Das letzte Riff
denn Meuterei wurde von befahrenen Männern so gefürchtet wie Gelbfieber, wegen der Folgen für alle, wenn sie mißlang.
Die freigelassenen Gefangenen waren am gefährlichsten. Männer, die nur Härte kannten, schlugen sofort über alle Stränge, wenn die Fesseln erst einmal gefallen waren. Sie hatten nur das Leben zu verlieren.
Lincolns Schatten fiel über sie. »Holt ein Faß.« Und zu Keen: »Lassen Sie Bezant neben dem Rad sitzen. Da habe ich ihn am besten im Auge.«
Ein Seemann stolperte herbei und rief: »Der Bastard hat mich auspeitschen lassen. Gib ihn mir, ich reiße ihm den Rücken in Fetzen!«
Voller Verachtung sah Lincoln den Mann an. »Kannst du etwa navigieren, du Dummkopf? Du hast die Strafe verdient. Wenn der Skipper dich nicht hätte auspeitschen lassen, hätte ich’s getan!« Wie von einem Faustschlag getroffen, wankte der Mann zurück.
Es wurde still an Deck, als Bolitho und Catherine aus dem Niedergang auftauchten, Sophie hinter sich. Catherine sah sich die Männer an und sagte nur: »Abschaum!«
Lincoln funkelte sie an. »Kein Wort mehr!« Dann sah er Bolithos alten Säbel an seiner Hüfte und sagte: »Den hätte ich gern, wenn es Ihnen nichts ausmacht.« Doch etwas in Bolithos grauem, kaltem Blick warnte ihn, und er zögerte. Wütend ergriff er Sophie und zerrte sie mit einem Ruck an sich. Die Zofe zitterte wie Espenlaub.
»Sind Sie wirklich so tapfer?« spottete Lady Catherine. Sanft löste sie sich aus Bolithos Griff und trat auf den Meuterer zu.
»Wenn Sie eine Aufmunterung brauchen, nehmen Sie sich eine erwachsene Frau, kein halbes Kind!«
Einige Zuschauer lachten laut. Und ein Soldat brüllte: »Nach dir komm’ ich bei ihr dran, Kumpel!«
Catherine zwang sich, keinerlei Gefühle zu zeigen und auch nicht Bolitho anzuschauen. Ein falsches Zeichen, eine falsche Bewegung von ihr, und er würde die Beherrschung verlieren. Sie sagte: »Sophie, geh’ zu Mr. Yovell und den anderen. Ich bleibe hier bei diesem Gentleman.«
Bolitho stand ruhig neben Keen und sagte zu Bezant am Rad: »Sie wissen, daß man uns töten wird?«
»Ich verstehe das alles nicht.« Der Skipper wirkte eher entsetzt als überrascht. »Ich habe die Männer doch immer fair behandelt.«
»Das ist jetzt vorbei!« Bolitho packte die breiten Schultern Bezants und starrte durch die Speichen des Rads. »Sie sind hier der einzige, der ein Blutbad verhindern kann.« Dann sah er, wie Keen sich versteifte, weil Lincoln einen von Catherines Ohrringen berührte. Seine dicken Finger begrapschten ihr Kleid und ihren Hals. Jeden Augenblick konnte er jetzt die Kontrolle verlieren. Dann würde aus Meuterei Mord und Totschlag in schlimmster Form werden.
Er hörte Catherine auf etwas antworten, das Lincoln ihr zugeflüstert hatte: »Mein Leben ist mir wichtiger als diese Juwelen.«
Drängend forderte Tasker: »Sag’ den Männern, was sie tun sollen. Die sind doch schon halb betrunken, verdammt noch mal!« Er wandte sich an Catherine. »An das wirst du dich noch lange erinnern, meine Süße. Ich bin vorher auf einem Sklavenschiff gefahren, da lernt man ein paar Tricks.«
Lincoln schob Tasker zur Seite, ob wütend oder eifersüchtig, wurde nicht ganz klar. Bolitho konnte nur daran denken, wie sie über Catherines schönen Körper herfallen würden. Ihre Verzweiflung und ihre Schmerzen würden diese Männer nur hoch anstacheln.
Bezant stöhnte: »Sie wissen nicht, was Sie von mir verlangen, Sir Richard …«
Bolitho trat zur Seite und murmelte: »Denken Sie an das, was ich Ihnen gesagt habe.«
Lincoln stand jetzt auf der Luke und federte mit den Knien das unregelmäßige Rollen des Schiffs ab. Einem der Soldaten befahl er: »Halt’ den Skipper am Rad im Auge. Wenn ich dir befehle, ihn zu erschießen, dann tu’ das sofort. Ich riskiere das Gold nicht für ein bißchen besoffene Bumserei.« Die Frau würde er schon zähmen. Sie würde sich zwar mit aller Kraft wehren, aber vergeblich. Eine Dame wie sie hatte er in seinem ganzen Leben kaum je gesehen, geschweige denn besessen.
Er riß sich zusammen. »Holt die Kisten aus der Last.« Er zeigte auf den Bootsmann mit der blutenden Stirnwunde. »Du riggst die Taljen auf und sorgst dafür, daß jede Kiste richtig nach oben gehievt und bewacht wird.« Und mit einer lässigen Wendung zu den Soldaten: »Wenn er nicht pariert, erschießt ihn!«
Bolithos Blick suchte Allday. »Hilf ihm bei den Taljen, John«, sagte er leichthin und sah das Begreifen in Alldays Augen. »Dann hast du
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