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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Plover
beschrieben hatte. Aber sie waren immer noch besser, als von Eingeborenen oder Sklavenhändlern gefangen zu werden, besonders für eine Frau. Wer war die andere Frau an Bord? fragte er sich. Doch sicherlich nicht Keens junge Angetraute.
    »Ausguck ablösen, Paul«, befahl er. »Wir werden vor der Insel ankern und einen Trupp an Land schicken, um Wasser zu holen. Dazu brauchen wir ein bißchen Zeit.«
    Ozanne dachte nach. Was meinte der Kommandant mit »ein bißchen Zeit«? Hatte er vor, die Suche fortzusetzen? Einige in der Besatzung würden sich langsam Sorgen machen. Sie hatten sich die Überlebenden aus dem Kutter genau angesehen. Einer war gestorben und einer vor Durst verrückt geworden. Ozanne traute seinen Männern, aber gegenüber der See blieb er auf der Hut.
    Tyacke wartete, bis die beiden Ausguckposten ins Topp geklettert waren, und sagte dann: »Beide Wachen an Deck, Paul. Wir halsen und gehen dann auf Kurs Südost zu Süd.«
    Ozanne wußte, was er zu tun hatte. Er war zwar älter als Tyacke, würde aber Zeit seines Lebens Leutnant bleiben. Doch das störte ihn nicht. Irgendwie meinte er, Tyacke trösten zu müssen.
    »Sie haben Ihr Bestes getan, Sir. Es war Gottes Wille, davon bin ich überzeugt.«
    »Kann sein.« Tyacke dachte an das Mädchen, das er hatte heiraten wollen. Immer wieder sagte er sich, daß er es ihr nicht übelnehmen durfte, wenn sie ihn verstieß. Aber es schmerzte immer noch. War auch das Gottes Wille? Was hätten wohl all diese harten Seeleute von ihm gedacht, wenn sie wüßten, daß ihr Bild immer noch in seiner Seekiste lag, ebenso das Kleid, das er für sie in Lissabon erstanden hatte?
    Plötzlich ärgerte sich Tyacke über sich selbst. »Klar zur Halse!« befahl er.
    Pitcairn, der Master, stand neben dem Ersten Offizier am Ruder. »Schlimm für ihn, wie?« meinte er zu Ozanne.
    »Er – er hat etwas verloren. Aber ich weiß nicht genau, wieviel.«
    »Schoten und Halsen los. An die Brassen!«
    Die Männer hievten an Brassen und Fallen – und erstarrten plötzlich. Das ferne Echo eines Kanonenschusses rollte über das Riff.
    »Kommando zurück!« Tyacke griff nach einem Teleskop.
    »Setzt Bramsegel!«
    »Entert auf in die Wanten!« Ein Mastersgehilfe schob selbst einen Mann nach oben.
    Tyacke beobachtete die Insel und ihre gischtende Brandung. Ein zweiter Schuß. Er knirschte mit den Zähnen. Das konnte alles bedeuten. Los, altes Mädchen, dachte er, du kannst doch fliegen, wenn es darauf ankommt.
    »An Deck! Segel in Lee voraus. Eine Brigg, Sir!«
    »Sonst noch ein Fahrzeug?« rief Tyacke ungeduldig zurück. Selbst aus der Höhe verriet die Antwort des Mannes Unverständnis für die Frage: »Nichts, Sir!«
    »Sie haben uns gesehen, Sir!«
    Tyacke faltete die Hände auf dem Rücken und drückte sie so fest, daß der Schmerz ihn wieder zu sich brachte. »Klar zum Feuern an Backbord. Alle anderen auf Stationen!«
    Männer lösten sich von ihren seemännischen Aufgaben und hasteten an die sieben Kanonen der Backbordbatterie. Endlich sah Tyacke selber die Brigg. Er flüsterte: »Das ist die verdammte
Raven
, bei Gott!«
    Ozanne rieb sich die Hände. »Den werden wir kalt genießen, ehe er sich’s versieht!« Er drehte sich um und übersah so Tyackes erstaunten Blick. »Heiß die Flagge! Mr. Tobyns, einen Schuß vor ihren Bug und den nächsten in den Rumpf, wenn sie nicht beidreht!«
    Die Bugkanone rollte im Rückstoß nach hinten, und Augenblicke später ließ eine Kugel fünfzig Meter vor dem Bug der
Raven
eine Wasserfontäne aufsteigen.
    Aber Tyacke hatte sein Glas weiter geschwenkt und sah die tanzende Jolle.
    »
Raven
refft, Sir!«
    Doch Tyacke beobachtete konzentriert die tanzende Jolle und ihr schlagendes Segel.
    »Sie sind’s wirklich! Es kann eigentlich nicht sein, doch es ist so!« Er wandte sich mit glänzenden Augen an den Ersten Offizier: »Es war Gottes Wille, Sie hatten recht.«
    Aber Ozanne schüttelte den Kopf. »Ich bin schon lange auf See. Das kann doch wirklich nicht sein.«
    Tyacke trennte sich mit Gewalt von dem Bild in seinem starken Teleskop.
    »Beidrehen! Schicken Sie eine Prisenmannschaft auf die
Raven
.« Das Beiboot wurde schon ausgeschwenkt. Waffen klapperten, als die Männer hineinkletterten. »Noch eines, Mr. Robyns: Lassen Sie die nicht wissen, wie wenige wir sind. Sagen Sie dem verdammten Sklavenhändler, wenn er Beweise verschwinden läßt, warten wir nicht bis Freetown, sondern hängen ihn hier!«
    Tyacke sah die Riemen drüben wieder lebendig

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