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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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geboten. Dóras eigenes Bett war abends meistens immer noch unordentlich, weil sie sich morgens so beeilen musste.
    »Ja, so eilig haben wir’s ja nicht«, antwortete Matthias, dem es offenbar ähnlich ging, »klopfen Sie einfach bei mir, wenn Sie fertig sind. Sie sind jederzeit in meinem Zimmer willkommen.« Er blinzelte ihr zu und schloss die Tür hinter sich, bevor Dóra antworten konnte.
    Nachdem sie ihre Jacke ausgezogen, ihren Reisekoffer ausgepackt und das Badezimmer und die Minibar inspiziert hatte, ließ sie sich rücklings aufs Bett fallen. Dort lag sie, Arme und Beine weit von sich gestreckt, und genoss den Augenblick – der jedoch nicht lange anhielt, denn aus ihrer Handtasche ertönte ein Klingelton. Stöhnend erhob sie sich und holte ihr Handy. »Hallo.«
    »Hi Mama!«, erklang eine muntere Stimme.
    »Hallo Liebes«, sagte Dóra. Sie musste lächeln, als sie Sóleys Stimme hörte. »Was machst du gerade?«
    »Oh«, sagte sie, weniger fröhlich als zuvor. »Wir fahren gleich zum Stall.« Dann flüsterte Sóley so leise, dass Dóra kaum ein Wort verstehen konnte, zumal ihre Tochter den Mund ganz dicht an den Hörer hielt. »Ich hab überhaupt keine Lust. Diese Pferde sind böse.«
    »Ach komm schon!«, sagte Dóra. Sie versuchte, ihrer Tochter Mut zuzusprechen. »Sie sind nicht böse, Pferde sind sogar sehr lieb. Es wird bestimmt schön – ihr habt doch gutes Wetter, oder?«
    »Gylfi hat auch keine Lust«, flüsterte Sóley. »Er sagt, Pferde sind out.«
    »Erzähl mir mal was Schönes, was habt ihr denn heute gemacht?«, fragte Dóra, da sie wusste, dass sie nicht die richtige Person war, um eine Lanze für Pferde zu brechen.
    Die Laune ihrer Tochter besserte sich. »Wir haben Eis bekommen und ich durfte Zeichentrickfilme ansehen. War super. Hör mal, Gylfi will mit dir sprechen.«
    Bevor Dóra sich von ihrer Tochter verabschieden konnte, war ihr Sohn am Apparat. »Hi«, sagte er dumpf.
    »Hallo, mein Schatz«, entgegnete Dóra, »Wie geht’s dir?«
    »Schrecklich.« Gylfi versuchte gar nicht erst zu flüstern; Dóra hatte sogar den Eindruck, dass er extra laut sprach.
    »Oh, ist es wegen der Pferde?«, fragte sie.
    »Auch. Es ist einfach alles.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Ich muss dir was erzählen, wenn du morgen nach Hause kommst.«
    »Natürlich, mein Schatz«, antwortete Dóra. Sie wusste nicht, ob sie sich darüber freuen sollte, dass er sich ihr endlich öffnen wollte, oder ob sie Angst davor hatte. »Ich freue mich darauf, euch morgen Abend zu sehen.« Sie verabschiedeten sich und Dóra machte einen erneuten Versuch, ein Nickerchen zu halten – ohne Erfolg. Schließlich stand sie auf und stellte sich unter die heiße Dusche.
    Während sich Dóra mit den dicken, schneeweißen Handtüchern abtrocknete, fiel ihr Blick auf einen Prospekt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Umgebung. Sie suchte darin nach Orten, die Harald interessiert haben könnten. Es gab zwar viel zu sehen, aber das Wenigste schien eine Verbindung zu dem Fall zu haben. Einige Orte weckten jedoch Dóras Aufmerksamkeit. Eine ganze Seite war Skálholt gewidmet. Dieser Ort hatte Harald natürlich wegen der Bischöfe interessiert: Jón Arason in Hólar und Brynjólfur Sveinsson in Skálholt. Zwei weitere Sehenswürdigkeiten schienen Dóra in Frage zu kommen: der Berg Hekla sowie einige Höhlen aus der Zeit der Papar, die Ægisíða-Höhlen in der Nähe des Städtchens Hella. Sie hatte noch nie zuvor von den Höhlen gehört. Dóra überlegte, ob der Ort Hella nach diesen Höhlen benannt war. Sie markierte die Seiten mit den Beschreibungen der drei Orte. Dann zog sie sich schnell an: warme, dicke, wenn auch etwas unbequeme Kleidung. Falls sie in den Höhlen umhertapern würden, wäre es sicher von Vorteil, gut ausgerüstet zu sein. Im Geiste sah sie Matthias in Lackschuhen vor sich, wie er durch das Geröll stolperte. Aus reiner Schadenfreude beschloss sie, ihm erst von den Höhlen zu erzählen, wenn sie sich schon ein Stück vom Hotel entfernt hätten. Sie band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz, zog den Daunenanorak über und verließ das Zimmer. Dann klopfte Dóra leicht an Matthias’ Zimmertür. Ihr Knöchel hatte sich kaum von der Tür gelöst, da öffnete er schon. Dóra musterte Matthias’ Aufmachung und grinste breit. »Schicker Anzug«, kommentierte sie voller Vorfreude. »Und elegante Schuhe.« Aus frisch poliertem Leder, hatten zweifellos ein Vermögen gekostet. Dóra verdrängte ihr schlechtes

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