigenes Riff. Gut, da sind wir nun. Jetzt beobachten uns alle anderen und verlassen sich auf uns. Denen sind unsere Probleme egal.«
    Nach kurzer Stille sagte Herrick: »Ich will dir nichts vormachen. In meinem Haus …« Er lächelte. »Genauer: Im Haus des Werftaufsehers wollte ich meinen Plan zu Ende

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