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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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erinnern, in der eine schwangere Frau auf den Scheiterhaufen kam und mitten in den Flammen ihr Kind zur Welt brachte. Irgendwelche Priester holten das Kind lebend da raus, meinten dann aber, es könnte von der Hexerei der Mutter infiziert sein, und warfen es wieder ins Feuer. Harald meinte, das ist wirklich so gewesen.«
    Dóra verzog das Gesicht und holte ihn zurück in die Gegenwart. »Wer war noch in diesem Verein? Wie hießen die scharfen Mädchen?«
    »Harald war die Hauptperson; dann Halldór, der war im Prinzip seine rechte Hand; Bríet, die studiert an der Uni Geschichte – ich glaub, sie war die Einzige, die das Ganze wirklich ernst nahm; Brjánsi oder Brjánn, der studiert auch Geschichte; Andri, der studiert Chemie, und Marta Maria, die macht irgendwas mit Frauenforschung. Die war echt unerträglich, hat ständig irgendwas über Frauen gelabert und wie ungerecht alles sei. Sie hat mit ihrem Gequatsche die ganze Stimmung kaputtgemacht. Harald nannte sie Heilige Mutter Gottes und so. Wegen Maria, verstehst du?« Dóra signalisierte ihm, dass sie verstanden hatte, während Matthias nur stumm dasaß. »Das war der harte Kern, ein paar Mal kamen neue Leute dazu, aber am Ende blieben immer nur wir übrig. Ich hab nicht so richtig mitverfolgt, was die anderen gemacht haben. Wie gesagt, ich hatte kein Interesse an Magie – nur an dem Drumherum.«
    »Du sagst, Halldór sei Haralds rechte Hand gewesen. Was meinst du damit?«, fragte Dóra.
    »Sie haben oft zu zweit rumgehangen. Ich glaub, Halldór hat ihm bei Übersetzungen oder so was geholfen. Außerdem war klar, dass Halldór Haralds Rolle übernehmen sollte, sobald Harald Island verlässt. Halldór hat sich ganz schön was darauf eingebildet; er war vollkommen fasziniert von Harald.«
    »Ist Halldór schwul?«, fragte Matthias.
    Hugi schüttelte den Kopf. »Nee, ganz bestimmt nicht. Er bekam einfach nur glänzende Augen. Halldór kommt aus einem armen Elternhaus, so wie ich. Harald hat ihn mit Geld überschüttet, mit teuren Geschenken und Anerkennung, und dafür hat Halldór ihn angehimmelt. Man konnte sehen, wie sehr Harald das genoss. Er war allerdings nicht immer nett zu Halldór, hat ihn oft vor den anderen runtergemacht. Aber er hat immer drauf geachtet, es wieder gutzumachen, damit Halldór ihn nicht fallen lässt. Ziemlich merkwürdige Freundschaft.«
    »Wie war es für dich, Halldórs Faszination für Harald zu beobachten? Halldór war schließlich dein Jugendfreund. Warst du nicht eifersüchtig?«, fragte Dóra.
    Hugi grinste. »Nee, auf keinen Fall. Wir waren immer noch Freunde. Harald war ja nur für eine bestimmte Zeit hier in Island und ich wusste, dass es vorbeigehen würde.« Hugi machte plötzlich ein bekümmertes Gesicht. »Ich hab ihn nicht umgebracht, um meinen Freund zurückzubekommen. So war das nicht.«
    »Nein, vielleicht nicht«, entgegnete Matthias. »Aber sag mir eins: Wenn du ihn nicht umgebracht hast, wer war es dann? Du musst doch irgendeine Vermutung haben. Du weißt doch, dass es kein Selbstmord oder Unfall gewesen sein kann.«
    Hugis Augen wanderten wieder zum Fußboden. »Ich weiß es nicht. Wenn ich es wüsste, würde ich es euch natürlich sagen. Ich will nicht im Gefängnis sein.«
    »Glaubst du, dein Freund Halldór hat Harald ermordet?«, fragte Dóra. »Willst du ihn schützen?«
    Hugi schüttelte den Kopf. »Halldór könnte niemanden umbringen. Schon gar nicht Harald. Ich hab euch doch gesagt, er hat ihn vergöttert.«
    »Ja, aber du hast auch gesagt, dass Harald ihn schlecht behandelt und vor euch anderen erniedrigt hat. Vielleicht ist er ausgerastet und hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. So was kommt vor«, sagte Dóra.
    Hugi schaute entschlossen auf. »Nein. Halldór ist nicht so. Er will Arzt werden. Er will den Leuten helfen, am Leben zu bleiben, und sie nicht töten.«
    »Mein lieber Hugi, es tut mir leid, dass ich dir das sagen muss, aber auch Ärzte haben im Laufe der Zeit Menschen umgebracht. Jede Berufssparte hat ihre schwarzen Schafe«, erklärte Matthias. »Und wenn es nicht Halldór war – wer war es dann?«
    »Vielleicht Marta Maria«, murmelte Hugi wenig überzeugend. Er mochte das Mädchen offenbar nicht besonders. »Vielleicht hat Harald sie einmal zu viel Heilige Mutter Gottes genannt.«
    »Marta Maria, tja«, sagte Matthias. »Das ist ein toller Vorschlag, bis auf die Tatsache, dass sie ein wasserdichtes Alibi hat. So wie alle anderen aus eurem Hexenclub. Außer möglicherweise Halldór. Sein

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