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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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werden, die Jolle bewegte sich mit einiger Mühe auf die
Larne
zu.
    »Es sind nicht viele, Sir!« Ozanne sah in der unversehrten Gesichtshälfte des Kommandanten Erwartung und Konzentration. Was ist das? fragte er sich. Was hat ihn so lange suchen lassen – ein Instinkt? Aber er ahnte, daß es mehr war, viel mehr. Er beschattete die Augen. »Wer ist der junge Offizier neben Bolitho?«
    Tyacke drehte sich um, sein entstelltes Gesicht zeigte ein breites Grinsen. »Mein Gott, Paul, Sie sind wohl viel zu lange auf See gewesen.« Er gab ihm das Glas. »Da, sehen Sie selbst – vielleicht können Sie ja eine Frau noch erkennen!« Er berührte seinen Arm. »Die Lady des Admirals – und wir haben die Ehre, sie zu retten.«
    Jemand brüllte: »Unsere Flagge weht über der
Raven
, Sir!«
    Aber Tyacke überhörte das. »Lassen Sie die Ehrenwache an der Pforte antreten, Paul. Dies ist ein Tag, auf den wir stolz sein können.«

Willkommen zu Hause
    Lewis Roxby, den man den »König von Cornwall« nannte, hatte den richtigen Augenblick abgepaßt und erhob sich nun. Selbst für seinen exquisiten Geschmack war es ein außergewöhnliches Abendessen gewesen. Nicht umsonst hieß es, seine Küche bereite das beste Essen in der ganzen Grafschaft; man würde wieder monatelang darüber reden. Dabei war es keine große Gesellschaft, nur zwanzig Leute hatten sich um den Tisch versammelt. Aber es war ein Ereignis, auf das er stolz sein konnte. Das beste Silber war aufgelegt, und während des Essens waren alle Kerzen ausgewechselt worden. Keine durfte qualmen oder Triefnasen bilden.
    Dieses Ereignis hätte noch niemand für möglich gehalten, als sie sich alle in der Kirche von Falmouth versammelt hatten. Nun wurde hier die Wiederkehr der Totgeglaubten gefeiert.
    Roxby sah den Tisch entlang: Bolitho saß neben Nancy, Adam etwa in der Mitte mit unbewegtem Gesicht; in sich gekehrt, drehte er sein Glas Madeira zwischen Daumen und Zeigefinger. Er schien verändert, aber das lag sicher an der zweiten, glänzenden Epaulette auf seiner Schulter. Er war zum Vollkapitän befördert worden, gerade als Bolitho und Lady Catherine zurückkehrten – zu einem lärmenden Willkommen. Der Vorplatz, die Zufahrt, ja selbst die Allee, die zu Bolithos Haus führte, standen voll jubelnder Menschen.
    Roxby sah Leutnant Jenour sich mit seinen Eltern unterhalten, die sich vor den vielen Fremden fast ein wenig zu ängstigen schienen. Auch Bolithos ältere Schwester Felicity saß am Tisch, ebenso ihr Sohn Miles, der sich Rotwein auf sein Hemd gegossen hatte; er sah aus wie das Opfer eines Duells.
    Ein zweiter Friedensrichter und Gutsherr, der kaum weniger besaß als Roxby, Sir James Hallyburton und seine Frau, dazu der Hafenadmiral von Plymouth und ein paar andere, die eher nützliche Geschäftsfreunde waren, ergänzten die Gesellschaft.
    Roxby räusperte sich. »Meine Damen und Herren, liebe Freunde – heute heißen wir hier einen Mann willkommen in der Heimat, der uns allen aus vielen Gründen viel bedeutet.« Er sah Bolithos Blick die Dame an seiner rechten Seite suchen. Als Bolitho sie ins Empfangszimmer geführt hatte, in der der Hausherr die Gäste begrüßte, hatte es in dem Raum mit den hohen Glastüren, die trotz des nahen Herbstes noch offen standen, viele überraschte Blicke und heimliches Gemurmel gegeben. Lady Catherine trug ein dunkelgrünes Kleid und hatte ihr Haar über den Ohren hochgesteckt, um Bolithos Geschenk – kostbare Ohrringe – voll zur Geltung zu bringen. Schultern und Hals waren unbedeckt und von der Sonne so getönt, daß man sie leicht für eine südländische Schönheit halten konnte. Sie wirkte exotischer und fremdländischer als je zuvor. Nur eine Stelle auf ihrer Schulter schien verbrannt, als habe sie dort ein glühendes Eisen gezeichnet.
    Catherine begegnete Roxbys Blick, als er gelassen fortfuhr: »Wir begrüßen auch Sie hier, Lady Catherine, und danken Gott für Ihre Rettung. Ich hielt dieses intime Treffen mit Freunden für passender als ein großes Fest.«
    Sie neigte den Kopf, wobei ihre hohen Wangenknochen das Kerzenlicht einfingen. Ihre Antwort klang freundlich und gefaßt: »Ihre Güte bedeutet uns sehr viel.«
    Dann ließ sie ihre Gedanken wandern, während Roxby in seiner sorgfältig vorbereiteten Rede fortfuhr.
    Immer noch fiel es ihr schwer zu glauben, daß alles vorbei war; zu tief hatte sich einiges eingeprägt. An manches davon wollte sie nie wieder denken. Aber nie vergessen würde sie ihr ungläubiges Staunen,

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