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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Schatten, in der Kajüte gesessen, als Luke Britton, der Bootsmann, seinen Bericht erstattete: über die Meuterei und wie Bolithos Gruppe die Rebellen überwältigt hatte.
    Britton berichtete auch von der Jolle, die durchs Riff gesegelt war. Sein eigener Kutter, mit zwanzig Mann besetzt, hatte sich vor dem Riff gehalten. Tyacke konnte lebhaft mit den Männern fühlen, als sie nach und nach von der Tragödie berichteten, auch wie das Boot der Meuterer durch die fallenden Spieren zerschlagen worden war und wie die Haie unter den schreienden Männern gewütet hatten.
    Seine Pläne, das Sklavenschiff
Raven
zu fangen, mußte Tyacke aufgeben. Er rechnete neue Kurse aus und suchte die See zwischen dem Hundertmeilenriff und den Inseln vor dem Festland ab, in der Hoffnung, Überlebende zu finden oder Rauchsignale zu entdecken. Aber der Horizont blieb leer, kein Zeichen war zu sehen, und Tyacke mußte sich eingestehen, daß sein Erster Offizier Paul Ozanne recht behalten hatte, dem die Suche von Anfang an aussichtslos erschienen war. Was konnte man auch anderes erwarten – mit zwei Frauen an Bord?
    Und jetzt besaß auch die
Larne
kaum noch genügend Trinkwasser oder Obst, das jedes Schiff der Royal Navy brauchte, um in diesem Klima Skorbut unter der Mannschaft zu verhindern.
    Tyacke hörte seine zwei Lotgasten in den vorderen Rüsten die Tiefen aussingen. Sie durften dem Riff nicht zu nahe kommen. Beide Masttoppen waren mit einem Ausguck besetzt, der jede Stunde abgelöst wurde, ehe der blendende Glanz der See seine Augen nutzlos machte.
    Was konnte er sonst noch tun? Seine Männer würden ihn nicht im Stich lassen, dessen war er jetzt sicher. Anfangs hatte er sein neues Kommando und die unbekannte Besatzung für schwierig gehalten. Doch dann hatte er sie überzeugt, genau wie seine damalige Besatzung auf der
Miranda.
Aber wenn jemand entdeckte, daß er die Jagd nach der
Raven
aufgegeben hatte, mußte er mit Protest rechnen.
    Es klopfte an die Lamellentür, und Gallaway, einer der Mastersgehilfen, steckte den Kopf in die Kajüte.
    »Der Master läßt ausrichten, Sir, daß wir in einer halben Stunde halsen werden.« Er schien weder überrascht, seinen Kommandanten halbnackt zu sehen, noch schaute er an seinem entstellten Gesicht vorbei, als Tyacke ihn ansah.
    Das war dann das Ende ihrer Suche. Nach der Halse mußte er nach Freetown segeln, um neue Befehle entgegenzunehmen, neuen Proviant und Wasser zu fassen. Alles andere blieb dann nur eine Erinnerung, die er wie die Wunde in seinem Gesicht nie würde vergessen können.
    »Ich komme an Deck.« Tyacke zog ein Hemd aus dem Schrank, in dem sein dreizehn Jahre alter Steward auch den Rum und den Brandy aufbewahrte. Eigentlich brauchte er oben nicht zu erscheinen, seine Männer konnten das Manöver auch allein fahren. Diese Überlegung erinnerte ihn wieder an Bolitho: Führen durch Vorbild und Vertrauen schenken, um Vertrauen zu empfangen, hatte sein Leitsatz gelautet.
    An Deck war es sengend heiß. Tyackes Schuhsohlen klebten am Teer zwischen den Planken fest. Doch der Wind, so heiß, als komme er aus der Wüste, war kräftig. Ein Blick auf den Kompaß, kritisches Prüfen von Rahen und Segeln, als sich die
Larne
hoch am Wind noch weiter überlegte, dann ein Blick übers Deck. Die Wachen waren auf ihren Plätzen, einige von ihnen noch verdammt jung. Aber sie und auch die erfahrenen Matrosen waren froh, den Fängen der Flotte entflohen zu sein. Tyacke lächelte düster. Kein Midshipman war dabei, kein einziger. Bei der Jagd auf Sklavenschiffe war für untrainierte Möchtegernadmiräle an Bord kein Platz.
    Sein Erster Offizier beobachtete ihn besorgt. Er kannte Tyackes Verehrung für Bolitho. Es war eine starke Beziehung, obwohl Tyacke selten darüber sprach. Aber die
Larne
konnte kaum noch länger auf See bleiben, sie waren schon jetzt auf halbe Rationen gesetzt. Doch im selben Atemzug wußte Ozanne, daß er und die Besatzung die Brigg bis in alle Ewigkeit weitersegeln würden, wenn der Kommandant es verlangte. Ozanne kannte die Gefahren, er hatte selbst einen Lugger besessen, mit Heimathafen St. Peter Port auf Guernsey. Aber französische Kriegsschiffe und Freibeuter hatten den Handel mit solch kleinen Schiffen unterbunden. Ozanne war in die Marine eingetreten und bald Leutnant geworden.
    Tyacke ahnte nichts von Ozannes Blicken und Gedanken.
    Er beschattete die Augen und suchte die nächste Insel ab. Nichts. Er versuchte, nicht an die Haie zu denken, die der Bootsmann der
Golden

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