Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
hätte ihre Hoffnung verspottet, von der er selbst einst gelebt hatte.

Ein Tag, an den man sich erinnert
    »Halt! Stoppt das Boot!« Bolitho blickte zu den Sternen hoch und sah dann, wie Alldays Gestalt sich bewegte und die Pinne nach Luv drückte. Die Riemen kamen tropfend aus dem Wasser und blieben bewegungslos. Aber das Boot glitt weiter und krängte, als der Wind das Segel füllte. Es stand dunkel vor dem Sternenhimmel.
    Alles war besser gegangen, als Bolitho gehofft hatte. In der Dämmerung hatten sie das Boot wieder flott gemacht und am Ufer entlang gepullt, manchmal nur eine Riemenlänge von den Felsen entfernt. Bis sie dann wieder Kurs aufs Meer hinaus nahmen – immer weiter nach Osten. Die ankernde Brigg blieb hinter der Insel außer Sicht; auch als die Jolle in der zunehmenden Dunkelheit das Segel setzte, war auf dem Schiff drüben kein Licht und keine Bewegung zu sehen gewesen. Wahrscheinlich hatte sein Skipper längst die Hoffnung aufgegeben, Überlebende oder Gold zu finden, und konzentrierte sich jetzt wieder ganz darauf, menschliche Fracht zu sammeln.
    Ozzard flüsterte: »Das letzte Wasser, Sir!«
    Bolitho dachte an das Regenwasser, mit dem sie nur ein Fäßchen hatten füllen können. Nachdem sie eine karge Portion Muscheln und zerkrümelten Schiffszwieback gegessen hatten, war jedem ein ganzer Krug Wasser bewilligt worden. An Land hätte keiner an dem Wasser auch nur gerochen, aber wie Yovell gesagt hatte, hier schmeckte es wie Wein.
    Keen kletterte neben Bolitho. »Wir werden die Insel beim ersten Licht erkennen. Noch zwei Meilen, vielleicht weniger bei gutem Wind.« Er überlegte laut. »Jedenfalls können wir da überleben, bis wir Hilfe finden.«
    Auf den Bodenbrettern rührte sich Catherine und nahm Ozzard den dargebotenen Becher aus der Hand. Sie hörte, wie Sophie sich im Bug übergab; als einziger waren ihr die rohen Muscheln nicht bekommen. Aber ein Feuer zum Kochen war so nahe an der Brigg undenkbar gewesen.
    Tojohns rieb sich den Mund. »Ich höre Brandung, Sir!«
    Bolitho atmete langsam aus und fühlte in der Dunkelheit Catherines Hand. »Vorgelagerte Felsen der Insel«, sagte er.
    »Am Tag werden wir ihnen folgen, bis wir einen Landeplatz finden. Vielleicht liegt hier irgendwo ein Handelsschiff, das Leute zum Wasserfassen an Land gesetzt hat. Die Bäche haben hier besserschmeckendes Wasser als Stephens Gully dort drüben.«
    Überraschenderweise lachte jemand, und Sophie im Bug wurde still, um zu lauschen.
    »Versuch’ zu schlafen, Kate. Du hast mehr getan als zehn Vollmatrosen.« Bolitho drückte Catherines Hand.
    Leise antwortete sie: »Man kann sich kaum vorstellen, daß da Land liegen soll.«
    Bolitho lächelte. »Erfahrene Seeleute werden es gleich riechen.« Er half ihr, sich bequem hinzulegen, und kletterte über die nächste Ducht, um Tojohns am Riemen abzulösen.
    Alldays Befehl kam laut und deutlich klar: »Anrudern alle!«
    Er meinte tatsächlich, das Land schon riechen zu können, und bewunderte Keen und Bolitho, die sie hierher gebracht hatten. Doch in Sicherheit waren sie deshalb noch lange nicht. In der Dunkelheit schnitt er eine Grimasse. Der Teufel konnte ihnen immer noch einen Streich spielen; hier draußen lagen bestimmt genügend Riffe.
    Aber erst mal würden sie auf dieser Insel überleben können – wenn das Glück ihnen hold war. Allday dachte an Herrick. Ob der wohl je wieder mit Bolitho klarkommen würde? Das Zerwürfnis zwischen den beiden wegen Lady Catherine war ihm unbegreiflich nach allem, was sie für Herricks todkranke Frau getan hatte. Außerdem war Lady Catherine selbst in schmutziger Kniehose und verschwitztem Hemd, mit aufgestecktem, verklebtem Haar, immer noch ein Anblick, den jeder Mann genoß.
    Catherine lag auf den Bodenbrettern, einen Arm über ihrem Gesicht. Sie schlief nicht, obwohl alle das glauben sollten. In diesen Augenblicken gestattete sie sich Erinnerung und Verzweiflung. Ob sie Falmouth wohl je wiedersehen würden? Längst mußten die Blätter von den Bäumen gefallen sein, längst auch die Blüten von den Rosen, die sie so liebte. An solche Erinnerungen hatte sie sich geklammert während der Stunden und Tage in diesem schwankenden Boot. Das hatte sie vor dem Zusammenbruch bewahrt und davor, mit ihrer Hoffnungslosigkeit andere anzustecken. Laß uns nur an Land kommen, dachte sie. Alles andere schaffe ich dann schon.
    Die Männer machten eine Pause, denn das Pullen bedeutete harte Arbeit. Sie blickte über ihren Arm hinweg. Allday

Weitere Kostenlose Bücher