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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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die Planken trommelten und Blut seinen Kopf umfloß.
    Tasker griff zur Pistole und schrie: »Laßt ihn liegen! Bringt sie alle nach unten und fesselt sie, bis wir mit ihnen abrechnen!« Er sah die große, dunkelhaarige Frau unbeeindruckt von den Waffen, die sich auf sie richteten, zu Bolitho hinübergehen.
    Bolitho griff nach seinem Degen und spürte, wie Catherine sich an ihn drängte. Er war selber überrascht, wie ruhig er jetzt blieb. Augenblicke zuvor hätte er sich noch ohne Besinnen auf die Männer gestürzt, um Catherine zu verteidigen. »Wir sind nicht mehr allein«, sagte er.
    Tasker schaute Bolitho verblüfft an, als dieser seinen Degen zurück in die Scheide stieß. Und dann starrte er wie betäubt zur Drehbasse, die binnenbords schwenkte und den Lauf senkte. Er zielte auf die größte Gruppe der Meuterer.
    Allday hatte einem der Bewacher ein Entermesser entrissen und rannte gebückt nach achtern, so tief gebückt, daß ihn das Feuer aus Jenours Drehbasse nicht treffen würde. Es mußte das Deck in einen blutigen, schreienden Haufen Fleisch verwandeln.
    »Die Waffen nieder!« rief Bolitho. »Oder ich schwöre bei Gott, mein Leutnant wird feuern!«
    Keen tauchte im Niedergang auf und spannte den Hahn seiner Pistole, die er aus dem Versteck geholt hatte. Tojohns stand mit zwei Waffen da, die er ebenfalls vorsorglich versteckt hatte.
    Keen hörte Bolithos Stimme so eiskalt klingen wie damals, als er ihnen befohlen hatte, Breitseite nach Breitseite in den Feind zu jagen, der die alte
Hyperion
versenkt hatte:
Wenn sie sich nicht ergeben, werden sie sterben!
Er war immer noch nicht sicher, ob Bolitho wirklich weitergefeuert hätte, wenn die Franzosen nicht die Flagge gestrichen hätten. Jetzt sah er genauso aus wie damals.
    Die Meuterer an Deck zögerten. Einige überlegten wohl schon, was sie als Angeklagte zu ihrer Verteidigung sagen würden: Wir wollten unsere Kumpane später selber überwältigen. Einige loyale Seeleute dachten sicherlich daran, was ihnen gewinkt hätte, wenn sie mit den Meuterern gemeinsame Sache gemacht hätten: Gold, das ihnen ein Leben ohne Gefahr und ohne Not ermöglicht hätte.
    Nur ein einziger Mann an Bord war weder gefragt oder gar ins Vertrauen gezogen worden; man hatte ihn einfach vergessen. Der Mann kam aus Bristol, hieß William Owen und saß seit dem Beginn dieses schrecklichen Tages oben im Ausguck.
    Während des Kampfes unten hatte er überrascht seine Kameraden beobachtet, die aufeinander losgingen, nachdem der Skipper niedergestreckt worden war. Man hatte sogar die Gefangenen befreit. Aber dann hatte sich im Handumdrehen das Blatt gewendet. Er hatte gesehen, wie verächtlich die Lady des Admirals mit dem Anführer umgegangen war, hatte selbst hier oben gespürt, wie die Hitze der Meuterei nachließ. Jetzt zitterten seine Hände, und er drehte sich, um nach den Mastspitzen des anderen Schiffs auszuspähen. Erleichtert rieb er sich die Augen. Sie waren gerettet, denn der Fremdling hatte ihnen das Heck zugekehrt, lief offensichtlich auf einem anderen Kurs ab.
    Owen war der erfahrenste Ausguck unter der Mannschaft der
Golden Plover.
Er beschattete seine Augen mit einer Hand und blickte wieder über die See nach vorn, bis sie schmerzten. Er hatte in den fünfzehn Jahren, die er zur See fuhr, schon viel gesehen – aber so etwas noch nie.
    Quer vor ihrem Bug änderte sich die Farbe der See, das Wasser wurde weiß und quoll empor wie Dampf aus einem Kessel. Die See schien in der Tiefe zu kochen … Er beugte sich vor und brüllte es hinunter, mit einer Stimme, die alles übertönte, die Grausamkeit und Habgier sofort auslöschte: »An Deck! Brecher voraus!«

Schiffbruch
    »Das war sehr mutig, Kate!« Bolitho hielt Catherine im Arm.
    »Sonst hätte er Stephen gesehen, und alles wäre verloren gewesen!«
    Sie schaute ihn mit großen Augen an, als versuche sie immer noch, dem schnellen Wechsel der Ereignisse zu folgen. Dann kam der laute Ruf aus dem Ausguck: »Brecher voraus!« Catherine starrte ohne zu begreifen Lincoln an. Ein Tuch bedeckte sein Gesicht, doch noch immer rann sein Blut übers Deck und tropfte durch die Speigatten.
    Bolitho blickte nach oben. »An Deck mit dem Mann!« Es gab jetzt unendlich viel für ihn zu tun, doch er konnte Catherine noch nicht allein lassen. Durch das Kleid spürte er ihre Anspannung, ihre verkrampften Muskeln, während sie versuchte, die Kontrolle über sich zurückzugewinnen. Plötzlich sagte sie: »Tu’, was du jetzt tun mußt. Es geht mir

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